Wirtschaft kompakt:Schrumpfkur bei Woolworth

142 Filialen von Woolworth haben eine Zukunft. Außerdem: VW liebäugelt mit Suzuki und Nike schockt die Anleger mit einer Gewinnwarnung.

Die insolvente Billig-Kaufhauskette Woolworth soll mit massiven Einschnitten bei Personal und Filialen gesund geschrumpft werden. Woolworth werde künftig nur noch 142 der bisher 311 Filialen in Deutschland weiterbetreiben, sagte ein Sprecher des vorläufigen Insolvenzverwalters Ottmar Hermann am Donnerstag in Köln. Mit dem Konzept zur Sanierung von Woolworth könne "etwas weniger als die Hälfte der Arbeitsplätze gerettet" werden. Woolworth beschäftigt 9300 Mitarbeiter.

Woolworth, Insolvenz, Filialen, Mitarbeiter, AP

Weniger ist mehr: Der Insolvenzverwalter will Filialen verkaufen und Mitarbeiter abbauen, um wenigstens einen Teil von Woolworth zu retten.

(Foto: Foto: AP)

Das Sanierungkonzept sehe eine Konzentration auf mittelgroße Filialen vor, in denen ein Großteil der Belegschaft beschäftigt sei, erklärte Hermann. Trennen will sich Woolworth von kleinen Filialen mit im Schnitt zehn Mitarbeitern, die "nicht in das Fortführungskonzept passen". Auch große Filialen mit über 100 Mitarbeitern und mehr als 2000 Quadratmetern Verkaufsfläche stünden auf der Kippe.

Ziel des Sanierungsplans sei es, "das Kerngeschäft von Woolworth" zu erhalten, teilte der Insolvenzverwalter mit. Demnach soll das Sortiment deutlich verschlankt und vor allem von Artikeln bereinigt werden, die wenig Gewinn und Umsatz bringen.

Das Festhalten von Woolworth an den mittelgroße Filialen mit bis zu 30 Mitarbeitern und einer Verkaufsfläche von 900 bis 1600 Quadratmeter sei für das künftige Geschäft der Kaufhauskette besonders erfolgversprechend, teilte Hermann mit. Handelsexperten räumten Geschäften von dieser Größe "die besten Entwicklungs- und Zukunftschancen im Markt" ein.

Auch für die sogenannten Mini-Läden, von denen sich die Kette trennen will, gebe es gute Aussichten - jedoch nicht unter dem Dach von Woolworth, erklärte Hermann. Für Geschäfte dieser Größe interessierten sich "diverse große" Einzelhandelsketten aus ganz Deutschland, etwa Schuh- und Textil-Discounter oder Drogeriemärkte. Ziel sei es, an diese Interessenten nicht nur die Filialen, sondern auch die dortigen Beschäftigten zu vermitteln. Diese könnten aus der Woolworth-Transfergesellschaft heraus neue Arbeit finden.

Zur Verringerung der Ausgaben müsse Woolworth nun noch mit den Vermietern seiner Warenhäuser neue Verträge aushandeln, erklärte Hermann. Für die Teile von Woolworth, die künftig weitergeführt werden sollen, werde in Kürze eine Auffanggesellschaft gegründet. Als Termin dafür nannte Hermann die offizielle Eröffnung des Inolvenzverfahrens Ende Juni oder Anfang Juli, über die jedoch noch das zuständige Gericht entscheiden muss.

Die Kaufhauskette Woolworth, die seit über 80 Jahren Filialen in Deutschland betreibt, hatte am Osterwochenende Insolvenzantrag gestellt. Ein starker Umsatzrückgang hatte das Unternehmen in die Knie gezwungen. Zwei Drittel der Belegschaft sind Teilzeitkräfte oder geringfügig Beschäftigte.

VW liebäugelt mit Suzuki

Volkswagen prüft Kreisen zufolge eine Zusammenarbeit mit dem japanischen Konkurrenten Suzuki. Durch eine Allianz wolle Europas größter Autobauer seine Modellpalette um besonders günstige Kleinwagen erweitern, die die Japaner im Programm haben, erfuhr die Nachrichtenagentur Reuters am Donnerstag aus Unternehmenskreisen.

