Wie damit umgehen:Im Zweifel lieber fragen

Angestellte sollten beim Vorgesetzten klären, was sie mitnehmen dürfen. Sonst werden sie unverhofft zum Straftäter.

Von K. Kutsche und F. Wilke

Unternehmen und ihre Mitarbeiter müssten einfach besser miteinander kommunizieren. Dann wäre so mancher Diebstahl im Büro zu vermeiden, sagt die Kölner Arbeitsrechtlerin Nathalie Oberthür. Sie hat die Erfahrung gemacht, dass den Mitarbeitern "gerade bei Werbemitteln wie Kugelschreibern oder USB-Sticks oft das Bewusstsein dafür fehlt, dass die Geschenke für die Kunden - und nicht auch automatisch für sie zum Mitnehmen bestimmt sind". Sie rät Angestellten, lieber einmal zu oft beim Vorgesetzten nachzufragen, um nicht unverhofft zum Straftäter zu werden. Umgekehrt sieht sie auch die Unternehmen in der Pflicht: "Missverständnisse lassen sich leicht vermeiden, wenn Unternehmen klar kommunizieren, was geduldet wird und was nicht", sagt Oberthür. Wenn trotzdem Dinge wegkommen, sollten Arbeitgeber ihre Mitarbeiter darum bitten, die Augen offen zu halten, rät der Detektiv Jochen Meismann. Werde ein Vorfall gemeldet, dann habe das "nichts mit Denunzieren zu tun, sondern mit kaufmännischem Denken".

Klaut ein Angestellter, hat der Arbeitgeber die Möglichkeit, ihm außerordentlich und fristlos zu kündigen. Um vor Gericht mit der Kündigung zu bestehen, müssen Arbeitgeber allerdings auch immer den Einzelfall betrachten. "Dabei spielt es eine Rolle, wie groß der Schaden ist, aber auch, wie lange der Mitarbeiter bereits im Unternehmen arbeitet", sagt Anwältin Oberthür. Im berühmten Fall der Kassiererin "Emmely", die zwei fremde Pfandbons zu ihrem Vorteil eingelöst hatte, erklärte das Bundesarbeitsgericht im Jahr 2010 die Kündigung gegen die Frau für unwirksam und verwies dabei auch auf die 30-jährige Betriebszugehörigkeit. Doch viel darf man sich nicht erlauben, auch dann nicht, wenn man schon lange in der Firma tätig ist. Tendenziell gilt: Geld aus der Bürokasse zu klauen, geht gar nicht, einen Stift einzustecken, ist zwar nicht erlaubt, wenn es der Arbeitgeber nicht explizit duldet, fällt aber eher unter die Bagatelldelikte.

Arbeitgeber dürfen stichprobenartig kontrollieren, ob ihre Angestellten etwas eingesteckt haben, das nicht ihnen gehört. Auch können Unternehmen Verkaufsräume per Video überwachen, wenn Mitarbeiter und Kunden darüber Bescheid wissen. Gezielt dürfen Angestellte aber nur ausgespäht werden, wenn ein konkreter Verdacht besteht. Die Persönlichkeitsrechte der Angestellten wiegen schwerer als vage Vermutungen.

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