Werbung der Autohersteller:Fahrt in höhere Kreise

Mit ihren VIP-Flotten erreichen die Autohersteller häufig mehr Werbewirkung als beispielsweise mit TV-Spots. Denn das Image der Mächtigen und Wichtigen färbt auf Nobelkarossenhersteller wie Mercedes, BMW und Audi ab.

Karin Michaelis

Ein Gewinner des Deutschen Fernsehpreises 2007 steht bereits heute fest: BMW. Denn wenn Armin Mueller-Stahl, Iris Berben und Veronica Ferres mit Blitzlichtgewitter am roten Teppich empfangen werden, steigen sie aus einem BMW. Die Premium-Marke ist seit Jahren exklusiv für den Transfer der noblen Gäste zuständig.

135 Fahrzeuge, top-gepflegt, makellos poliert, in edlem Schwarz lackiert, rollten schon im vergangenen Jahr die Stars vors Kölner Coloneum. Es war einer der größten Einsätze der weiß-blauen VIP-Flotte, die 1500 Promis innerhalb weniger Stunden chauffierte, erzählt Carola Erlewein, die für den deutschen BMW-Markt Messen, Events und das Sportmarketing koordiniert.

Immer auf Wirkung bedacht

"Der BMW-Autocorso durch Köln gibt jedes Jahr so ein schönes Straßenbild", schwärmt sie. BMW ist eben immer auf Wirkung bedacht.

Entsprechende Bilder auf RTL und in der Presse sind Gold wert. Im Vergleich: Ein TV-Spot zur Primetime kann schon mal 40.000 Euro kosten. "Wir erreichen mit unseren Shuttle-Einsätzen nicht selten einen höheren Mediawert, als wir an Kosten einsetzen", hat Erlewein ausgerechnet.

Auch der Limousinen-Service für Politiker ist ein gutes Geschäft für die Autobauer. Denn täglich zeigen Nachrichtensendungen auf einem der vielen TV-Kanäle, wie die Polit-Stars in ihren Autos vor Kanzleramt, Parlament oder Ministerium heranrollen oder abreisen.

Adenauer verordnete den Dienstwagen Mercedes

Einst war es Konrad Adenauer, der den Behörden und Ministerien der jungen Bundesrepublik als Dienstwagen Mercedes verordnete. Auch die Kanzlermobile von Erhard, Kiesinger, Brandt, Schmidt und Kohl stammten noch aus Stuttgart. Und das Volk an den Fernsehgeräten verinnerlichte über Jahrzehnte: Wer Mercedes fährt, hat es geschafft.

Kein Wunder, dass auch Audi und BMW, lange Jahre Außenseiter im Kreis der Staatskarossen, in die obersten Zirkel der Macht drängten. Lobbyarbeit, hervorragende Kontakte zu Königshäusern und Regierungen sowie ein entsprechendes Luxusangebot sorgten in den vergangenen Jahren dafür, dass sich die Marken ihren Platz neben Mercedes eroberten.

Dass Angela Merkel sowie die Minister Sigmar Gabriel und Ulla Schmidt Audi, Wirtschaftsminister Michael Glos und EU-Kommissar Günter Verheugen BMW fahren, ist kein Geheimnis.

Der Glamour eines David Beckham

"Die sachlich-verantwortungs-bewusste Komponente einer Ministerin Ulla Schmidt ist dabei für uns genauso wichtig wie der Glamour eines David Beckham", sagt Bernd Quinzler, Leiter Audi-Sponsoring und Herr über eine silberne VIP-Flotte.

Stichwort Abstrahleffekt. "Für eine Premium-Marke ist es Pflicht, im Fuhrpark der Politik und auf einem bestimmten gesellschaftlichen Level präsent zu sein", erklärt Quinzler.

Fahrt in höhere Kreise

"Wer die Mächtigen und Wichtigen fährt, ist gesellschaftsfähig. Auch die großen Firmen orientieren sich ja an dieser Kleiderordnung." Als 1998 mit Gerhard Schröder zwei Audi A8 Einzug ins Kanzleramt hielten, kam das für die Ingolstädter daher einem Ritterschlag gleich. "Schröder war der erste Kanzler, der sich zur Marke Audi bekannte", sagt Quinzler.

Ein Zufall hat Audi den Weg aufs Staatsparkett geebnet. Gut 20 Jahre ist es her, dass Audi den Fahrservice beim Weltwirtschaftsforum in Davos zusammen mit BMW und Mercedes übernahm. Der damalige bayerische Ministerpräsident Franz-Josef Strauß, so will es die Anekdote, saß in einem BMW, der irgendwann wegen der winterlichen Straßenverhältnisse hängen blieb.

Beeindruckt vom Quattro-Antrieb

Der CSU-Chef stieg in einen Audi mit Quattro-Antrieb um - und war beeindruckt. "Seitdem hat Audi einen Fuß in der Politik", erzählt Quinzler.

In diesem Jahr stellen die Ingolstädter unter anderem den Shuttle-Service für den deutschen und portugiesischen EU-Ratsvorsitz - zum neunten Mal seit 1999.

Was bedeutet, dass die Crème de la Crème der europäischen Politik 2007 bei allen EU-Gipfeln, Nato-Konferenzen, Ministertreffen und, und, und in einem Auto der Marke mit den vier Ringen sitzt.

