Werbekampagne:"Willst du mich heiraten?"

Werbekampagne: Frau von heute: UBS-Kampagne von Annie Leibovitz.

Frau von heute: UBS-Kampagne von Annie Leibovitz.

(Foto: Annie Leibovitz)

Die Schweizer Großbank UBS will mit einer Imagekampagne näher an die Kunden ran. Dazu engagiert sie die bekannte US-amerikanische Fotografin Annie Leibowitz. Dahinter steckt eine strategische Neuausrichtung.

Von Charlotte Theile, Zürich

Es ist eine gigantische Imagekampagne, die die Schweizer Großbank UBS Anfang der Woche gestartet hat: Gemeinsam mit der US-amerikanischen Fotografin Annie Leibovitz will man näher an die Kunden, die ganz normalen Menschen, herankommen. Leibovitz, bekannt für ihre Porträts von Prominenten wie John Lennon und Yoko Ono, hat dafür drei Unternehmer fotografiert. Anders als man es sonst aus der Werbe-Ästhetik großer Banken kennt, werden sie weder beim Polieren ihrer Jacht noch beim Steuern des Privatjets gezeigt. Peter Thum, Eric Chang und Leticia Herrera polieren Möbel, ernten Gemüse oder schauen gedankenverloren aus dem Büro auf die Stadt zu ihren Füßen. Es gehe weniger darum, Geld zu verdienen, als etwas mit Leidenschaft zu tun, sagt einer. Oder man will ein Vorbild für die Kinder sein, über Umwelt- und Waffenprobleme nachdenken.

Dahinter stecke eine strategische Neu-Ausrichtung, betont Hubertus Kuelps, Kommunikationschef der UBS. Nach der Finanzkrise habe die Bank ihre Strategie umgestellt, setze nun weniger auf riskantes Investmentbanking und mehr auf weltweite Vermögensverwaltung. Außerdem sei das "Universalbanking" in der Schweiz, in dem die UBS traditionell gut aufgestellt sei, gestärkt worden. Und auch innerhalb der Bank habe sich einiges verändert. Johan Jervøe, Marketingchef, wird von Kuelps in einer Telefonkonferenz mit dem Zusatz vorgestellt, der Kollege arbeite gerade von daheim, man solle sich nicht wundern, falls man die Kinder im Hintergrund höre. "Unsere Recherche hat gezeigt, dass sich Kunden eher mit Unternehmern oder ähnlichen Personen identifizieren als mit einem Model vor einer Yacht", sagt Jervøe. Um möglichst viel Identifikation zu schaffen, hat man ein Video herausgebracht, das den Kunden nah kommen will.

"Gibt es den Weihnachtsmann wirklich? Willst du mich heiraten? Bin ich ein guter Vater? Wirst du zu Recht kommen, wenn ich nicht mehr da bin?" Dazu läuft "Hero" von Family of the Year - und zum Schluss meldet sich die UBS zu Wort: Bei einigen großen Fragen im Leben sei man nicht alleine. Die Bank ist überzeugt, genau damit den Nerv der Kunden zu treffen.

Für die Marken-Offensive macht das Geldinstitut 150 Millionen Franken locker

Die Videos sind derzeit vor allem auf Youtube und sozialen Medien abrufbar - auch das ist eine strategische Entscheidung. 70 Prozent der neuen Kampagne finde auf digitalen Kanälen statt, wie die UBS stolz verkündet. Das sei schließlich der Ort, an dem die Kunden seien. "Wir machen das, weil wir es in der digitalen Welt von heute können", heißt es von der Bank. Und: Andere Wettbewerber hätten "nach wie vor einen eher klassischen Zugang zu Medien". Ein fast schon aggressives Statement. Kuelps betont, die Kommunikation und der Ton in der Bank hätten sich verändert. Da, wo früher technokratische, komplizierte Erklärungen und seitenlange Briefe waren, versuche man jetzt, kurze, emotional ansprechende Worte zu finden. Denn: Wer seine Bank nicht richtig verstehe, werde misstrauisch und ungehalten. "Ein Wort als Überschrift ist besser als ein Satz. Es darf gerne klar sein - und auch gerne ein bisschen charmant", findet Kuelps.

Auch ein zweites Projekt mit Leibovitz lässt sich als Symbol für neue Wege deuten. Schon vor 15 Jahren feierte die Fotografin große Erfolge mit ihrer Ausstellung "Women", für die sie unterschiedliche Frauen porträtierte und - wie es damals hieß - "eine einzigartige Interpretation von Weiblichkeit" schuf. Nun soll "Women" in die zweite Runde gehen. Anfang 2016 beginnt Leibovitz in London mit einer Ausstellung, für die sie Frauen auf der ganzen Welt fotografieren wird. Nach und nach sollen die Werke auch in New York, Frankfurt, Zürich, Tokio und anderen wichtigen Finanzzentren gezeigt werden. Die UBS, die mit ihrer Art Collection bereits einen Namen in der Kunstszene hat, unterstützt Leibovitz. Da Leibovitz an den verschiedenen Ausstellungsorten weiter fotografiere, werde ein "globales Bild der Frau" gezeichnet, findet die UBS. Dass gerade eine Schweizer Privatbank mit jahrhundertealter Tradition eher ein männerdominiertes Umfeld sein könnte, lässt sich wohl trotzdem nicht bestreiten. Man sei ein "Spiegelbild der Gesellschaft", sagt Jervøe.

Die Reaktionen auf die neue Markenoffensive - die sich mit einem Budget von etwa 150 Millionen Schweizer Franken im normalen Rahmen bewegt - sind gespalten. In der Neuen Zürcher Zeitung etwa heißt es, kommuniziertes Image und Realität seien nicht im Einklang: "Sehr schade nun, dass die UBS zeitgleich zum Start der Dachkampagne ihre Gebühren erhöht hat. Und sehr schade, dass diese Erhöhung den Kunden wie üblich in einem verschachtelten Brief mitgeteilt wurde." Andere werfen dem Institut, das vor einigen Jahren mit staatlichen Geldern gerettet werden musste, Abzocke und Geldverschwendung vor. Wieder andere weisen auf die finanziellen Probleme hin, die Leibovitz vor einigen Jahren mit einer Gruppe hatte, die ihr Kredit gewährte - das passe ja ganz gut zur UBS.

Ein neues Image scheint da keine schlechte Idee zu sein.

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