Wirtschaft kompakt:Kleiner Hirte mit großer Vision

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Karstadt-Investor Berggruen stapelt tief, wenn es um die eigene Person geht. Außerdem: Der ehemalige HP-Chef Hurd verhandelt mit Oracle. Das Wichtigste in Kürze.

Der Milliardär - ein Hüter mit zeitlich befristeter Mission? Nun, Karstadt-Investor Nicolas Berggruen stapelt tief. "Ich bin nur ein vorübergehender Hirte - und hoffentlich ein guter", sagte der 49-Jährige der Bild am Sonntag. Er hoffe jetzt auf einen "neuen Spirit, einen neuen Geist". Berggruen kündigte eine umfassende Modernisierung der Warenhauskette an. Die Häuser müssen "aktueller, moderner und aufregender" werden. Der Einkauf bei Karstadt müsse "zu einem Erlebnis werden", sagte Berggruen. Der vom Insolvenzverwalter eingesetzte Geschäftsführer Thomas Fox solle bleiben. Berggruen selber wolle sich nicht in das operative Geschäft einmischen: "Dafür ist das Management zuständig."

Nicolas Berggruen schnappte sich Karstadt - und hat nun viel vor. (Foto: APN)

Berggruen lobte die Rolle von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) bei den schwierigen Verhandlungen. Die Ministerin habe dafür gesorgt, dass alle Parteien verantwortlich handelten.

Die Karstadt-Gewinne will der US-deutsche Unternehmer nach eigenen Angaben in Deutschland versteuern. Das Amtsgericht Essen hatte am Freitag dem Verkauf des Unternehmens an Berggruen zugestimmt. Zuvor hatten nach wochenlangem Ringen die Besitzer der Karstadt-Immobilien den Mietvertrag unterschrieben, in dem sie dem neuen Eigentümer Nachlässe gewähren. Bei Karstadt arbeiten derzeit etwa 25.000 Menschen.

Der geschasste Hewlett-Packard-Chef Mark Hurd könnte einem Zeitungsbericht zufolge eine neue Chance beim Software-Riesen Oracle bekommen. Hurd verhandele über eine Spitzenposition bei Oracle, berichtete das Wall Street Journal in der Online-Ausgabe. Um welchen Job es genau geht, konnte die Zeitung nicht in Erfahrung bringen. Jedenfalls denke der 66-jährige Gründer und bisher einzige Chef von Oracle, Larry Ellison, nicht ans Aufhören, hieß es unter Berufung auf informierte Personen. Allerdings überlasse der charismatische Manager das operative Geschäft bereits jetzt schon weitgehend seinen Vize-Präsidenten Safra Catz und Charles Phillips.

Der 53-jährige Hurd galt als einer der erfolgreichsten Top-Manager in der Technologiebranche, stolperte aber im Sommer über amouröses Interesse für eine ehemalige PR-Mitarbeiterin. Die Frau warf Hurd sexuelle Belästigung vor; die Vorwürfe bestätigten sich allerdings nicht, man einigte sich auf einen Vergleich. Offizieller Grund für die Trennung von Hurd waren nach Angaben des Verwaltungsrates falsche Spesenabrechnungen, die der Spitzenmanager nach Essen mit der Frau eingereicht habe.

Wenn Hurd bei Oracle landen würde, käme das nicht überraschend. Ellison, der als guter Freund von Hurd gilt, hatte den Rauswurf des Managers heftig kritisiert. "Das war die dümmste Personalentscheidung, seitdem die Idioten im Apple-Verwaltungsrat vor vielen Jahren Steve Jobs gefeuert haben", schrieb er in einer E-Mail an die New York Times Anfang August. Der Verwaltungsrat von HP habe nicht im besten Interesse der Mitarbeiter, Anteilseigner, Kunden und Partner gehandelt.

Der Opel-Mutterkonzern General Motors (GM) wird einem Zeitungsbericht zufolge erst nach der US-Kongresswahl im November an die Börse zurückkehren. GM warte die Wahlen am 2. November ab und absolviere den Börsengang womöglich Mitte des Monats, berichtete die Zeitung The Detroit News auf ihrer Webseite. Nach der Kongresswahl werde die Konzernführung weltweit eine Kampagne für den Kauf von GM-Aktien starten, schrieb die Zeitung unter Berufung auf mit dem Vorhaben vertraute Kreise.