Ein VW-Sprecher sagte dazu: "Das ist reine Spekulation." Ein Suzuki-Sprecher erklärte, er habe keine Kenntnis von derartigen Gesprächen mit VW und könne sich daher nicht äußern.

Das Manager Magazin berichtete unter Berufung auf Unternehmenskreise, VW-Chef Martin Winterkorn wolle eine Kooperation mit Suzuki gegebenenfalls durch eine Kapitalbeteiligung untermauern, wobei zunächst ein Anteil von rund zehn Prozent angedacht sei.

Firmensterben: Rezession gefährdet 500.000 Jobs

Die tiefe Rezession hat in Deutschland ein Firmensterben ausgelöst. Die Wirtschaftsauskunftei Creditreform rechnet in diesem Jahr mit bis zu 35.000 Firmenpleiten. Dadurch seien rund 540.000 Arbeitsplätze bedroht, sagte Creditreform-Vorstand Helmut Rödl.

Auch für das nächste Jahr rechnen die Experten mit einem weiteren Anstieg der Firmenpleiten."Die schwere Wirtschaftskrise zieht immer mehr deutschen Unternehmen den Boden unter den Füßen weg", sagte Rödl. Dabei treffe die Krise auch ungewöhnlich viele große Firmen wie Arcandor, Qimonda oder Woolworth. Ausschlaggebend für die wachsende Zahl der Firmenpleiten seien Finanzierungs- und Liquiditätsengpässe gepaart mit einer sehr schlechten Auftragslage. Für das nächste Jahr erwartet der Experte einen weiteren Anstieg der Firmenpleiten um rund zehn Prozent.

Allein in den ersten sechs Monaten dieses Jahres mussten laut Creditreform rund 16.650 Firmen einen Insolvenzantrag stellen. Das sind gut 14 Prozent mehr als im Vorjahreszeitraum. Noch stärker stieg die Zahl der durch Unternehmenspleiten bedrohten Arbeitsplätze. Sie erhöhte sich dramatisch um 54,4 Prozent auf 254.000 Stellen.

Doch nicht nur die Zahl der Firmenpleiten stieg, auch die Zahl der Verbraucherinsolvenzen nahm im ersten Halbjahr um vier Prozent auf 50.350 Fälle. Und die Entwicklung dürft sich in der zweiten Jahreshälfte noch verschärfen. "Falls die Konjunktur bis zum Herbst nicht anspringt, ist eine Entlassungswelle zu befürchten", sagte Rödl. Und der Verlust des Arbeitsplatzes werde noch mehr Menschen in die Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit drängen.

Besonders hart traf die Konjunkturkrise das stark exportorientierte Verarbeitende Gewerbe. Die Zahl der Pleiten im Industriesektor stieg Rödl zufolge um mehr als 30 Prozent. Am schwersten zu leiden hatten dabei die Automobilzulieferer. Insgesamt 40 der rund 1000 Autozulieferer in Deutschland mussten laut Creditreform bereits Insolvenz anmelden. Betroffen seien rund 20.000 Arbeitsplätze, sagte Rödl.

Auf das Gründungsgeschehen hatte die wirtschaftliche Talfahrt dagegen bislang kaum negativen Einfluss. Deutschlandweit wurden in der ersten Jahreshälfte 89.400 Unternehmen neu in die Register eingetragen, deren Größe, Rechtsform und Beschäftigtenzahl auf größere wirtschaftliche Aktivität schließen ließen, berichtete Creditreform.

Im Vergleich zum Vorjahr entspricht das einer Steigerung um 11,5 Prozent. Der Hintergrund: Im Zuge des fortschreitenden Arbeitsplatzabbaus wagen immer mehr Menschen den Sprung in die Selbstständigkeit. Dadurch seien rund 222.000 neue Arbeitsplätze geschaffen worden, sagte Rödl. Die größte Gründungsintensität wiesen dabei Berlin und das umgrenzende Land Brandenburg auf, Schlusslicht war das Saarland.

