Werbung ohne Gewähr:Kärrnerarbeit für die Aktie

Prominente machen sich für Wertpapiere stark. Das erzeugt Aufmerksamkeit. Sicherer werden die Geschäfte dadurch aber nicht.

Thomas Öchsner

Franz Beckenbauer löffelte einst Knorr-Suppe und lächelt jetzt im Auftrag der Postbank. Günter Netzer macht sich für die Fondsgesellschaft Dit stark. Talkmaster Reinhold Beckmann wirbt für die Versicherung WWK.

Und sein Konkurrent Johannes B. Kerner schreibt derzeit deutsche Börsengeschichte: Erstmals seit der Schauspieler Manfred Krug für die Telekom-Aktie eintrat und die Brüder Thomas und Christoph Gottschalk über die Post-Aktie plauderten, trommelt im Fernsehen wieder ein Prominenter für einen Börsengang.

In einem der TV-Spots, bei dem Sönke Wortmann ("Das Wunder von Bern") Regie führte, zeichnet Kerner ein Flugzeug und versichert dabei treuherzig: "Wenn ich mein Geld mit Zeichnen verdienen müsste, würde ich wahrscheinlich nicht sehr weit kommen. Aber Aktien von Air Berlin, die zeichne ich ganz bestimmt."

Kerner - besonders glaubwürdig

Auch in Zeitungsanzeigen und auf Großplakaten hält der Fernsehmoderator seinen Kopf für die Billig-Fluglinie hin und erklärt: "Bei Aktien setze ich auf Sieger."

Werbung mit Größen aus dem Fernsehen ist beliebt - trotz des Risikos, dass die Marke vom Image des Prominenten überstrahlt wird. Besonders gefragt sind derzeit Sportler, gefolgt von Talkshow-Moderatoren. Die Deutschen halten Kerner dabei für besonders glaubwürdig.

Bei einer Umfrage des Gesamtverbands der Werbeagenturen im Herbst 2004 landete er immerhin auf Rang vier, einen Platz vor Thomas Gottschalk, aber hinter Günther Jauch, Rennfahrer Michael Schumacher - und Ex-Tennis-Star Steffi Graf.

Aktienexperten haben jedoch Zweifel, ob Kerner mit der Werbung für Air Berlin seine eigene Glaubwürdigkeit verbessern kann - denn bislang entpuppten sich die gut bezahlten Börsentipps von Prominenten als wenig zuverlässig.

Wer im Herbst 1996 Manfred Krug vertraute, hat bis heute mit seiner Telekom-Aktie - außer Dividenden - so gut wie nichts verdient. Der Kurs liegt gerade einmal ein paar Cent über dem damaligen Ausgabepreis.

Für Privatanleger, die den Ratschlägen der Gottschalk-Brüder folgten, sieht es nicht viel besser aus: Sie zahlten beim Börsengang im November 2000 für die Post-Aktie 20,50 oder 21 Euro. Am Mittwoch notierte das Papier bei knapp 21 Euro.

Kein Glück hatte auch Verona Pooth (früher Feldbusch), die ihr Gesicht für den Telefonauskunftsdienst Telegate ("Da werden Sie geholfen") herzeigte: Die Aktie hat seit dem Börsengang 1999 fast 30 Prozent an Wert verloren.

Aber nicht nur deshalb raten Aktionärsschützer bei Air Berlin zur Vorsicht. "Die Aktie ist gerade für Privatanleger, die sich womöglich von Kerner angesprochen fühlen, aber bislang wenig Erfahrung an der Börse gesammelt haben, viel zu riskant", sagt Markus Straub, Vorstand bei der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger (SdK).

Der Experte verweist auf den harten Wettbewerb gerade unter den Billig-Airlines und die jüngsten Pleiten in der Branche wie etwa der Schweizer Linie Swissair. Auch Jürgen Kurz von der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz (DSW) ist skeptisch: "Die Werbung von Kerner für Air Berlin suggeriert eine Sicherheit, die es nicht gibt.

Auch wenn es am deutschen Aktienmarkt zuletzt aufwärts ging, sind nach einem Börsengang keine Kursgewinne programmiert."

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