Wetter-Apps:Sturmwarnung

"Warum der Staat in einen funktionierenden Markt eingreifen will, ist mir völlig schleierhaft", sagt Justus Haucap. Der Professor für Wettbewerbsökonomie kritisiert die Pläne der Regierung, die Wetterdaten künftig kostenlos anzubieten.

Von Hannes Vollmuth

Es geht ums Wetter, Geld, um Daten und den Staat, um eine kostenlose Wetter-App für alle Bürger. Und es gibt Streit. Der Streit wird größer.

Den Plänen der Bundesregierung zufolge soll der Deutsche Wetterdienst (DWD) seine Wetter- und Klimadaten der Öffentlichkeit bald kostenlos zur Verfügung stellen dürfen. Auf welche Art das geschehen soll, ist nicht geklärt. Eine Wetter-App des staatlich finanzierten Wetterdienstes gibt es bereits. Und die mache Privatanbietern wie wetter.de oder wetter.com das Geschäftsmodell kaputt, so die Kritik des Verbandes Deutscher Wetterdienstleister (VDW). Die neuen Pläne würden die Situation noch einmal verschärfen.

"Warum der Staat in einen funktionierenden Markt eingreifen will, ist mir völlig schleierhaft", sagt Justus Haucap, Professor für Wettbewerbsökonomie an der Universität Düsseldorf. "Da wird ein unentgeltliches Angebot komplett werbefrei auf den Markt geworfen, was sollen die privaten Anbieter da machen?"

Haucap hat ein Thesenpapier zu den ökonomischen Konsequenzen verfasst. Darin kommt er zu dem Ergebnis, dass die geplante Gesetzesnovelle der Bundesregierung "in ihrer jetzigen Form aus ordnungspolitischer Sicht vollkommen verfehlt ist". Im Grunde, sagt Haucap, sei eine staatliche App für den Wetter-Markt ein Dumpingangebot. Arbeitsplätze und Innovation seien gefährdet.

Die Wetter-App der staatlichen Behörde DWD hat bereits 260 000 Euro gekostet

Seit Jahren streiten sich jetzt schon Wetterdienstleister und der Deutsche Wetterdienst über die Verwendung der Daten. Bisher mussten private Unternehmen dafür zahlen. Als der Wetterdienst vor eineinhalb Jahren selbst eine App auf den Markt brachte, sahen sich die Dienstleister noch mehr im Nachteil. Die Gesetzesänderung könnte jetzt eine Art Endpunkt der Debatte sein oder, wie es der Verband Deutscher Wetterdienstleister ausdrückt, den Markt richtig kaputt machen. Die Regierung spricht von "Open-Data" für jedermann.

Haucap vermutet, dass die geplante Gesetzesänderung mit der DWD-App zusammenhängt. "Die DWD-Wetter-App ist rechtlich zweifelhaft, und jetzt versucht man, das im Nachhinein zu rechtfertigen." Das streitet das zuständige Ministerium für Verkehr und digitale Infrastruktur ab: Die Wetter-App zu entwickeln, habe bis Oktober 2016 gut 260 000 Euro gekostet. "Zwischen der DWD-Gesetzesnovelle und dem laufenden Rechtsstreit um die Warnwetter-App des DWD besteht kein Zusammenhang."

Der Kölner Staatsrechtler Christian von Coelln kommt zu einer anderen Bewertung. Der Deutsche Wetterdienst, schreibt er, verwende Steuergelder, um Leistungen zu verschenken. Und zwar grundlos. "Ein Mangel an allgemein zugänglichen und erschwinglichen Wetterinformationen ist jedenfalls nicht zu beklagen."

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