Wirtschaftsentwicklung:Deutsche sehen schwarz für die Konjunktur

Hohe Öl- und Nahrungsmittelpreise lassen die Inflation auf Rekordniveau steigen. Und die Aussichten für die deutsche Wirtschaft sind düster, meinen zumindest zwei Drittel der Bundesbürger.

Die Bundesbürger sehen die wirtschaftliche Entwicklung so pessimistisch wie lange nicht mehr, wie eine Umfrage des Forsa-Instituts im Auftrag von Stern und RTL ergab. 63 Prozent der Befragten gaben an, dass sie eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Verhältnisse in Deutschland erwarten.

Konjunktur, Inflation, dpa

Explodierende Ölpreise treiben im Euro-Raum und in Deutschland die Inflation in die Höhe.

(Foto: Foto: dpa)

"Es ist der schlechteste Wert, den das Forsa-Institut seit 1997 gemessen hat", berichtete der Stern. Noch zu Jahresanfang waren deutlich mehr Bundesbürger optimisch: Nur 40 Prozent glaubten damals an eine Verschlechterung der wirtschaftlichen Lage. Jetzt seien lediglich 14 Prozent der Deutschen optimistisch und erwarteten, dass es künftig bergauf gehen wird.

Forsa-Chef Manfred Güllner warnte in einem Gespräch mit dem Online-Magazin stern.de vor Auswirkungen der pessimistischen Stimmung auf die Konjunktur. Ohnehin würden jetzt schon die Menschen sparen. "Nun schauen sie noch genauer auf jeden Cent."

Dies werde die Talfahrt sicherlich noch verstärken. Hier sei die Politik gefragt, den Bürgern Orientierung zu geben. Für die Umfrage wurden 2501 Bundesbürger repräsentativ ausgewählt und vom 07. bis 11. Juli 2008 befragt.

Preistreiber Ölpreis

Anlass für Pessimismus bietet die anhaltende Inflation: So haben explodierende Ölpreise im Euro-Raum und in Deutschland für eine Rekordinflation gesorgt. Im Euro-Raum stiegen die Verbraucherpreise im Juni um 4,0 Prozent im Vergleich zum Vorjahresmonat und damit so stark wie nie seit Beginn der Erhebung 1997, teilte das Statistikamt Eurostat in Brüssel mit.

Damit wurde der erst im Mai erreichte Höchststand von 3,7 Prozent übertroffen. Größter Preistreiber waren einmal mehr Öl- und Spritpreise, nachdem ein Fass Rohöl am Monatsende mit knapp 143 Dollar so viel kostete wie nie zuvor. Damit hat sich der Preis innerhalb eines Jahres etwa verdoppelt. Auch zahlreiche Lebensmittel wurden spürbar teurer.

Die Inflationsrate liegt mittlerweile gut doppelt so hoch wie von der Europäischen Zentralbank (EZB) angestrebt. Die Währungshüter sehen stabile Preise nur bei Raten von knapp unter zwei Prozent gewährleistet.

Auch in Deutschland dreht sich die Preisspirale immer weiter. Im Juni sind die Verbraucherpreise im Schnitt um 3,3 Prozent teurer gewesen als noch ein Jahr zuvor. Gegenüber Mai stiegen die Preise um 0,3 Prozent, wie das Statistische Bundesamt in Wiesbaden mitteilte.

Damit stand bei der Inflationsrate in diesem Jahr schon zum dritten Mal eine drei vor dem Komma. Die Teuerung ist so stark wie seit fast etwa 15 Jahren nicht mehr: Im Dezember 1993 hatte sie 4,2 Prozent betragen.

Stabilisierungsversuche der EZB

Getrieben wurden die Preise auch in Deutschland weiterhin von der teurer werdenden Energie und den Nahrungsmitteln. Die beiden Bereiche erklärten weit mehr als die Hälfte der gesamten Preissteigerung gegenüber dem Vorjahr und umfassten etwa 20 Prozent der Ausgaben der privaten Haushalte. Der Preisanstieg zum Vormonat sei vor allem auf verteuerte Energie zurückzuführen, während die Lebensmittelpreise im Schnitt stabil geblieben seien.

Die hohen Preise könnten die Europäische Zentralbank (EZB) nun wieder unter Zugzwang bringen. Anfang Juli hatte die Notenbank den Leitzins auf 4,25 Prozent erhöht. Damit wollte Notenbankchef Jean-Claude Trichet die rasanten Preisanstiege bei Energie und Nahrungsmitteln bekämpfen und die Lage stabilisieren.

Allerdings gibt es auch Stimmen, die befürchten, eine Zinserhöhung könne den wirtschaftlichen Aufschwung weiter bremsen. Weitere Maßnahmen, so deutete Trichet im Zusammenhang mit der Zinserhöhung an, werde es vorerst nicht geben.

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