Wirtschaft kompakt:"Jeder ist heute zornig. Freut Euch!"

Namhafte US-Wirtschaftsbosse wie Warren Buffett und GE-Chef Jeffrey Immelt schwören Konjunkturpessimisten auf mehr Zuversicht ein. Außerdem: Der ZEW-Index sinkt überraschend stark. Das Wichtigste in Kürze.

In den USA grassiert die Angst vor einem Rückfall in die Rezession. Dieser Furcht vor dem sogenannten Double Dip haben nun einige der bekanntesten Wirtschaftsführer der Landes widersprochen.

Jeffrey R. Immelt

GE-Chef Jeffrey Immelt: ""Das war schlicht und einfach falsch. Es war dumm, es war irrsinnig."

(Foto: AP)

Bei einer Konferenz im US-Bundesstaat Montana zeigte sich Großinvestor Warren Buffett zuversichtlich, dass es zum Double Dip nicht einmal in Ansätzen kommen werde. Die Banken würden wieder Geld verleihen, die Unternehmen neue Mitarbeiter einstellen und die Wirtschaft werde bald stärker dastehen als je zuvor: "Dieses Land funktioniert. Das Beste steht uns erst noch bevor", sagte der Milliardär.

Ähnlich optimistisch äußerten sich vor den circa 2000 Konferenzteilnehmern auch die Vorstandschefs von Microsoft und Generel Electric (GE), Steve Ballmer und Jeffrey Immelt.

Ballmer begründete seine Zuversicht mit den technologischen Entwicklungsschüben, die in nächster Zeit zu erwarten seien: "Ich bin begeistert von den künftigen Chancen unserer Branche", sagte der Chef des weltgrößten Software-Herstellers. Er erwarte, dass durch die Vernetzung von Computern, Telefonen, Fernsehern und Rechenzentren phantastische neue Produkte entstehen werden. Das Innovationstempo werde außerdem zunehmen, da die Arbeitnehmer durch die neuen Technologien produktiver würden, so Ballmer.

Auch Immelt gab sich hoffnungsfroh. Die Geschäftslage bei GE verbessere sich zunehmend. Der Mischkonzern, der zu den größten Unternehmen der Welt zählt, mache derzeit die Erfahrung, dass seine Produktionsanlagen in den USA wettbewerbsfähiger seien als die GE-Werke im Ausland.

Immelt kritisierte allerdings, dass dem Dienstleistungssektor in der US-Wirtschaft seit den siebziger Jahren eine zu große Bedeutung beigemessen worden sei. "Das war schlicht und einfach falsch. Es war dumm, es war irrsinnig", schimpfte der 54-Jährige. Künftiges Ziel müsse sein, das Handelsdefizit zu reduzieren. Dafür müsse das produzierende Gewerbe eine größere Rolle spielen.

Der GE-Chef attackierte zudem die Politik in den USA als zu antagonistisch. Ärger sei keine Strategie. "Ärger schafft kein Wachstum, nur Optimismus schafft Wachstum. Seid das Gegenteil. Jeder ist heute zornig. Freut Euch!", rief Immelt den Delegierten zu.

ZEW-Index sinkt überraschend stark

Börsenprofis rechnen in den kommenden Monaten mit einer kräftigen wirtschaftlichen Eintrübung in Deutschland.

Die ZEW-Konjunkturerwartungen für das nächste Halbjahr sanken im September auf minus 4,3 Punkte von plus 14 Zählern im Vormonat. Das war bereits der fünfte Rückgang in Folge, teilte das Mannheimer Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) zu seiner Umfrage unter rund 300 professionellen Anlegern und Analysten mit.

Von der Nachrichtenagentur Reuters befragte Experten hatten lediglich mit einem Rückgang auf 10,0 Punkte gerechnet.

Die Lage beurteilten die Experten dagegen besser: Das Barometer stieg auf 59,9 Punkte von 44,3 Zählern. "Die Finanzmarktanalysten gewichten bei ihren Erwartungen Risiken stärker als bisher", sagte ZEW-Präsident Wolfgang Franz. Dazu gehörten eine Abkühlung der US-Konjunktur sowie ungelöste Probleme im Euroraum. Allerdings fügte Franz hinzu: "Die Gefahr eines erneuten Konjunktureinbruchs ist für Deutschland allerdings nach wie vor gering".

Das Deutsche Institut für Wirtschaftsforschung (DIW) in Berlin hatte für das zu Ende gehende dritte Quartal ein Wachstum von 0,9 Prozent vorausgesagt, während das Institut für Weltwirtschaft (IfW) in Kiel ein Plus von 0,7 Prozent erwartet.

Post will eisern sparen

Angesichts sukzessiver Rückgängen im Briefgeschäft will die Deutsche Post ihren eisernen Sparkurs fortsetzen. "Wir müssen permanent über Kostensenkungen nachdenken", sagte Vorstandschef Frank Appel den Zeitungen der Essener WAZ-Mediengruppe.

Der Post-Chef sprach von Rahmenbedingungen, die sich in den vergangenen Monaten "dramatisch verschlechtert" hätten. "Wir stehen weiter zum Mindestlohn von 9,80 Euro. Aber einige unserer Wettbewerber zahlen ihren Beschäftigten nur fünf oder sechs Euro. Natürlich geraten wir so unter Druck", sagte Appel.

