Willy Bogner:Schwerer Verdacht gegen Bogner

Willy Bogner: Ein Skifahrer in einem reflektierenden Bogner-Rennanzug.

Ein Skifahrer in einem reflektierenden Bogner-Rennanzug.

(Foto: Claus Schunk)
  • Hat Bogner verbilligte Mitarbeiter-Einkäufe nicht gemeldet und damit womöglich Steuern hinterzogen? In einem anonymen Brief wird dieser Vorwurf gegen den Sportmode-Hersteller erhoben.
  • Bogner bestreitet die Steuerprobleme nicht, will aber keine Angabe zur Höhe machen.
  • Die Vorwürfe zeigen auch, wie groß das Chaos in der Führungsetage des Unternehmens ist.

Von Hannes Munzinger, Bastian Obermayer und Pia Ratzesberger

Nach Modenschauen oder Marketingevents bleiben jedes Mal Kleiderstangen voller teurer Stücke zurück. Pelzjacken, Abendkleider oder Anzüge - kaum getragen und doch nicht zum Verkauf gedacht. Diese Musterkollektionen gelten in der Modebranche als gute Gelegenheit, Angestellten einen kleinen Bonus zukommen zu lassen - das Gleiche gilt für verbilligte Einkäufe der Mitarbeiter oder gar ihre kostenlose Ausstattung. Die Sache ist nur: Auch das Finanzamt will von den schönen, teuren Dingen profitieren - für Finanzbeamte ist eine geschenkte Tausend-Euro-Jacke vor allem eine geldwerte Leistung für den Mitarbeiter, und die will besteuert werden. Aus der Modebranche ist zu hören, dass diese Regelung bei den meisten Firmen erst in den vergangenen Jahren ernster genommen wurde, und bei manchen noch immer nicht richtig umgesetzt wird.

Eines der Unternehmen, die jetzt deswegen Probleme bekommen könnten, ist Bogner. Das Traditionsunternehmen aus München, bekannt für seine luxuriöse Sportmode, hatte in der vergangenen Woche mitgeteilt, "lohnsteuer- und sozialversicherungsrechtlich relevante Sachverhalte" seien "nicht vollständig erfasst worden". Weniger verklausuliert bedeutet das: Bogner hat offenbar Steuern nicht bezahlt.

Die knappe Mitteilung sollte wohl einem Brief vorgreifen, der von einem anonymen Absender an mehrere Medienhäuser ging, darunter auch an die Süddeutsche Zeitung. Das Schreiben ist voll von aktuellem Insiderwissen und erwähnt auch eine mutmaßliche Steuerhinterziehung "in Millionenhöhe" im Zusammenhang mit nicht gemeldeten Käufen durch Angestellte. Das Unternehmen bestreitet die Steuerprobleme nicht, wollte aber auf Anfrage der Süddeutschen Zeitung keine Angaben zur Höhe machen. Mit dem Vorgang betraute Personen beziffern die nicht bezahlte Summe auf knapp über eine Million Euro, die innerhalb von drei Jahren entstanden sei. Unklar ist allerdings, wer am Ende persönlich haftbar gemacht werden könnte. In dem anonymen Brief ist sogar davon die Rede, dass Firmeneigner Willy Bogner selbst Haft drohe - eine Behauptung, die das Unternehmen nicht bestätigen will. Willy Bogner wollte sich auf Anfrage nicht dazu äußern, ebenso wenig auf die Frage, ob er persönlich Selbstanzeige gestellt habe.

Der anonyme Brief, geschrieben offen-kundig von jemandem aus den Leitungskreisen der Firma, ist der nächste Beleg dafür, dass bei dem Münchner Modeunternehmen Chaos in den Führungsetagen herrscht. Die unbekannten Autoren bezeichnen sich als "ursprüngliche Vertraute" Willy Bogners. Vor wenigen Tagen erst wurde bekannt, dass die beiden Aufsichtsräte Herbert Henzler und Jürgen Weber - beide langjährige Wegbegleiter Willy Bogners - zu Anfang Januar zurückgetreten sind, im November war der neue Vorstandschef Alexander Wirth nach gerade einmal etwa einem Jahr wieder gefeuert worden. Sein Nachfolger wurde der bisherige Vorstand für Design und Marketing, Andreas Baumgärtner.

