Weltweite Wirtschaftsentwicklung:Weniger Wachstum, mehr Arbeitslose

Tagelöhner trägt Reissack auf Landwirtschaftsmarkt

Die Finanzkrise hat bereits 61 Millionen Jobs vernichtet. Viele Menschen müssen daher jede Arbeit annehmen - und sei es als Tagelöhner.

(Foto: dpa)
  • Seit dem Ausbruch der Finanzkrise sind mehr als 61 Millionen Jobs verloren gegangen, rechnet die Welt-Arbeitsorganisation ILO vor - und die Zahl dürfte weiter steigen.
  • Dabei wachsen inzwischen auch in den Industrieländern die Einkommensunterschiede zwischen den Bevölkerungsgruppen. Arm und Reich driften auch hier immer schneller auseinander.
  • Zugleich veröffentlichte der Internationale Währungsfonds kurz vor Beginn des Wirtschaftsforums in Davos eine deutlich pessimistischere globale Konjunktur-Prognose.

Zahl der Arbeitslosen steigt bis 2019 weiter

Auch mehr als sechs Jahre nach dem Ausbruch der Finanzkrise nimmt die Arbeitslosigkeit weltweit immer noch zu. Die Zahl der Menschen ohne Job werde bis 2019 von derzeit 201 Millionen auf dann 212 Millionen steigen, warnte die Internationale Arbeitsorganisation (ILO) kurz vor Beginn des Weltwirtschaftsforums in Davos.

Allein in diesem Jahr wird die Zahl der Arbeitslosen weltweit voraussichtlich um drei Millionen zunehmen. Besonders stark seien laut ILO Jugendliche betroffen: Fast 74 Millionen Menschen zwischen 15 und 24 Jahren seien 2014 vergeblich auf der Suche nach Arbeit gewesen.

Schwaches Wachstum hält an

Hauptgrund für den weiteren Anstieg der Arbeitslosigkeit sei, dass die meisten Volkswirtschaften nicht ausreichend wachsen. "Mehr als 61 Millionen Jobs sind seit Beginn der globalen Krise im Jahr 2008 verloren gegangen", sagte ILO-Generaldirektor Guy Ryder zur Veröffentlichung der jährlichen Trendstudie der UN-Sonderorganisation zur Entwicklung der Arbeitsmärkte. "Die Jobkrise ist also längst nicht vorbei, es gibt keinerlei Grund für Selbstgefälligkeit", sagte Ryder. Zwar habe sich die Lage in den USA, Japan und einigen Ländern Europas verbessert - in Südeuropa gehe die Arbeitslosigkeit jedoch nur sehr langsam zurück.

Arm und Reich driften auseinander

Besorgniserregend ist nach Einschätzung der ILO auch das weitere Anwachsen der Kluft zwischen Arm und Reich. Während die Einkommensunterschiede in Entwicklungsländern seit langem besonders groß seien, nähmen sie inzwischen auch in den Industriestaaten immer stärker zu. Im globalen Durchschnitt würden mittlerweile bis zu 40 Prozent aller Einkommen auf die reichsten zehn Prozent der Bevölkerung entfallen. Hingegen kämen die ärmsten zehn Prozent insgesamt nur auf zwei Prozent der weltweiten Einkommen.

Appell an Europa

Die ILO appellierte vor allem an die europäischen Regierungen, wirtschaftliches Wachstum stärker zu unterstützen. Besonders in der Euro-Zone seien Maßnahmen zur Stärkung der Nachfrage, gezielte Investitionen zur Schaffung von Jobs und eine Geldpolitik nötig, die die Kreditvergabe für die Realwirtschaft ankurbelt.

Düstere Aussichten vom IWF

Besserung dürfte aber - zumindest im globalen Maßstab - nicht in Sicht sein. So senkte der Internationale Währungsfonds (IWF) seine Prognosen für das weltweite Wirtschaftswachstum im laufenden Jahr auf 3,5 Prozent und im kommenden Jahr auf 3,7 Prozent. Das wären jeweils 0,3 Prozentpunkte weniger als bisher angenommen.

Zwar sei der gefallene Ölpreis von Vorteil, allerdings wirkten sich Faktoren wie geringere Investitionen negativ aus. Für die Euro-Zone sagte der IWF ein Wachstum in Höhe von 1,2 Prozent voraus, das wären 0,2 Punkte weniger als zuvor prognostiziert. Auch bei China zeigte sich der Währungsfonds pessimistischer: Die dortige Wirtschaft dürfte demnach in diesem Jahr um 6,8 Prozent wachsen. Für Russland zeichnete der IWF ebenfalls ein düsteres Bild. Das Land leidet unter den gefallenen Ölpreisen sowie unter den Wirtschaftssanktionen wegen des Ukraine-Konflikts. Der IWF geht davon aus, dass die russische Wirtschaft in diesem Jahr um drei Prozent einbricht.

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