Wirtschaft kompakt:Rezession - EU zwischen Hoffen und Bangen

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Brüssel erkennt Signale für ein Ende der Rezession, doch warnt auch vor zu viel Optimismus. Außerdem: Heidelberg-Cement holt sich frisches Geld.

Die rasante Talfahrt der Konjunktur geht in Europa nach Einschätzung der EU-Kommission zu Ende. Doch sei höchst unsicher, ob die sich abzeichnende leichte Erholung von Dauer sein werde, erklärte EU-Wirtschafts- und Währungskommissar Joaquin Almunia.

Für das Gesamtjahr 2009 geht die Kommission weiterhin von einem beispiellos starken Einbruch der Wirtschaftsleistung um 4,0 Prozent in der Euro-Zone und in der Europäischen Union aus.

Trotz der besseren Lage hob die Kommission damit ihre Prognose nicht an, weil die Wirtschaft im ersten Quartal viel stärker geschrumpft war als zunächst angenommen.

Für Deutschland sind die Aussichten dagegen wegen des überraschenden Wachstums im Frühjahr nicht mehr ganz so düster wie im Mai: Die Kommission erwartet jetzt einen BIP-Rückgang um 5,1 Prozent nach 5,4 Prozent bei der vorangegangenen Prognose.

Seit dem zweiten Quartal habe sich die Lage vor allem dank der milliardenschweren staatlichen Konjunkturspritzen deutlich verbessert. "Aber die schwache Wirtschaft wird bei der Beschäftigung und den öffentlichen Finanzen weiter ihren Tribut fordern", erklärte Almunia.

Die EU-Länder müssten ihre Konjunkturprogramme vorantreiben und die Sanierung der Banken beschleunigen, damit Haushalte und Unternehmen an Kredite kämen. Zugleich müsse ein Ausweg aus der rapide steigenden Staatsverschuldung gesucht werden.

Selbstmordserie bei France Telecom: Paris schaltet sich ein

Nach einer Serie von Selbstmorden bei France Télécom hat die französische Regierung den Konzern zum Dialog mit seinen Mitarbeitern aufgefordert. Die Unternehmensleitung müsse alles tun, um herauszufinden, ob die Umstrukturierungen Auslöser der Selbstmorde seien, sagte Wirtschaftsministerin Christine Lagarde dem Sender France 3.

Sie habe den Konzernchef gebeten, umgehend einen Verwaltungsrat einzuberufen. "Wir brauchen eine starke Botschaft von der obersten Ebene an alle Mitarbeiter", sagte die Ministerin.

In den vergangenen 18 Monaten haben sich Gewerkschaftsangaben zufolge 23 Beschäftigte das Leben genommen. Zuletzt stürzte sich am Freitag eine 32-Jährige während der Arbeitszeit aus dem Fenster.

Arbeitsminister Xavier Darcos will am Dienstag mit Unternehmenschef Didier Lombard über die Selbstmordserie sprechen. Künftig sollen die Betriebsärzte, soweit es die Schweigepflicht erlaubt, psychisch labile Mitarbeiter melden.

Die Gewerkschaften gehen davon aus, dass ein Teil der Selbstmorde direkt auf die Arbeitsbedingungen und den Konzernumbau bei France Télécom zurückzuführen ist. In den vergangenen Jahren wurden 22.000 Stellen abgebaut und 7000 Mitarbeiter versetzt.

Bwin kauft Italiens größten Online-Poker-Anbieter

Das österreichische Sportwetten-Unternehmen Bwin übernimmt den größten italienischen Online-Poker-Anbieter Gioco Digitale. Damit sichert sich Bwin nach eigenen Angaben eine führende Stellung im italienischen Online-Pokermarkt.

Der Kaufpreis für die Übernahme setze sich aus 50 Millionen Euro in bar und 2,3 Millionen Bwin-Aktien zusammen, teilte das Unternehmen mit. Bwin-Aktien notierten am Montagmittag in Wien bei 27,70 Euro.

Gioco Digitale erwirtschaftete laut bwin im ersten Halbjahr 2009 einen Umsatz von 20,1 Millionen Euro (Gesamtjahr 2008: 13,7 Millionen Euro). Das Ergebnis vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (EBITDA) der Italiener betrug demnach 9,2 Millionen Euro.

Vor wenigen Tagen erst hatte Bwin eine Niederlage im Kampf gegen Glücksspielmonopole in Europa hinnehmen müssen. Nach einem Urteil des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) dürfen EU-Staaten bei Sportwetten im Internet Monopole einrichten, um Betrug und andere Straftaten zu verhindern.

Heidelberg-Cement holt sich frisches Geld

Der hoch verschuldete Baustoffkonzern Heidelberg-Cement will sich mit frischem Geld aus seiner schwierigen Lage befreien. Das Unternehmen hat eine Kapitalerhöhung beschlossen und will 62,5 Millionen neue Aktien gegen Bareinlagen ausgegeben.

Dieses Vorgehen sei ein Teil der beschlossenen Neuordnung der Finanzierungsstruktur, sagte eine Sprecherin des zur Merckle-Gruppe gehörenden Konzerns. Experten erwarten, dass die Kapitalmaßnahme bis zu zwei Milliarden Euro in die Kasse des mit 11,3 Milliarden Euro verschuldeten Unternehmens spült.

Der Preis für die Anteile werde voraussichtlich am 21. September festgelegt. Die Bezugsfrist soll vom 24. September bis 7. Oktober laufen. Großaktionär Ludwig Merckle, Sohn des im Januar verstorbenen Milliardärs Adolf Merckle, will bei der Kapitalerhöhung nicht mitmachen und sich zudem von Anteilen trennen.

Seine Beteiligung an Heidelberg-Cement kann durch die Transaktionen von derzeit rund 72 Prozent auf bis zu 15 Prozent fallen, wie aus dem Verkaufsprospekt hervor geht.

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