Wirtschaft kompakt:Tui - ein 120-Millionen-Euro-Fehler

Der Reiseveranstalter Tui muss eine enorme Korrektur in der Bilanz vornehmen. Toyota ruft weltweit Autos zurück. Und: Gläubiger wollen die 34-Millionen-Zahlung an den Karstadt-Insolvenzverwalter verhindern. Das Wichtigste in Kürze.

Ein Fehler in der Bilanz sorgt bei Europas größtem Reiseveranstalter Tui Travel für personelle und finanzielle Turbulenzen. Finanzchef Paul Bowtell wolle zum Jahresende seinen Posten zur Verfügung stellen, nachdem Prüfungen einen zusätzlichen Abschreibungsbedarf von 120 Millionen Euro ergaben, teilte der Tui-Konzern mit. Bowtell und Tui-Travel-Chef Peter Long hätten sich auf den Rücktritt geeinigt.

TUI AG veroeffentlicht Quartalsergebnis

Wegen eines Bilanzfehlers geht Tuis Finanzchef Paul Bowtell zum Jahresende.

(Foto: ddp)

Grund für die Korrekturen für mehrere vergangene Geschäftsjahre sei ein Computerproblem beim Abgleich bestehender Forderungen bei Tui Travel gewesen, hieß es: "Es gab da ein fehlerhaftes Rechnungslegungs-System. Das hat über Jahre angehalten."

Mit nachträglichen Belastungen aus dem operativen Geschäft hätten die Wertberichtigungen aber nichts zu tun, betonte ein Sprecher. Aus dem Konzern hieß es, man habe frühzeitig darauf gedrungen, die Buchungsfehler zwischen Reiseveranstaltern und dem Vertrieb von Tui Travel in Großbritannien aufzuklären. Bei der Analyse der Datenlücken waren für das Ende September 2009 abgelaufene Geschäftsjahr beim Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen auf Unternehmenswerte Belastungen von 45 Millionen Euro aufgetaucht.

Weitere 75 Millionen Euro stammen aus früheren Jahren. Diese Werte würden nun im Eigenkapital des Jahres 2009 verbucht. Barreserven und Verschuldung des Konzerns blieben von der Bilanzpanne unberührt.

Long bedauerte den Rückzug seines langjährigen Vertrauten Bowtell. "Er ist einer der fähigsten Finanzchefs, die ich kenne", sagte der Tui-Travel-Chef. Bowtell gehörte über sechs Jahre lang zu Longs Team.

Suckale im BASF-Vorstand

Die frühere Bahn-Managerin Margret Suckale ist in den Vorstand des Chemie-Konzerns BASF berufen worden. Die 54- Jährige werde dem Gremium nach der Hauptversammlung am 6. Mai 2011 als Arbeitsdirektorin angehören, teilte BASF mit. Zum gleichen Zeitpunkt werde auch Michael Heinz in den Vorstand berufen. Das Unternehmen hatte bereits vor längerer Zeit bekanntgegeben, dass Jürgen Hambrecht den Vorstandsvorsitz an Kurt Bock abgibt.

Suckale war früher Personalvorstand bei der Bahn und hatte bei den Verhandlungen im großen Lokführer-Streik eine wichtige Rolle gespielt. Angeblich soll sie auch an der Datenaffäre der Bahn beteiligt gewesen sein.

Anderthalb Millionen Toyota in die Werkstatt

Toyota ruft erneut weltweit rund 1,5 Millionen Autos in die Werkstätten zurück. Anlass sind Probleme mit dem Brems- und dem Kraftstoffsystem. Der Rückruf betrifft vor allem Amerika und Japan: Alleine in den USA müssen 740.000 Autos überholt werden, in Japan sind es rund 600.000.

Der Sprecher der deutschen Toyota-Tochter sagte, in Deutschland hätten rund 4600 Autos Mängel. Die Rückrufe beziehen sich dem Sprecher zufolge auf Autos der Edelmarke Lexus der Baureihen GS, IS und RX.

Toyota musste bereits Anfang des Jahres weltweit mehr als acht Millionen Autos wegen klemmender Gaspedale und rutschender Fußmatten zurückrufen, die meisten davon in den USA. Zudem setzten bei etwa einer halben Million Hybridautos die Bremsen kurzzeitig aus. Nun ist es vor allem Bremsflüssigkeit, die austreten kann, teilte Toyota USA mit. Von Unfällen ist nichts bekannt.

Auch Hochtief-Tochter kämpft gegen Übernahme

Im Übernahmekampf um den Baukonzern Hochtief wird nun auch die australische Hochtief-Tochter Leighton aktiv. Leighton-Chef David Mortimer sagte, sein Unternehmen werde sich womöglich auch an den Übernahme-Ausschuss wenden, den Hochtief zur Abwehr eines Kaufs durch den spanischen Baukonzern ACS anrufen will. Leighton werde das Vorgehen des Gremiums beobachten, das Unternehmen wolle seine Minderheitsaktionäre schützen.

