Wirtschaft kompakt:Marke "00Sex"

Sicher ist sicher: Russlands prominenteste Ex-Agentin Anna Chapman lässt ihren Namen als Handelsbezeichnung schützen. Außerdem: Geballte Infineon-Euphorie und Oracle muss für Sun-Sünden büßen - das Wichtigste in Kürze.

Russlands prominenteste Ex-Agentin wird zur Marke: Anna Chapman, 28, hat ihren Namen beim Patentamt in Moskau als Handelsbezeichnung schützen lassen, wie die Zeitung Komsomolskaja Prawda berichtete. Denkbar seien künftig etwa Hautcremes sowie Kinderpuppen und Biersorten mit dem Namen der im Sommer in den USA enttarnten früheren Kreml-Spionin.

Ex-Kreml-Agentin Chapman startet Fernsehkarriere

Die Ex-Kreml-Agentin Chapman debütierte bereits im russischen Staatsfernsehen, jetzt hat sie ihren Namen als Handelsbezeichnung eintragen lassen - sicher ist sicher.

(Foto: dpa)

Produkte mit prominenten Familiennamen sind in Russland äußerst beliebt. So erinnert die Wodka-Sorte "Putinka" an Regierungschef Wladimir Putin. Der "Wodka Gorbatschow" bezieht sich allerdings nicht auf den letzten Staatschef der ungergegangenen Sowjetunion, sondern ist nach Leo Leontowitsch Gorbatschow benannt. Der Betreiber einer Destillerie flüchtete während der Oktoberrevolution aus der russischen Heimat nach Berlin. Dort begann er 1920 erneut Wodka herzustellen.

Chapman war nach ihrer Enttarnung Ende Juni in einem Agentenaustausch nach Moskau zurückgekehrt und ist in ihrer Heimat mittlerweile zu einer Art Pop-Ikone aufgestiegen. Rund 70 Jahre nach der Schlacht um Stalingrad wird die Ex- Spionin mit dem Spitznamen "Agentin 00Sex" in diesen Tagen zu Gedenkfeiern in ihrer Geburtsstadt erwartet.

Russische Medien werten dies als Teil einer möglichen Kandidatur für die Staatsduma. Einige Veteranen würden den geplanten Auftritt des "Glamour-Stars" aber kritisieren, hieß es. Die in Wolgograd, dem früheren Stalingrad, geborene Anna Wassiljewna Kuschtschenko trägt seit einer mittlerweile geschiedenen Ehe mit einem Briten ihren englischen Nachnamen.

Geballte Euphorie in München

Der Halbleiterhersteller Infineon aus München hat nach einem unerwartet starken ersten Quartal seine Prognose für das Geschäftsjahr 2010/11 angehoben. Der Konzern verzeichnete im ersten Viertel zwar einen Rückgang bei Umsatz und Gewinn. Das für den Konzern wichtige Segmentergebnis, mit dem Infineon ein bereinigtes Betriebsergebnis ausweist, legte allerdings im Vergleich zum Vorquartal um vier Prozent auf 177 Millionen Euro.

Damit übertraf das Dax-Unternehmen die Erwartungen. Die Erlöse sanken vor allem wegen Währungseffekten zwischen Oktober und Dezember um zwei Prozent auf 922 Millionen Euro. Unter dem Strich steht ohne das Ergebnis aus der mittlerweile verkauften Handysparte ein Gewinn von 149 Millionen Euro nach 193 Millionen Euro im Vorquartal.

Infineon-Chef Peter Bauer zeigte sich mit den Ergebnissen zufrieden und hob die Umsatzprognose für das Geschäftsjahr an. Der Konzern rechnet nun mit einem Erlöswachstum im mittleren Zehn-Prozent-Bereich.

Angesichts der guten Zahlen zieht auch Infineon die geplante Tariferhöhung an seinen deutschen Standorten um zwei Monate vor. Damit erhalten die Tarifbeschäftigten in Bayern vom 1. März an zwei Prozent mehr Geld. Am Standort in Warstein (Nordrhein-Westfalen) gilt bereits von Dienstag an ein um 2,7 Prozent höheres Tarifgehalt.

Am tariffreien Standort Dresden wird es vom 1. April an eine Gehaltserhöhung von 2,1 Prozent geben. Zusätzlich bekommen die Beschäftigten dort eine Einmalzahlung von 126 Euro. Von der vorgezogenen Tariferhöhung profitierten rund 5000 Mitarbeiter, teilte der Konzern mit. Wegen der guten Lage hatten bereits mehrere Unternehmen wie Bosch oder MAN die Erhöhung vorgezogen.

Oracle muss bluten

Der Softwarekonzern und SAP-Erzrivale Oracle muss Millionen für die Verfehlungen seines teuren Zukaufs Sun Microsystems zahlen. Das US-Justizministerium sieht es als erwiesen an, dass der Computerhersteller Sun staatliche Stellen bei Neuanschaffungen über den Leisten gezogen hat. Im Rahmen eines Vergleichs zahlt Oracle nun 46 Millionen Dollar (34 Millionen Euro) und zieht damit einen Schlussstrich unter den seit Jahren laufenden Fall.

