Weiterer Siemens-Vorstand unter Verdacht:Pierers Verantwortung

Nachdem der frühere Siemens-Vorstand Heinz-Joachim Neubürger ins Visier der Justiz geraten ist, wächst auch der Druck auf Aufsichtratschef Heinrich von Pierer: Neubürger war früher sein engster Vertrauter.

Marc Beise

Der Korruptionsskandal bei Siemens beschädigt den Weltkonzern mehr, als es dem laufenden Geschäft gut tut. Der Ansehensverlust ist enorm, die Kosten sind hoch und die Gedanken vieler Mitarbeiter nicht bei der Sache. Die Konzernführung um Vorstandschef Klaus Kleinfeld beteuert, allem Unheil auf den Grund gehen zu wollen und hat dafür eigens unbestechliche Ermittler eingestellt.

Wenig glaubwürdige Position

Sie hält aber auch an der Version fest, es habe sich bei den schwarzen Kassen und Schmiergeldzahlungen von möglicherweise mehr als 400 Millionen Euro um Einzelfälle gehandelt, die nicht das Unternehmen insgesamt geprägt hätten.

Diese Position ist nach wie vor nicht sehr glaubwürdig. Der Druck wächst, besonders auf den Aufsichtsratsvorsitzenden Heinrich von Pierer. Er sieht keinen Anlass für persönliche Konsequenzen, obwohl die meisten der von Staatsanwälten in akribischer Arbeit ermittelten Unregelmäßigkeiten in seine Zeit als Vorstandschef fallen.

Jetzt befassen sich die Strafverfolger bereits mit Pierers langjährigem Vertrauten Heinz-Joachim Neubürger. Dieser war als Finanzchef die Nummer zwei des Konzerns und galt als Kandidat für den Chefposten, ehe er im Mai 2006 völlig überraschend "aus privaten Gründen" ausschied.

Ein Beschuldigter ist nicht automatisch Täter, auch für Neubürger gilt die Unschuldsvermutung. Aber die Staatsanwälte handeln nicht leichtfertig, sie wissen um die Brisanz, wenn sie den Kreis der Beschuldigten bis in die ehemalige Siemens-Spitze hinauf ausdehnen.

Pierer täte gut daran, die moralische Verantwortung für die Vorgänge damals zu übernehmen und sich mit Würde aus der ersten Reihe zu verabschieden. Wenn es dafür nicht schon zu spät ist.

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