Wendelin Wiedeking:Ein Abgang mit Stil

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Seine Entmachtung war unvermeidlich, doch im Abgang von der Porsche-Spitze beweist Wendelin Wiedeking Stil. Ein Symbol für Gier ist er nicht.

Hans-Jürgen Jakobs

Nein, er ist kein Wohlfühl-Manager wie der Karstadt-Kapitalvernichter Thomas Middelhoff, der selbst kurze Strecken im teuer geliehenen Firmenjet hinter sich brachte. Er ist auch nicht larmoyant wie die Quelle-Erbin Madeleine Schickedanz, die jetzt den Deutschen die Story auftischte, von 600 Euro im Monat zu leben. Und er ist erst recht nicht persönlich raffgierig wie der einstige Post-Chef Klaus Zumwinkel, der über Liechtenstein Steuern hinterzog.

Wendelin Wiedeking: Die Scholle war ihm stets näher als Wolke neun, auf der es sich manche aus Deutschlands Wirtschaftselite bequem machen. (Foto: Foto: ddp)

Wendelin Wiedeking hat als Porsche-Chef operativ verbissen und erfolgreich gearbeitet. Den Lohn der Mühe, ein Jahreseinkommen von bis zu 80 Millionen Euro, brachte er in soziale Stiftungen ein. Natürlich blieb der Manager im Lande und kultivierte als Bürger des schwäbischen Städtchens Bietigheim-Bissingen sein bodenständiges Leben. Die Scholle war ihm stets näher als Wolke neun, auf der es sich manche aus Deutschlands Wirtschaftselite bequem machen.

Und doch war der Abgang des promovierten Maschinenbauers nach 16 Jahren an der Spitze des Sportwagenbauers zum Schluss überfällig. Wendelin Wiedeking hatte sich zu sehr wie einer aus jener Spezies verhalten, für die ein Porsche-Cabrio nicht mehr als ein Statuspflichtsymbol ist - wie ein Investmentbanker eben.

Zusammen mit seinem Finanzchef Holger Härter, der jetzt logischerweise ebenfalls das Cockpit in Zuffenhausen räumen muss, verstieg sich der Manager in die börsengetriebene Übernahme des ungleich größeren VW-Konzerns. Damit verfuhr er sich im komplizierten Verbund der Familien Porsche und Piëch.

Am Ende hatte Porsche zu viele Schulden und war abhängig von Banken geworden. Da brauchte es einen Befreiungsschlag. Als wichtige Marke im VW-Konzern hat der Sportwagenbauer nun vermutlich seine Zukunft.

Wiedeking wusste natürlich, dass er im härterer gewordenen weltweiten Wettbewerb der Autoriesen nicht in seiner schwäbischen Enklave alleine bleiben konnte. Als Partner der ersten Wahl bot sich schon immer VW an. Gescheitert ist er am Ende an einem bizarren Machtkampf. Das kann nicht den Blick lenken von seinen historischen Verdiensten.

Aus dem einstigen Pleitekandidaten Porsche hat Wiedeking seit 1992 - damals wurde er Vorstandssprecher - einen gut verdienenden, stolzen Nischenanbieter gemacht. Bei Arbeitsbeginn hatte sich der Manager das Recht ausbedungen, 0,9 Prozent vom Gewinn als persönliches Salär zu erhalten - 0,9 Prozent des Kapitals wären für ihn noch besser gewesen. Dann hätte er einem wie VW-Patron Ferdinand Piëch als echter Unternehmer entgegentreten können, nicht nur als leitender Angestellter.

Es ist eine Ironie seines Schicksals, dass sich Wiedeking stets öffentlich gegen Subventionen ausgesprochen hat - und zuletzt in der Not um Kredite der öffentlichen KfW-Bankengruppe betteln musste. Seinen Erfolg hatte der Meister der Motoren mit technischer Präzision und moderner Organisation geschafft, die er elegant von den Japanern abkupferte. So wurde Wiedeking auch Held seiner Arbeiter. Für sie wird die Eingliederung in Wolfsburger Verhältnisse besonders bitter.

Was der geschasste Porsche-Chef nicht verdient hat, ist eine Eingliederung in die Galerie umstrittener Unternehmer, die in der Öffentlichkeit als Galionsfiguren der Gier gelten. Erste Tatarenmeldungen, Wiedeking erhalte 250 Millionen Euro als Abfindung, deuteten in die Richtung. Tatsächlich bekommt er 50 Millionen, von denen die Hälfte in eine neue gemeinnützige Stiftung am Firmenstandort Zuffenhausen fließen. Darüber hinaus erhalten drei Journalisten-Organisationen insgesamt 1,5 Millionen Euro - damit sollen notleidende Journalisten im Alter unterstützt werden.

Es ist ein Abgang mit Stil nach all den Wochen stilloser Demontage und Selbstdemontage. Sein Ehrgeiz hat Wendelin Wiedeking, der schon mit 15 Jahren angekündigt hat, er wolle mit 30 die erste Million haben, weit geführt. Weit weg von seinem westfälischen Heimatort Beckum in die Spitze der deutschen Wirtschaft, wo der bullige Emporkömmling jedoch immer Außenseiter blieb. Angst hatte er nach eigenen Worten nie, und gewinnen wollte er auch immer. Damit macht man sich Feinde.

Nun ist es anders gekommen - aber die größten Selbsterkenntnisse gewinnt man ohnehin nicht im Triumph, sondern im Moment der Niederlage. Das ist im Fall Porsche nicht anders.

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