Wirtschaft kompakt:Hilflos hinterm Tresen

Ob Fiebermittel oder Inkontinenzmaßnahmen: Apotheken beraten oft katastrophal schlecht. Und mitunter so laut, dass alle mithören können. Außerdem: Mit Volkswagen geht es steil bergauf.

Der Gang in die Apotheke muss nicht der Weg der Besserung sein. Denn wie ein Test zeigte, lässt die Beratung in Apotheken oft zu wünschen übrig. Die Stiftung Warentest vergab in ihrer jüngsten Untersuchung an elf von 50 getesteten Apotheken ein "mangelhaft" und nur an sieben ein "gut".

Apotheke, Foto: dpa

Im Vergleich schnitten die Vor-Ort-Apotheken etwas besser ab als die Versandapotheken.

(Foto: Foto: dpa)

Besonders die Versandapotheken schnitten schlechter ab als beim Test vor zwei Jahren. Von 23 getesteten erhielten nur vier die Note "befriedigend", alle anderen waren schlechter. Beratung zu Medikamenten und die Herstellung einer Rezeptur standen im Mittelpunkt des Tests.

Stiftung Warentest ließ Kunden in 27 Vor-Ort-Apotheken in Berlin, Essen, Nürnberg und Augsburg den Service testen, zudem prüfte sie den Bestell- und Lieferservice, die Webseite und die allgemeine Geschäftsbedingungen der Versandapotheken.

Das Ergebnis: Häufig kam die Beratung der Kunden zu kurz. Vielfach informierten Fachkräfte falsch über Arzneimittel, oder erkannten die Wechselwirkung zwischen Medikamenten trotz einfacher Problemstellung nicht.

So wiesen sie zum Beispiel nicht darauf hin, dass Johanniskraut die Wirksamkeit anderer Wirkstoffe mindern könne. Beim Kauf eines fiebersenkenden Mittels für ein dreijähriges Mädchen, erkundigten sich die Mitarbeiter oft nicht einmal nach der Höhe des Fiebers. Versandapotheken hielten sich nicht an die Pflicht, Rezepturen herzustellen.

Stiftung Warentest ermittelte außerdem erhebliche Preisunterschiede bei rezeptfreien Medikamenten. So kostete eine Hautcreme bei verschiedenen Anbietern zwischen 6,23 Euro und 12,90 Euro. Dabei waren Versandapotheken nicht generell günstiger als die Apotheke um die Ecke.

Aufwind bei Volkswagen

Volkswagen-Chef Martin Winterkorn hat die angestrebte Fusion mit Porsche als "historische Chance für beide Unternehmen" gewürdigt. "Ich bin überzeugt, dass Volkswagen und Porsche gemeinsam eine Wachstumsgeschichte schreiben können, wie es in der Automobilwelt bisher wenige gab", sagte der VW-Vorstandsvorsitzende bei der Hauptversammlung des Wolfsburger Konzerns.

Nach einem zähen Machtkampf hatte VW im Dezember 2009 zunächst 49,9 Prozent von Porsche übernommen. Bis 2011 will der Autobauer den Stuttgarter Sportwagenhersteller ganz übernehmen. Langfristig erwarte VW durch die Übernahme große Synergieeffekte, sagte Winterkorn. Das jährliche operative Ergebnis des Konzerns werde um 700 Millionen Euro steigen.

Auf der Hauptversammlung will sich der VW-Vorstand von den Anteilseignern ermächtigen lassen, in den kommenden fünf Jahren bei Bedarf Anleihen im Wert von bis zu fünf Milliarden Euro auszugeben. Erst vor wenigen Tagen hatte der Konzern eine Kapitalerhöhung abgeschlossen, die ihm durch die Ausgabe von fast 65 Millionen stimmrechtslosen Vorzugsaktien 4,1 Milliarden Euro in die Kasse spülte. Mit dem Geld will VW die geplante Übernahme von Porsche finanzieren.