Der Post-Chef wünscht sich zudem eine Porto-Erhöhung. "Faktisch wurden unsere Preise seit 1997 nicht mehr erhöht. Unsere Profite im Briefgeschäft sind seitdem rückläufig - trotz höherer Produktivität", sagte Appel. Heute seien die Briefpreise "an einen starren Produktivitätsfaktor gekoppelt". Dieser stamme jedoch aus einer Zeit, als die Briefmengen noch stiegen.

Analysten bewerteten die Aussagen des Post-Chefs allerdings eher als politische Meinungsäußerung. Angesichts der derzeitigen regulatorischen Gegebenheiten sei klar, dass die Post das Porto allerfrühestens 2012, eher aber erst im Jahr 2013 erhöhen könne, sagte Branchenanalyst Nils Machemehl von der BHF-Bank. Zudem sei bekannt, dass der Konzern den Sparkurs fortsetzen müsse. Dies gelte auf Grund der konstanten Preise und zurückgehenden Volumina im Briefgeschäft sowie den tendenziell steigenden Kosten.

Toyota forciert Bau von Elektroautos

Nach imageschädigenden Rückrufaktionen in den USA forciert der weltgrößte Autohersteller Toyota die Entwicklung reiner Elektroautos. So soll eine batteriegetriebene Version des Marktführers Prius bis 2012 in den USA eingeführt werden, wie Entwicklungschef Takeshi Uchiyamada mitteilte.

Toyota wolle von der E-Version des Prius im Jahr der Markteinführung 20.000 Stück auf seinem wichtigsten Markt verkaufen. Das Auto werde 3000 bis 5000 Dollar mehr als die Hybrid-Version des Prius kosten. Der angepeilte Preis von unter 28.000 Dollar würde den elektrisch angetriebenen Prius zum billigsten Öko-Auto seiner Klasse machen.

Konkurrent General Motors bietet sein vergleichbares Modell Volt für 41.000 Dollar in der Kategorie der Luxusautos an.

Toyota kündigte darüber hinaus an, bis 2012 sechs neue Hybrid-Modelle anzubieten, die mit einem Mix aus herkömmlichen Treibstoffen und Elektrizität fahren. Damit hätte der Autobauer 20 derartige Fahrzeuge in seiner Angebotspalette.

Anders als Konkurrenten wie GM und Nissan Motor Co hat Toyota mit der Entwicklung von Elektroautos gezögert. Parallel dazu entwickelt Toyota derzeit mit Tesla eine Elektro-Version des Geländewagens RAV4. Die Arbeiten liefen zufriedenstellend, teilte Toyota mit. Es sei aber nicht sicher, dass das Fahrzeug bis 2012 auf den Markt komme.

Audi peilt China als größten Absatzmarkt an

Zeitenwende für Audi: Spätestens bis 2011 soll China das Heimatland Deutschland als größten Absatzmarkt ablösen. "Spätestens im nächsten Jahr ist es so weit", sagte Vertriebschef Peter Schwarzenbauer der "Neue Ruhr/Neue Rhein Zeitung. "2012 wollen wir in China gut 300.000 Fahrzeuge verkaufen", stellte er in Aussicht. Auf dem Heimatmarkt sind es demnach etwa 240.000 Autos. Die Volksrepublik ist bereits der wichtigste Auslandsmarkt der Ingolstädter VW-Tochter.

Der neue Besitzer von Volvo will den Absatz der schwedischen Traditionsmarke auf dem weltweit größten Automarkt in China ebenfalls massiv ausweiten.

Dazu plant der chinesische Autobauer Geely den Bau von drei Volvo-Werken in China. Geely-Chef Li Shufu sagte dem Wall Street Journal, künftig sollten in China 300.000 Volvos pro Jahr gebaut werden. Im vergangenen Jahr lagen die Verkäufe von Volvo weltweit bei 335.000 Autos, in China setzte die Marke gerade einmal 24.400 Fahrzeuge ab. Geely selbst hat im vergangenen Jahr 325.000 Autos verkauft, was einem Zuwachs um 59 Prozent im Vergleich zum Vorjahr entsprach.

Umgekehrt wird China für europäische Länder auch als Einfuhrpartner immer wichtiger. So löste im ersten Halbjahr 2010 das Reich der Mitte die Niederlande als Deutschlands größten Einfuhrpartner ab.

Die Einfuhren aus China kletterten um 35,6 Prozent auf einen Wert von 34,6 Milliarden Euro, wie das Statistische Bundesamt am Dienstag mitteilte. Für die Importe aus den Niederlanden errechneten die Statistiker ein Plus von 16,5 Prozent auf 33,2 Milliarden Euro. Auf dem dritten Platz lag Frankreich mit 29,9 Milliarden Euro (plus 5,7 Prozent).

Arbeitskosten in Eurozone steigen nur schwach

In der Eurozone sind die Arbeitskosten im zweiten Quartal so schwach wie noch nie gestiegen. Auf Jahressicht seien die Arbeitskosten je Stunde um 1,6 Prozent geklettert, teilte sie Statistikbehörde Eurostat mit.

Dies ist der geringste Zuwachs seit Beginn der Aufzeichnungen im Jahr 2000. In den ersten drei Monaten hatte das Plus noch bei revidiert 1,9 Prozent gelegen. Zunächst war ein Wert von 2,1 Prozent ermittelt worden.

Sowohl die Löhne und Gehälter als auch die Lohnnebenkosten stiegen im zweiten Quartal schwächer als noch zu Jahresbeginn. Die Löhne und Gehälter wuchsen um 1,5 Prozent, die Lohnnebenkosten um 2,0 Prozent. Im Startquartal 2010 hatten die Raten bei 1,8 Prozent beziehungsweise 2,2 Prozent gelegen.

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