Nicht nur im Management aber hat Bogner Probleme, sondern auch mit seinem rückläufigen Geschäft. Zuletzt machte das Unternehmen ungefähr 200 Millionen Euro Umsatz, das waren etwa sieben Prozent weniger als im Vorjahr - Schuld sei unter anderem das schlechte Geschäft in Russland, heißt es. Auch beim jungen Publikum kommt die Marke nicht mehr so gut an. Alexander Wirth sollte das ändern, an ihn übergab Willy Bogner im September 2016 die Leitung des Unternehmens. Wirth kündigte an, den Umsatz innerhalb von fünf Jahren auf 300 Millionen Euro steigern zu wollen. Im März vergangenen Jahres sagte Willy Bogner noch über das neue Management: "Wir sind sehr zufrieden."

Im November aber hieß es plötzlich, dass Alexander Wirth wegen "unterschiedlicher Auffassungen der Unternehmensausrichtungen" aus der Firma ausscheide. Mit den Steuerproblemen Bogners habe sein Rausschmiss nichts zu tun gehabt, gibt Wirth auf Nachfrage an - die "fehlerhafte Handhabung bei Personaleinkäufen" habe ihren Ursprung vor seiner Zeit als Vorstandsvorsitzender gehabt. Als er bei Bogner begann, habe er deshalb in Absprache mit Willy Bogner und dem Aufsichtsrat eine Untersuchung durch externe Wirtschaftsprüfer in Auftrag gegeben. Die Ergebnisse hätten im November vergangenen Jahres zu einer Erklärung gegenüber dem Finanzamt geführt.

Auch die Partnerschaft mit den Olympiasportlern ist futsch

Neben den Steuerschwierigkeiten und der Führungskrise im Haus verliert die Marke Bogner jetzt auch noch eine jahrzehntelange Partnerschaft: Die deutschen Olympiasportler wurden 82 Jahre lang von Bogner ausgestattet, bei den kommenden Olympischen Spielen in Südkorea werden sie zum ersten Mal nicht mehr in der Kleidung des Münchner Unternehmens auftreten.

Die Zeiten, in denen Willy Bogner selbst noch die beste Werbung für sein Unternehmen war, scheinen nun endgültig vorbei zu sein. Die Firma hatte er Ende der Siebzigerjahre von seinem Vater übernommen, er war selbst Skisportler und raste für James-Bond-Produktionen als Kameramann durch die Bobbahn. Willy Bogner, bald 76 Jahre alt, fand jedoch keinen Nachfolger in der Familie und plante vor drei Jahren den Verkauf. Er soll sich Summen von um die 700 Millionen Euro erträumt haben, die höchsten Angebote aber lagen unter 300 Millionen Euro - die Übergabe an ein Konsortium, an dem unter anderem der ehemalige Fußballspieler Philipp Lahm beteiligt war, scheiterte.

Derzeit prüft das Unternehmen auch die Umwandlung in eine Stiftung, um die Marke Bogner in die Zukunft zu führen. Dazu soll zudem ein neu besetzter Aufsichtsrat beitragen. Am Mittwoch gab die Firma bekannt, dass der Linde-Aufsichtsrat Wolfgang Reitzle den Vorsitz des Gremiums übernehmen werde, neu dazu kommt auch die Managerin Rosemarie Haber. Die beiden erwartet jetzt ein Unternehmen, in dem sich aktuelle und ehemalige Spitzenkräfte im Hintergrund gegenseitig anschießen - und anonyme Briefe schreiben.

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