Westliche Schneegeräte in Nordkorea:Schwäbische Pistenraupen für den Diktator

Westliche Schneegeräte in Nordkorea: Zwei Prinoth-Pistengeräte aus Südtirol und ein deutscher Pistenbully (Mitte) im nordkoreanischen Gebirge

Zwei Prinoth-Pistengeräte aus Südtirol und ein deutscher Pistenbully (Mitte) im nordkoreanischen Gebirge

(Foto: AFP)

Skifahren in einem Land, in dem Hunderttausende Hunger leiden, das klingt schon absurd. Doch das luxuriöse Wintersportresort von Nordkoreas Diktator Kim Jong Un wirft zudem unangenehme Fragen auf. Etwa: Wie kommen Pistenraupen von einem schwäbischen Sportartikel-Hersteller dorthin?

Von Max Hägler

Nordkoreas Machthaber Kim Jong Un zeigt sich gern als Sportfan. Vor einigen Wochen ist das wieder deutlich geworden, als Dennis Rodman bereits zum dritten Mal nach Pjöngjang reiste, in die Hauptstadt des politisch isolierten Landes. Der ehemalige US-Basketball-Star Rodman und der Diktator herzten sich, wie schon die Male zuvor. Rodman sagte zu seinem Gastgeber: " Er ist großartig, ich liebe den Mann." Und er versprach, zu Ehren Kim Jong Uns Geburtstag am 8. Januar ein Basketballspiel zu organisieren.

Keine Rede war da von der brutalen Hinrichtung von Kim Jong Uns Onkel einige Tage zuvor oder von dem andauernden Kriegsgetöse Nordkoreas. Sport lenkt eben ab - und vielleicht auch deswegen setzt der nordkoreanische Diktator dieser Tage auf eine weitere eher westlich, ja eigentlich dekadente Sportart: Das Regime hat am Dienstag dieser Woche ein luxuriöses Skiresort am Masik-Pass an der Westküste des Landes eröffnet - mit Militärparade und Luftballons.

Skifahren in einem Land, in dem Hunderttausende Hunger leiden, das klingt einigermaßen absurd. Und die Angelegenheit wirft unangenehme Fragen auf für europäische und amerikanische Unternehmen. Denn wie beim Basketball setzt Nordkorea auch beim Skisport auf den Westen - dabei gilt eigentlich ein strenges Embargo, nicht nur für Zentrifugen und andere atomwaffenfähige Anlagen, sondern auch für Sportgeräte und Luxusgüter.

Stützen Sportgeräte-Hersteller das Regime?

Doch auf Fotos der nordkoreanischen Nachrichtenagentur KCNA aus dem neuen Skigebiet sind moderne westliche Schneegeräte zu sehen: Ein roter Pistenbully Typ 100 des schwäbischen Herstellers Kässbohrer etwa - etwa 10 Jahre alt und noch 50.000 Euro wert - und zwei Walzgeräte der Südtiroler Firma Prinoth, die zum Leitner-Konzern gehört. Dazu fahren offenbar kanadische Schneemobile umher und italienische Schneekanonen sorgen für ein ansehnliches Weiß. Nur der Lift stammt wohl aus China, nachdem die Schweiz die Lieferung verweigert hat. Entsprechend stolz konnte ein Parteifunktionär bei der Eröffnung verkünden, dass das Resort "ein wertvolles Beispiel der tiefen Sorge der großen Arbeiterpartei für unsere Bürger" sei, damit die sich an den Annehmlichkeiten des Sozialismus erfreuen könnten.

Eigentlich verbieten die Regeln der Europäischen Union ausdrücklich die Ausfuhr solcher Annehmlichkeiten, unter anderem ist das festgelegt in der EG-Verordnung 329/2007: Neben "reinrassigen Pferden", Kaviar, Bleikristallgläsern ist dort auch der Export von "Sportartikel und -ausrüstung für Ski-, Golf-, Tauch- und Wassersport" untersagt. Ein ähnliches Embargo haben die Vereinten Nationen verabschiedet.

Brechen also Sportgeräte-Hersteller europäische Regeln und unterstützen damit indirekt das Regime und seinen sportbegeisterten Diktator, der einst selbst in der Schweiz das Skifahren gelernt haben soll?

Maschinen offenbar gebraucht beschafft

Nein, betonen sowohl Kässbohrer als auch Prinoth, denn die Geräte seien nicht von ihnen geliefert worden. "Wir möchten ausdrücklich festhalten, dass wir uns vom nordkoreanischen politischen System distanzieren und dieses in keiner Weise unterstützen", sagt eine Sprecherin des Südtiroler Raupenfabrikanten. Das Unternehmen habe keine Produkte dorthin verkauft oder geliefert.

Der deutsche Konkurrent Kässbohrer bestätigt zwar, dass es vor einiger Zeit eine Anfrage aus Nordkorea gegeben habe, betont aber zugleich, dass man kein Angebot geschickt und auch nichts verkauft habe. Der Export in Länder ohne eigene Vertreter werde über die Firmenzentrale in Laupeim geregelt und im Zweifel immer mit dem Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle besprochen, erklärt ein Sprecher. Man sei außerdem sicher, dass auch der chinesische Handelsvertreter keine Geräte ins Nachbarland verkauft habe.

Offenbar sind die Maschinen gebraucht beschafft worden in einem Land und von einem Händler, der sich nicht um internationale Embargos kümmert, vermuten die Pistengeräte-Hersteller. Und sind damit in einer ähnlichen Situation wie einst Daimler: Der schwäbische Autobauer musste sich vor einiger Zeit rechtfertigen, als in Fernsehaufnahmen von einer nordkoreanischen Parade unter anderem eine alte S-Klasse zu sehen war.

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