Davos:Merkel stellt sich gegen US-Präsident Trump

  • Die Kanzlerin setzt bei ihrem Auftritt beim Weltwirtschaftsforum in Davos ein Signal gegen Protektionismus.
  • Von der EU erwartet sie, in der Außenpolitik enger zusammenzuarbeiten.
  • Weitere Redner argumentieren ähnlich.

Von Thomas Fromm und Andrea Rexer, Davos

Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat vor Populismus und zunehmendem Protektionismus in der Weltwirtschaft gewarnt und damit der Politik von US-Präsident Donald Trump eine Absage erteilt. "Wir glauben, dass Abschottung uns nicht weiterführt", sagte sie beim Weltwirtschaftsforum im schweizerischen Davos. "Wir glauben, dass wir kooperieren müssen", so die Kanzlerin. Es sei gefährlich, "in nationale Lösungen zu flüchten", warnte Merkel. Zuvor hatte auch der italienische Regierungschef Paolo Gentiloni in Davos vor Abschottung gewarnt. Es sei ein "legitimer Wunsch von politischen Führungskräften, dass sie ihre Bürger, ihre Unternehmen, ihre Wirtschaft schützen wollen", sagte er, aber es gebe klare Grenzen. So müssten internationale Regeln zum Freihandel und multilaterale Entscheidungen respektiert werden.

Mit ihren Plädoyers für internationale Kooperation und freien Welthandel gehen Merkel und Gentiloni auf Distanz zum US-Präsidenten, der am Freitag in Davos sprechen wird. Erwartet wird, dass Trump dabei sein Motto "America first" (Amerika zuerst) in den Vordergrund stellen wird.

Der US-Präsident lehnt multilaterale Freihandelsabkommen ab und stellt unter anderem den Nafta-Vertrag mit Kanada und Mexiko infrage. Noch kurz vor seinem Abflug nach Europa hatte Trump Strafzölle auf ausländische Produkte verhängt. Auf die Frage, ob dies nicht zu weltweiten Handelskriegen führe, antwortete US-Handelsminister Wilbur Ross am Mittwoch in Davos mit drastischen Worten: Handelskriege würden schon seit einiger Zeit "jeden Tag ausgefochten". Nur, dass nun "die US-Truppen gegen die Festungen antreten" würden.

Dem will Merkel ein stärkeres Europa entgegensetzen und fordert daher unter anderem eine engere Zusammenarbeit der EU-Staaten in der Außen- und Sicherheitspolitik. Europa müsse sein "Schicksal mehr in die eigene Hand nehmen", sagte sie. Die einheitliche europäische Außenpolitik sei "noch nicht ausreichend entwickelt", obwohl viele Konflikte direkt "vor unserer Haustür" stattfinden. Man müsse dafür sorgen, dass sich die "Fehler des 20. Jahrhunderts" mit seinen zwei Weltkriegen nicht wiederholten.

Merkel hat Geduld gelernt

Zu den umfassenderen EU-Reformvorschlägen des französischen Präsidenten Emmanuel Macron und eine mögliche Neuauflage des Élysée-Vertrags äußerte sich Merkel nicht, räumte aber ein, dass mit Macron "noch einmal Schwung in die Europäische Union gekommen" sei.

Macron selbst sagte in seiner Rede, er wolle mit einem starken Europa auf die Politik Trumps reagieren. Unter anderem forderte er in Davos einen Zehn-Jahres-Plan für ein neues Europa, das eine Rolle spielen müsse gegenüber China und den USA. Dabei müssten die großen Themen angegangen werden: Einwanderung, saubere Energien, Verteidigung, Digitales. Die Eliten stünden in der Pflicht, zu investieren und gegen wachsende Ungleichheiten vorzugehen. "Wenn wir in Europa nicht zusammenarbeiten, denken wir nur noch an unsere eigenen Interessen. Das fördert eine Abwärtsspirale", sagte er.

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