Weltwirtschaft:US-Bürger trauern - und sollen doch Hoffnungsträger sein

Die Anschläge auf das World Trade Center und das Pentagon haben die Amerikaner in Trauer und Angst versetzt. Ökonomen fürchten nun eine Rezession.

Martin Hesse

An den internationalen Finanzmärkten ist nach dramatischen Kursverlusten am Tag des Terrorangriffs auf die USA vorerst etwas Ruhe eingekehrt.

Doch ist die Nervosität noch immer groß. Noch haben die US-Börsen den Handel nicht wieder aufgenommen, noch ist offen, welche Auswirkungen die Katastrophe auf die amerikanische und globale Wirtschaft hat.

Einer Schlüsselrolle kommt dabei Menschen zu, die zur Zeit andere Sorgen haben als das Wohl der Weltkonjunktur: Die US-Verbraucher.

Nach den Ereignissen vom Dienstag seien die Amerikaner nicht im Konsum-Rausch, sagte am Donnerstag der Chefvolkswirt der Deutschen Bank, Norbert Walter. Vielmehr sei Zurückhaltung das Gebot der Stunde.

Am Rande der Rezession

Was aus der Sicht eines jeden einzelnen Amerikaners nur zu verständlich ist, könnte in der Summe die wirtschaftliche Entwicklung weltweit beeinträchtigen. Bereits vor den Ereignissen vom 11. September standen die USA am Rande einer Rezession. Die Unternehmen bauten Arbeitsplätze und Überkapazitäten ab, neue Investitionen wurden so gut wie gar nicht getätigt, das Wachstum lag im zweiten Quartal nur noch bei 0,2 Prozent.

Dass die Wirtschaft bislang nicht geschrumpft ist, lag daran, dass die amerikanischen Verbraucher fleißig weiter konsumierten. Sie glaubten daran, dass der Abschwung bald vorübergehen werde und schränkten sich nicht nennenswert ein.

Doch die Zerstörung des symbolträchtigen World Trade Center wird zumindest vorübergehend die Konsumlust der Amerikaner ersticken, möglicherweise haben die Attacken das Vertrauen in die Wirtschaftskraft der USA auch nachhaltig erschüttert.

Bricht die Verbrauchernachfrage in den USA jedoch weg, wäre eine Rezession wohl nicht zu verhindern - nicht nur in den USA.

Auch Europa betroffen

Für Deutschland und Europa hätte ein solches Szenario einen Rückgang der Exporte zur Folge. Schon bestätigen erste Unternehmensmeldungen diese Erwartung: So erwartet der französische Luxusgüterkonzern LVMH erhebliche Einbußen im US-Geschäft. Auch deutsche Exporteure - etwa die Autohersteller - könnten die schwächere Nachfrage zu spüren bekommen.

Wie das europäische Statistikamt am Donnerstag meldete, ist jedoch bereits im zweiten Quartal das Wachstum in der Eurozone praktisch zum Stillstand gekommen. Einen weiteren Rückschlag dürfte auch die hiesige Wirtschaft kaum verkraften. Eine Rezession ist weltweit wahrscheinlicher geworden.

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