Solche internationalen Mega-Veranstaltungen - wie auch der G8-Gipfel im Juni in Heiligendamm, wo Audi und Mercedes gefahren wird - werden meist ein bis zwei Jahre im Voraus vergeben, denn da geht es um Logistik, Flexibilität und Sicherheit.

Der Aufwand ist immens

"Maximal zehn Events dieser Größenordnung fahren wir pro Jahr", erzählt Quinzler. Denn der Aufwand ist immens. Die VIP-Flotte umfasst 100 herkömmliche A8 in Langversion und 20 gepanzerte A8.

Bei Groß-Events sind immer alle im Einsatz. Bei Bedarf werden mehr zur Verfügung gestellt. 250 waren es bei einer Tagung von Weltbank und Internationalem Währungsfonds in Dubai. "Das bislang größte Projekt", sagt Quinzler.

Per Schiff wurde die Flotte damals in das 6000 Kilometer entfernte Emirat gebracht. In anderen Fällen sind es schon mal 20 Lkw, die die staatstragenden Limousinen zu ihrem Einsatzort transportieren.

Jede Minute ein Regierungschef

Für den EU-Lateinamerika-Karibik-Gipfel im vergangenen Jahr mussten 155 A8 nach Wien befördert werden. Es galt, drei Tage lang 65 Regierungs-, Nato- und Uno-Delegationen zu immer wieder neuen Veranstaltungsorten zu chauffieren. Jede Minute wurde irgendwo ein Regierungschef im Audi vorgefahren.

Fahrt in höhere Kreise

Auch bei BMW geht es darum, in Politik und Wirtschaft Gesicht zu zeigen: "Das ist BMW seinem Image als erfolgreicher Autohersteller schuldig", sagt Erlewein, die wie andere Firmenabteilungen auf eine zentrale Luxusflotte von rund 400 Fahrzeugen (5er, 7er, X5) zurückgreifen kann.

Daher sind die Münchner - sofern es in die eigene Event-Strategie passt - auch offen für Anfragen von außen. Sei es vom Deutschen Arbeitgebertag oder von Bundesparteitagen. Auch im Vorfeld des G8-Gipfels ist BMW beim Treffen der Wirtschaftsminister mit 20 bis 30 Fahrzeugen dabei.

Edel-Fuhrpark für eigene Events

Seinen Edel-Fuhrpark setzt BMW hauptsächlich aber bei eigenen Events ein - wie dem America's Cup oder dem Tennisturnier BMW Open. Gut 1500 Shuttle-Einsätze stehen für die VIP-Mobile pro Jahr an, darunter auch Fahrten für Einzelpersonen, etwa wenn ein US-Journalist für ein Vorstandsinterview vom Flughafen abgeholt wird.

Strauß und Davos sind ein gutes Beispiel dafür, wie prägend das persönliche Produkterlebnis ist. Die "indirekte Probefahrt", wie man bei BMW sagt, ist Auto zum Hören, Fühlen, Erleben.

Denn es geht den Autoherstellern ja auch darum, die VIPs als potenzielle Käufer zu gewinnen. "Durch den Limousinen-Service kommen wir mit der Top-Zielgruppe in Kontakt", bestätigt Quinzler. "So entsteht Begehrlichkeit."

Zidane kaufte mehrere Q7 und A8

Zum Beispiel bei Zinedine Zidane. Er ist seit seiner Zeit bei Real Madrid, der Verein wird seit Jahren von Audi gesponsert, überzeugter Audi-Fahrer und hat für seine Familie mehrere Q7 und A8 gekauft.

Auch das Sponsoring des FC Bayern hat einen "Nachhall von tausend Autos", verrät Quinzler. Über den Daumen gepeilt kommen etwa 50.000 VIPs über den Limousinen-Service mit Audi-Modellen in Kontakt. Meist Leute, die kaum Zeit haben, Werbung zu sehen. Oft genug auch Menschen, die das erste Mal in einem Audi sitzen.

Oder einem BMW. Aus eben diesem Grund legen die Münchner so großen Wert auf eigene Chauffeure und eine regelmäßige Schulung, die diese auf die Marke BMW, den Event und das Produkt einschwört. "Unsere Fahrer steuern den wichtigen Prozess der Begegnung mit der Marke BMW", sagt Erlewein. "Da ist Know-how und Niveau erforderlich. Die Chauffeure sollen sich schließlich mit dem Gast auf Augenhöhe unterhalten können."

"Kein Ersatz-Taxi"

Wobei es auch Audi immer um eines geht: "Wir wollen unsere Marke inszenieren, wie sind kein Ersatz-Taxi", sagt Quinzler. Die gesponserten Stars und Events sind dementsprechend handverlesen. Mit Künstlern wie Eminem hätte die Marke sicher ein Image-Problem. Die Tournee von Seal: passt. Herbert Grönemeyer: ja. Auch prüft Quinzler die Präsenz der Fahrzeuge vor der Bühne, checkt, ob es die Kartenkontingente gibt, et cetera.

Doch im Geschäft mit den Schönen und Reichen ist Fingerspitzengefühl gefragt. Als VW zur Echo-Verleihung statt der geplanten Phaeton-Parade 50 umweltfreundliche Polo Bluemotion zum Promi-Defilee schickte, gab's mächtig Zoff mit den Diven und ihren Plattenfirmen. Es leide der Glamour-Faktor der Veranstaltung, hieß es. Wie sollte sich Jennifer Lopez auch im hautengen Kleid aus dem Kleinwagen quälen und dann mit charmantem Lächeln über den roten Teppich schreiten?

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