Der Preis der Aktie solle am 17. November festgelegt werden, der Börsengang am nächsten Tag erfolgen, sagte dem Bericht zufolge ein Analyst unter Berufung auf "verschiedene Quellen". General Motors hatte Mitte August knapp ein Jahr nach Ende seiner Insolvenz bei der US-Börsenaufsicht SEC die Notierung seiner Aktien in New York und Toronto beantragt. Einen Zeitpunkt für den Börsengang nannte der Konzern damals nicht.

Die weltweite Wirtschafts- und Finanzkrise hatte die Zahlungsschwierigkeiten von GM verschärft - der Konzern stand zwischenzeitlich kurz vor dem Zusammenbruch. Er wurde von der US-Regierung mit Staatshilfen in Höhe von 50 Milliarden Dollar (39 Milliarden Euro) vor dem Aus bewahrt. Seitdem kontrolliert die US-Regierung 61 Prozent der GM-Aktien. Von 1925 bis 2008 war General Motors im renommierten Dow-Jones-Index mit den 30 größten US-Unternehmen vertreten. Im vergangenen Jahr durchlief GM in Rekordzeit eine Insolvenz innerhalb von nur sechs Wochen. Der Konzern befreite sich dabei in einem erheblichen Maße von Schulden und verschlankte sich deutlich.

Google ist mal wieder ins Fadenkreuz von Ermittlern geraten: Dieses Mal schaut sich die Generalstaatsanwaltschaft des US-Staates Texas an, ob Google bestimmte Websites bei der Darstellung von Suchergebnissen benachteiligt. Google vermutet, dass Microsoft hinter den Vorwürfen steckt. Google sei sich keiner Schuld bewusst, ließ Hausjurist Don Harrison am Freitag in einem Firmenblog wissen. Die Rangfolge von Websites richte sich schlicht nach deren Relevanz.

Konkret hatten sich mehrere Unternehmen beschwert, dass sie in den Suchergebnissen zu weit unten auftauchten. Harrison zeigte Verbindungen der Firmen zu Microsoft auf. Microsoft ist spätestens seit der Verbrüderung mit Yahoo der schärfste Rivale von Google im lukrativen Suchmaschinen-Geschäft. Auch bei Computer-Betriebssystemen, Bürosoftware, Internetbrowsern und den boomenden Smartphones konkurrieren die beiden Technologieschwergewichte. Das sorgt immer wieder für Krach. Google war in letzter Zeit vor allem aber mit Regierungen aneinandergeraten, unter anderem mit der deutschen. Streitpunkt war das Street-View-Projekt, bei dem Google für seinen Kartendienst ganze Straßenzüge abfotografiert. Obendrein hatten Googles Kamerawagen auch noch Daten aus frei zugänglichen Computer-Funknetzwerken aufgefangen und gespeichert.

Der International Währungsfonds (IWF) sieht derzeit keine Gefahr eines erneuten Konjunktureinbruchs. "Zwar gibt es Risiken und Herausforderungen, aber die Dinge scheinen sich mehr oder weniger im Rahmen unsere Prognosen zu entwickeln", sagte der stellvertretende IWF-Chef John Lipsky am Rande eines Treffens von Finanzexperten der 20 führenden Industrie- und Schwellenländer (G20) im südkoreanischen Gwangju. Es herrsche die breite Zuversicht, dass sich die Weltwirtschaft weiter in moderatem Tempo erhole. Herausforderungen seien aber die mittelfristig notwendige Konsolidierung der Staatshaushalte und ein Ausstieg aus den Konjunkturprogrammen. Der IWF hatte im Juli seine Wachstumsprognose für die Weltwirtschaft auf 4,6 Prozent angehoben. Für 2011 rechnet er mit einem Plus von 4,3 Prozent. Im Krisenjahr 2009 war die Wirtschaftsleistung weltweit um 0,6 Prozent geschrumpft.

© sueddeutsche.de/AFP/dpa/Reuters/mel - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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