Griechenland am Abgrund:Angst vor dem Sog der Krise

Die deutschen Verbraucher sind pessimistisch: Viele gehen davon aus, dass sich die wirtschaftliche Lage verschlechtern wird. Die Griechenland-Krise könnte außerdem die Konjunktur dämpfen - das zeigt eine Umfrage unter Börsenprofis und die Prognose für den Ifo-Index.

Für die deutsche Konjunktur mehren sich die negativen Signale. Der Optimismus der Börsianer, gemessen mit dem ZEW-Stimmungsbarometer, ist nun sehr stark gefallen - ein weiteres Zeichen dafür, dass sich der Aufschwung abkühlt.

Kleine Delle beim ifo-Index

Seit Monaten verharrt die Stimmung der deutschen Wirtschaft auf Rekordwerten. Jetzt gibt es erste Anzeichen für ein Abkühlen der Konjunktur.

(Foto: dpa)

Erst am Dienstag hatte das Bundesfinanzministerium bilanziert: "Die deutsche Industrie ist verhalten in das zweite Quartal gestartet. Der Aufschwung setzt sich mit verringertem Wachstumstempo fort." Und auch für den kommenden Ifo-Geschäftsklima-Index wird ein kleiner Rückgang erwartet.

Pessimistisch sind die Verbraucher. In einer Forsa-Umfrage für den Stern und RTL zeigt sich die Angst vor möglichen Folgen der anhaltenden Griechenland-Krise: Trotz guter ökonomischer Daten fürchten aktuell 44 Prozent der Befragten eine Verschlechterung der Wirtschaftslage. Das sind vier Punkte mehr als in der Vorwoche und der höchste Wert in diesem Jahr. Im Mai hatte der Konsumklima-Index der GfK bereits einen Rückgang ausgewiesen, auch wegen der anziehenden Inflation. Eine gedämpfte Verbraucherstimmung ist ein Indikator dafür, dass der Konsum zurückgeht.

Auch die Börsenprofis sorgen sich um die Schuldenkrise in Europa, aber auch um die US-Wirtschaft. Die aktuelle Lage drückt ihren Konjunkturoptimismus auf den tiefsten Stand seit Januar 2009: Das ZEW-Stimmungsbarometer für die kommenden sechs Monate sank im Juni auf minus 9,0 Punkte von plus 3,1 Zählern und damit das vierte Mal in Folge, wie das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung ZEW mitteilte.

Von Reuters befragte Experten hatten im Mittel nur einen Rückgang auf minus 2,0 Punkte erwartet. Fachleute sehen dies aber nicht als Vorboten für einen Wachstumseinbruch, sondern nur für eine Abschwächung des Aufschwungs.

"Das Wachstumstempo normalisiert sich"

Zu Jahresanfang hatte die deutsche Wirtschaft noch überraschend stark um 1,5 Prozent zugelegt. "Wir hatten eine unglaubliche Wachstumsdynamik im ersten Quartal. Dass sich dieses Tempo nicht halten lässt, ist völlig normal", sagte Chefvolkswirt Stefan Schilbe von HSBC Trinkaus. Der Einbruch des ZEW-Barometers dürfe nicht überbewertet werden. "Wir haben einen breitgefächerten Aufschwung." Ben May von Capital Economics sprach von einem weiteren Hinweis, "dass die Konjunkturerholung in Deutschland ihren Höhepunkt überschritten hat".

Darauf weisen auch die Erwartungen an den Ifo-Index hin. Bereits im Mai hatten Experten einen erneuten kleinen Dämpfer erwartet, doch der wichtigste Frühindikator der deutschen Wirtschaft stagnierte auf hohem Niveau. Experten erwarten, dass er am Freitag leicht zurückgeht. Eine grundlegende Wende der Wirtschaftsentwicklung sehen sie darin allerdings nicht. Nach der rasanten Erholung in Folge der schweren und tiefen Wirtschaftskrise normalisiere sich nun das Tempo, schreibt beispielsweise die Commerzbank (PDF-Datei).

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