Tony West, Staatsanwalt im Justizministerium, warf Sun Microsystems vor, durch Kickback-Zahlungen, illegale Kaufanreize und Fehlinformationen bei Vertragsverhandlungen das Geld des Steuerzahlers verschwendet zu haben. Zu den betroffenen staatlichen Stellen gehört unter anderem der U.S. Postal Service, also die US-amerikanische Post. Auch Ermittler des Verteidigungsministeriums hatten sich eingeschaltet.

Nach US-Recht darf ein Unternehmen von der Regierung nicht mehr Geld verlangen als von seinen Kunden aus der Privatwirtschaft. Diese Regel hat Sun nach Ansicht des Justizministeriums verletzt. Den Angaben zufolge hat der Computerkonzern zudem Beratungsfirmen dazu animiert, staatlichen Stellen seine Produkte zu empfehlen. Ein Teil des Kaufpreises sei dann an die Berater geflossen, hieß es, sogenannte Kickback-Zahlungen.

Der Vergleich mit Oracle sei Teil einer größeren Untersuchung, die weiterlaufe, erklärte das Justizministerium, ohne allerdings ins Detail zu gehen. Das Ministerium hatte wegen ähnlicher Verfehlungen bereits namhafte IT-Konzerne wie IBM und Hewlett-Packard, den Datenspeicher-Spezialisten EMC oder das Beratungsunternehmen PWC zur Kasse gebeten. Im Falle von Sun hatten zwei Tippgeber im Jahr 2004 das Verfahren ins Rollen gebracht; sie bekommen wie in den USA üblich ihren Anteil an der Millionenstrafe. Oracle hatte Sun 2009/2010 für 7,4 Milliarden Dollar übernommen. Sun ist bekannt für seine leistungsstarken Server. Oracle macht sein Geld traditionell mit Software für Unternehmen und ist der schärfste Rivale des deutschen SAP-Konzerns.

Anziehender Werbemarkt macht RTL glücklich

Europas größter Unterhaltungskonzern RTL hat 2010 vom anziehenden Werbemarkt profitiert. Die Umsätze legten im Vergleich zum Vorjahr um 8,5 Prozent auf 5,6 Milliarden Euro zu, wie die RTL Group mit Sitz in Luxemburg mitteilte. Beim Gewinn vor Steuern, Zinsen und Abschreibungen (Ebita) wurde erstmals die Milliardengrenze überschritten. Das Ebita habe bei rund 1,1 Milliarden Euro gelegen, hieß es. Angaben zu weiteren Kennziffern will die Bertelsmann-Tochter Mitte März veröffentlichen.

Alle westeuropäischen Fernsehwerbemärkte seien stark gewachsen, berichtete ein Sprecher. In dem von der Werbekrise belasteten Vorjahr hatte das Ebita bei knapp 800 Millionen gelegen. Bisheriger Bestwert der Gruppe waren 916 Millionen Euro im Jahr 2008.

Die RTL Group besitzt in zehn Ländern 40 Fernsehsender und 32 Radiostationen. In Deutschland zählen RTL, Vox, RTL 2, N-TV und SuperRTL zu der Kette. Die Gruppe ist zu mehr als 90 Prozent im Besitz des Medienkonzerns Bertelsmann aus Gütersloh.

Deichmanns "erfreuliche" Entwicklung

Europas größter Schuhhändler, die Essener Deichmann-Gruppe, hat 2010 das höchste Umsatzwachstum seit 20 Jahren erzielt. Insgesamt steigerte das Familienunternehmen seinen Umsatz um 12,5 Prozent auf mehr als 3,9 Milliarden Euro, wie Konzernchef Heinrich Deichmann mitteilte.

Das Deichmann-Imperium wird immer größer: Weltweit verkaufte der Schuhhändler 2010 rund 152 Millionen Paar Schuhe. Das waren 14 Millionen Paar mehr als im Vorjahr. Auch der Gewinn habe sich "erfreulich" entwickelt, sagte Deichmann. Genaue Angaben macht das Familienunternehmen hierzu traditionell nicht. Insgesamt betrieb die Gruppe Ende vergangenen Jahres 2939 Filialen in 19 europäischen Ländern und den USA und beschäftigte rund 30.000 Mitarbeiter.

Mittlerweile erwirtschaftet das Schuhimperium über die Hälfte seines Umsatzes im Ausland. Dieser Anteil werde auch in den kommenden Jahren weiter zunehmen, sagte Firmenchef Deichmann. In Deutschland verkaufte das Unternehmen zusammen mit der Tochterfirma Roland 2010 rund 75,5 Millionen Paar Schuhe, ein Plus von vier Prozent gegenüber dem Vorjahr. Der Umsatz auf dem Heimatmarkt stieg sogar um acht Prozent auf knapp 1,8 Milliarden Euro. Auch 2011 will Deichmann seinen Wachstumskurs fortsetzen.

Das Unternehmen plant allein in Deutschland die Eröffnung von 61 neuen Filialen. Geplant seien deshalb auch rund 500 Neueinstellungen, sagte Deichmann. Im Ausland will der Schuhhändler in diesem Jahr auch in Serbien und Portugal Fuß fassen. Ausgebaut werden soll außerdem das Online-Geschäft.

BMW zieht Tariferhöhung nun doch vor

Der Autohersteller BMW zieht nach anfänglichem Sträuben nun doch die Tariferhöhung um zwei Monate vor. Die rund 63.000 Tarifbeschäftigten erhielten ab Februar 2,7 Prozent mehr Gehalt, wie die IG Metall mitteilte. Ein Konzernsprecher bestätigte die Angaben.

Noch Ende November hatte BMW mit Verweis auf eine "Durchhalteprämie" 2010 erklärt, es gebe keinen Grund für einen vorgezogenen Tarifschritt. Die meisten anderen deutschen Autohersteller haben bereits vor Wochen eine frühere Lohnerhöhung verkündet.

Pfizer streicht Forschung zusammen

Der weltgrößte Pharmakonzern Pfizer fährt seine Forschung und Entwicklung zurück. Das Unternehmen werde sich auf diejenigen Krankheiten konzentrieren, bei denen der größte medizinische und wirtschaftliche Erfolg zu erwarten sei, teilte Pfizer mit. In Großbritannien soll der komplette Standort Sandwich aufgegeben werden, in den USA werden Forschungsarbeiten verlagert.

Mit dem Umbau will Pfizer die Entwicklungskosten von 9,4 Milliarden Dollar im vergangenen Jahr auf bis zu 6,5 Milliarden Dollar im kommenden Jahr drücken. Hintergrund der Einsparungen ist ein ehrgeiziges Gewinnziel, das der neue Konzernchef Ian Read auf jeden Fall erreichen will - und das, obwohl das Geschäft an sich schleppend läuft und Read für die Zukunft noch schwerere Zeiten erwartet.

Der Umsatz war im vergangenen Jahr nur deshalb um 36 Prozent auf 67,8 Milliarden Dollar nach oben geschnellt, weil Pfizer den Rivalen Wyeth übernommen hatte. Ohne diesen Zukauf wäre das Unternehmen auf der Stelle getreten. Wegen der Kosten für die Eingliederung sank der Gewinn allerdings um vier Prozent auf 8,3 Milliarden Dollar. Dabei hatte Pfizer im Schlussquartal sogar noch ein Steuergeschenk erhalten. Er sei zufrieden mit der Leistung angesichts des schwierigen Marktumfelds, sagte Konzernchef Read. Nach anfänglicher Skepsis sahen das auch die die Börsianer so und ließen die Aktie im frühen New Yorker Handel um drei Prozent steigen.

Telekom legt Streit mit Ricke und Zumwinkel bei

Nach dem Ende des Spitzelprozesses bei der Deutschen Telekom Ende vergangenen Jahres will der Konzern jetzt endgültig reinen Tisch machen. Mit Ex-Konzernchef Kai-Uwe Ricke und dem ehemaligen Aufsichtsratsvorsitzenden Klaus Zumwinkel habe sich das Unternehmen wegen zivilrechtlicher Ansprüche gütlich geeinigt, teilte die Telekom mit. Ricke und Zumwinkel hätten sich bereiterklärt, im Wege eines Vergleichs einen beträchtlichen Teil des Schaden auszugleichen. Details nannte das Unternehmen nicht.

Der erzielte Vergleich stehe noch unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Hauptversammlung. Unter der Leitung der beiden Topmanager hatte die Telekom illegal Gewerkschafter, Betriebsräte und Journalisten bespitzelt. Ziel war es, eine undichte Stelle im Aufsichtsrat aufzudecken, über die Interna an die Öffentlichkeit gelangt waren. Ein Mitarbeiter der Konzernsicherheit wurde Ende November vergangenen Jahres verurteilt. Zuvor waren die Ermittlungen gegen Ricke und Zumwinkel mangels Tatverdachts eingestellt worden. Die Telekom hatte die Manager aufgefordert, einen Schadensersatz von rund einer Million Euro zu leisten. Nach wie vor hielten sie aber an ihrem Standpunkt fest, keinerlei Pflichten verletzt zu haben.

Die Aktionäre der Telekom sollen in der Einladung zur Hauptversammlung über Einzelheiten des Vergleichs informiert werden. Vorstand und Aufsichtsrat begrüßten, dass nun auf dem Aktionärstreffen Mitte Mai 2011 ein weiterer Schritt zur Abarbeitung der Vorgänge getan werden könne, hieß es weiter.

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