Abwrackprämie auch für Hartz-IV-Empfänger

Auch Bezieher von Arbeitslosengeld II können mit der sogenannten Abwrackprämie ein Auto kaufen. Die 2500 Euro vom Staat für Altwagen dürfen ihnen nach Auffassung des Landessozialgerichtes Sachsen-Anhalt nicht als einmaliges Einkommen angerechnet werden. Es sei unzulässig, von dieser Leistung die Bestreitung des Lebensunterhaltes zu verlangen, teilte das Gericht mit.

Anders als zum Beispiel bei einer Einkommenssteuerrückerstattung handele es sich bei der Abwrackprämie um eine zweckgebundene Einnahme, die allein zum Neukauf eines PKW eingesetzt werden dürfe.

Geklagt hatte eine Hartz-IV-Empfängerin aus dem Raum Magdeburg, der die zuständige Behörde die Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes wegen der 2500 Euro Abwrackprämie gekürzt hatte. Der zum einstweiligen Rechtsschutz ergangene Beschluss des Landessozialgerichtes sei kein Urteil und habe über den Einzelfall hinaus lediglich Hinweischarakter, sagte ein Sprecher.

Nike verzeichnet Gewinneinbruch

Der weltgrößte Sportartikel-Hersteller Nike hat im vergangenen Quartal einen Gewinneinbruch von 30 Prozent erlitten. Wie der deutsche Erzrivale Adidas leidet der US-Konzern schwer unter der Wirtschaftskrise. Zusätzlich belasteten Nike ein teurer Jobabbau und Währungseffekte. Eine weitere Hiobsbotschaft: Die Aufträge sinken.

Unterm Strich verdiente der Branchenprimus in seinem Ende Mai abgeschlossenen vierten Geschäftsquartal noch 341 Millionen Dollar (245 Mio Euro). Der Umsatz schrumpfte um mehr als sieben Prozent auf 4,7 Milliarden Dollar. Die Zurückhaltung der Kunden werde noch eine Weile anhalten, warnte Nike-Chef Mark Parker am Mittwochabend.

Europas Marktführer Adidas hatte im ersten Quartal bei sinkenden Umsätzen ebenfalls einen drastischen Gewinnabsturz verzeichnet. Die weltweite Nummer zwei setzt auch auf verschärfte Einsparungen. Beunruhigend für die Geschäftsaussichten ist bei Nike vor allem der Rückgang der Aufträge um zwölf Prozent auf 7,8 Milliarden Dollar.

Der Orderbestand ist entscheidend für künftige Einnahmen. Die Anleger reagierten tief enttäuscht: Nike-Aktien fielen im nachbörslichen US-Handel um rund fünf Prozent. Titel von Adidas und Puma gerieten am Donnerstag ebenfalls unter Druck.

Im Vorjahr hatte allerdings die Fußball-Europameisterschaft in Österreich und der Schweiz die Einnahmen´angekurbelt. Bei unveränderten Währungskursen wäre der weltweite Umsatz stabil geblieben, betonte Nike. Der höhere Dollar-Kurs drückte die internationalen Einnahmen bei der Umrechnung in die US-Währung.

Die Hoffnungen der Branche ruhen nun auf der Fußball-WM nächstes Jahr in Südafrika. Die ersten Bestellungen dafür sollten im zweiten Halbjahr 2009 bei den Herstellern einlaufen. adidas will 2010 einen neuen Rekord im Fußball-Geschäft aufstellen.

Die Streichung von weltweit fünf Prozent der Jobs belastete Nike zuletzt mit 195 Millionen Dollar, insgesamt fallen mindestens 1750 Stellen weg. Im gesamten Geschäftsjahr 2008/2009 (31.5.) sackte der Überschuss um mehr als 20 Prozent auf 1,5 Milliarden Dollar ab. Der Umsatz stieg leicht um drei Prozent auf 19,2 Milliarden Dollar.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: