Wirtschaftskriminalität:Erst Banker, dann im Knast, jetzt Gefangenen-Berater

Prison Staff Threaten To Strike Over Government Proposals To Privatise Winson Green

Das Gefängnis in Birmingham, wo die Sträflinge im Dezember rebellierten.

(Foto: Christopher Furlong/Getty)

Steve Dagworthy hatte keine Ahnung, wie das Leben im Gefängnis abläuft, bis er es selbst erleben musste. Seine Erfahrungen gibt er jetzt weiter - an Banker und Anlageberater.

Von Björn Finke, London

Als Steve Dagworthy zu sechs Jahren Haft verurteilt wird, weiß er nicht, was ihn erwartet. Jahrelang hatte er als Broker in der Londoner City gearbeitet, bevor er auf die schiefe Bahn geriet. Er wurde schließlich wegen Anlagebetrugs zu sechs Jahren Haft verurteilt. "Ich kam in meinem teuren Anzug im Gefängnis an und fragte erst einmal einen Wärter, ob ich nun duschen könnte", sagt der heute 52-Jährige. "Der schaute mich an, als sei ich verrückt." Erst Monate später habe er verstanden, wie das Leben hinter Gittern funktioniert - und will sein Wissen über den Haftalltag nun weitergeben.

Nach der Entlassung gründete er die Beratungsfirma Prison Consultants. Sechs ehemalig erfolgreiche Manager oder Beamte arbeiten jetzt für ihn, deren Karrieren eine Haftstrafe - etwa wegen Betrugs oder Bestechlichkeit - abrupt beendete.

Klienten sind vor allem Wirtschaftskriminelle, etwa betrügerische Banker oder Steuersünder. Ein dreistündiges Gespräch, das frisch gebackene Verbrecher auf ihr neues All-inclusive-Domizil einstimmt, kostet umgerechnet 600 Euro, plus Mehrwertsteuer.

Das Geschäft läuft, denn britische Gerichte verhängen gegen Banker oft Haftstrafen, die nach deutschen Maßstäben drakonisch wirken. Und diese Banker machen sich -anders als erfahrene Berufskriminelle - Sorgen darüber, was ihnen bevorsteht. Die größte Angst sei Gewalt unter Häftlingen, sagt Steve Dagworthy. Tatsächlich ist die Lage diesbezüglich in vielen Haftanstalten heikel. In einem Gefängnis in Birmingham etwa kam es im Dezember zum schlimmsten Aufstand, den das Land seit 25 Jahren erlebt hat. "Unser System des Strafvollzugs ist total im Eimer", sagt Dagworthy. Er wurde im Gefängnis Zeuge schlimmer Gewalt, einem Häftling wurde die Kehle aufgeschlitzt.

Jetzt gibt er Tipps, wie man sich als Neuling im Gefängnis zu verhalten hat, an frühere Kollegen weiter. "Wir erklären, wie sie Ärger aus dem Weg gehen." So sind bestimmte Jobs im Gefängnis zu meiden, genau wie bestimmte Kleidung und bestimmte Aussagen.

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