Mit den VW-Modellen Golf und Polo läuft es jetzt schon rund. Der Volkswagen-Konzern fuhr im Jahr 2009 mit seinem wichtigstem Modell Golf erstmals seit Jahren wieder eine "ordentliche" Rendite ein. Wie das Handelsblatt aus Kreisen des Aufsichtsrats erfuhr, kam der Golf über alle Varianten im Durchschnitt auf eine operative Umsatzrendite von knapp acht Prozent pro Fahrzeug. Dem Autohersteller seien Einspareffekte durch eine intensive Nutzung bestehender Technologien und Werkzeuge der vorherigen Reihe zugute gekommen.

Für einen weiteren Schub hätten 2009 die Auslastung der Fabrik in Wolfsburg und eine ungewöhnlich hohe Bestellrate für lukrative Sonderausstattungen gesorgt, heißt es weiter in Branchenkreisen. Für beides seien die staatlichen Absatzhilfen im Krisenjahr verantwortlich. Profitiert habe davon auch der im spanischen Pamplona hergestellte neue Polo, der in seinem ersten Jahr 2009 den Aufsichtsratskreisen zufolge im Schnitt eine operative Umsatzrendite von fünf bis sechs Prozent erwirtschaftet.

Die Renditen der Modelle seien unter dem Strich allerdings erheblich verwässert, hieß es weiter. Viele Gemeinkosten wie Entwicklungsleistungen würden gar nicht den Modellen zugeordnet, sondern landen in Sonderposten, bemängeln interne Kritiker. Offiziell weist der Konzern für die Marke Volkswagen PKW für das Jahr 2009 laut Handelsblatt eine operative Umsatzrendite von 0,9 Prozent aus.

Im vergangenen Jahr hatte die Wirtschaftskrise bei VW zu einem dramatischen Gewinneinbruch geführt. Unter dem Strich verdiente Europas größter Autohersteller im vergangenen Jahr 911 Millionen Euro, das sind über 80 Prozent weniger als die knapp 4,7 Milliarden Euro im Jahr davor. Damit blieb VW allerdings in den schwarzen Zahlen und kam weitaus besser durch die Krise als viele Konkurrenten.

Auch 2010 werde ein insgesamt schwieriges Jahr für die Autoindustrie, sagte Winterkorn in Hamburg. "Unsere Branche hat eine längere, steinige Wegstrecke vor sich. Das Absatzniveau von vor der Krise werden wir frühestens 2012 wieder erreichen." VW bleibe trotz des schwierigen Umfelds aber "in der Offensive" und wolle seine Wettbewerbsposition ausbauen sowie die Integration von Porsche zum Erfolg führen, sagte der Vorstandschef.

Hoffnungen setze VW vor allem auf ein erwartetes Wachstum in den Pkw-Märkten von China, Brasilien und den USA. Die Märkte in Deutschland und in Westeuropa würden dieses Jahr dagegen schrumpfen. "Das konjunkturelle Umfeld ist und bleibt schwierig. Rückschläge sind nicht ausgeschlossen."

Arriva stimmt der Übernahme durch Deutsche Bahn zu

Die Deutsche Bahn hat für die geplante milliardenschwere Übernahme des britischen Transportunternehmens Arriva die Zustimmung des Managements. Wie beide Unternehmen mitteilten, empfiehlt der Arriva-Vorstand seinen Aktionären das Kaufangebot der Bahn als "fair und vernünftig".

Der bundeseigene Konzern ist demnach bereit, 775 Pence pro Arriva- Aktie zu zahlen. Inklusive zu übernehmender Schulden will die Deutsche Bahn rund 2,7 Milliarden Euro aufbringen. Dies wäre ihr spektakulärster Zukauf seit der Übernahme des Logistikers Stinnes 2003.

Bahnchef Rüdiger Grube erklärte, eine Übernahme von Arriva biete "exzellente Chancen" im europäischen Wettbewerb. Das börsennotierte britische Unternehmen betreibt Busse und Bahnen in zwölf europäischen Ländern, darunter in Deutschland. Nach ersten Gesprächen mit den Wettbewerbsbehörden gehe die Bahn davon aus, "dass wir in Deutschland die Eisenbahnaktivitäten von Arriva veräußern werden".

Der Bahn-Aufsichtsratsvorsitzende Utz-Hellmuth Felcht erklärte, dass Deutschland weiter der Kernmarkt für den Konzern bleibe. "Für die deutschen Kunden wird es dadurch keinerlei Einschränkungen oder Abstriche geben."

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