In Japan wird alles mehrfach verpackt, im Supermarkt ausschließlich in Plastik. Abgepacktes Fleisch, Gemüse, Fisch sowieso, oft sogar eingeschweißt, wird von der Kassierin beim Zahlen noch einmal verpackt: in kleine Plastiktütchen. Dann legt sie dem Kunden normale Plastiktüten in den Korb, meist eine zu viel. Wer keine Tüte will, erhält einen erstaunten Blick und 2 Yen Preisnachlass, etwa 1,5 Cent. Ein Anreiz ist das nicht.
Die meisten Japaner gehen deshalb ohne Beutel einkaufen. Jute-Taschen sind selten und exotisch, da und dort gibt man sie als Einweg-Tasche ab. Hinter den Supermarkt-Kassen stehen Tütchen-Rollen, an denen sich die Kundinnen bedienen. Sie verpacken das mehrfach Verpackte noch einmal. Viele Mütter kaufen mit dem Elektro-Fahrrad ein, dessen Kindersitze sich in einen Warenkorb verwandeln lassen. Sie bräuchten keine Tüten. Alte Leute haben einen Einkaufswagen, auch sie kämen ohne Plastiktüten aus, die bestenfalls noch als Mülltüten Verwendung finden. Aber daran scheint niemand zu denken. Die Verpackung ist umso aufwendiger, je edler sich ein Laden gibt. Bei der Kaffee- und Delikatessenkette "Kaldi" wird der Kunde gefragt: "Papier oder Vinyl?". Dabei gibt "Kaldi" lieber Vinyl ab, also Plastiktüten: Sie sind billiger.
Verpackung ist in Japan enorm wichtig: Das schönste Geschenk taugt nichts, wenn es nicht mehrfach edel eingewickelt ist. Dagegen freuen sich die Japaner über wertlosen Kitsch, wenn er kunstvoll verpackt ist. Außerdem haben die Japaner, obwohl sie sich für Recycle-Weltmeister halten, eine Abneigung gegen Gebrauchsgegenstände, die gebraucht aussehen.
Zerknitterte Plastiktüten zum Beispiel. Ausgerechnet in Japan, wo es vor 200 Jahren Gesetze zum sparsamen Umgang mit Rohstoffen und Holz, also Energie, gab, bedeutet Recycling heute, dass man den Müll sortiert und für Sondermüll Gebühren zahlt. Dass Plastiktüten Verschwendung sind, hat das japanische Bewusstsein noch nicht erreicht.