Hochtief will die australische Kontrollinstanz für Übernahmen dazu bringen, von ACS auch ein Angebot für Leighton zu verlangen. Die Essener hoffen, die Kosten für die hochverschuldeten Spanier in unbezahlbare Höhen zu treiben. Die australische Börsenaufsicht hatte den Fall an das Takeover Panel verwiesen, das Hochtief in Kürze anrufen will. Das Gremium entscheidet in der Regel binnen einer Woche, ob es einen Fall annimmt. Eine Entscheidung über den Antrag von Hochtief käme dann zwei bis drei Wochen später zustande.

Anwälten zufolge könnte das Gremium zugunsten von Hochtief entscheiden, wenn es das Angebot von ACS als nicht akzeptabel einschätzt. Dies könne der Fall sein, wenn die Spanier über Hochtief die Kontrolle von Leighton erhalten wollten, ohne für die Tochter zu bieten. Hochtief hält 54,5 Prozent an Leighton. Die restlichen Aktien der Australier haben einen Marktwert von etwa 3,6 Milliarden Euro. Damit ist Leighton an der Börse doppelt so viel Wert wie die deutsche Mutter. An Hochtief hält ACS bereits knapp 30 Prozent. Die Spanier wollen sich nun die Mehrheit sichern.

Sieben Gläubiger haben gegen die von Karstadt-Insolvenzverwalter Klaus Hubert Görg geforderte Zahlung in Höhe von 34 Millionen Euro Beschwerde eingelegt, berichtet die Financial Times Deutschland. Die Übernahme der Warenhauskette Karstadt nach einem der größten Insolvenzverfahren in der deutschen Handelsgeschichte durch Investor Nikolas Berggruen bleibt davon unberührt.

Der Kauf sei rechtsgültig, sagte ein Gerichtssprecher. Das Amtsgericht Essen hatte die Vergütung für Görg und seinen Mitarbeiterstab im Fall Karstadt auf 32,3 Millionen Euro festgelegt. Rund zwei Millionen Euro sollen die zwölf Mitglieder des Gläubigerausschusses bekommen. Das Insolvenzverfahren hatte 16 Monate gedauert, bis am 1. Oktober Berggruen Karstadt übernommen hatte. Görg begründete die hohe Summe mit dem komplexen Verfahren, das er am Ende erfolgreich abgeschlossen habe. Er hätte bei Ausschöpfung aller möglichen Beträge auch mehr als 50 Millionen Euro verlangen können.

Das Geld für ihn und die Ausschussmitglieder muss aus der Karstadt-Insolvenzmasse bezahlt werden. Die sieben Gläubiger, die Beschwerde eingelegt haben, halten die Summe dennoch für zu hoch. Dem Zeitungsbericht zufolge ist unter den Beschwerdeführern auch ein Unternehmen, dass schon Einspruch gegen den Insolvenzplan eingelegt hatte und zusammen mit anderen Unternehmen die Übernahme durch Berggruen herausgezögert hatte. Das Gericht will jetzt die Beteiligten anhören und voraussichtlich Anfang November entscheiden.

Siemens macht Wind

Der Elektrokonzern Siemens kommt im Geschäft mit Windkraftanlagen auch in Deutschland voran. Das Unternehmen hat einen Auftrag über die Lieferung von 80 Windenergieanlagen für den Windpark Dan Tysk rund 50 Kilometer westlich von Sylt in der deutschen Nordsee an Land gezogen. Der Park mit einer Gesamtleistung von 288 Megawatt soll Siemens zufolge ab 2014 rund 500.000 deutsche Haushalte mit Ökostrom versorgen.

Auftraggeber ist die Dan Tysk Offshore Wind GmbH, an der das Energieunternehmen Vattenfall Europe mit 51 Prozent und die Stadtwerke München mit 49 Prozent beteiligt sind. Siemens sei weltweit Nummer eins im Offshore-Windgeschäft und übernehme mit dem neuen Projekt auch in Deutschland den vordersten Platz, sagte der Chef des Siemens-Energiesektors, Wolfgang Dehen. Zudem bietet der Konzern erstmals die Wartung von Netzanbindungen zwischen Festland und Windparks auf hoher See an und steigt damit in ein völlig neues Geschäft ein.

Branchenkenner schätzen den Gesamtwert der Aufträge auf etwa eine halbe Milliarde Euro. Um das Service- und Wartungsgeschäft voranzubringen, will Siemens an der niedersächsischen Küste auch einen neuen Servicestützpunkt aufbauen. Auch durch den Ausbau des europäischen Kompetenzzentrums für Wind in Hamburg sollen insgesamt bis zu 100 neue Jobs entstehen. Siemens kündigte an, sich in Zukunft stärker auf den deutschen Markt zu fokussieren und den Marktanteil im Windgeschäft mittelfristig auf 15 bis 20 Prozent auszubauen.

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