Weiterer Kauf von Steuer-Daten:NRW kauft Steuer-CD und verärgert die Bundesregierung

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Nordrhein-Westfalen zeigt sich unbeeindruckt von Protesten der Bundesregierung und kauft eine zweite CD mit Daten deutscher Steuersünder, die ein Schweizer Bankkonto haben. Finanzminister Schäuble ist verärgert, NRW kontert: Die Fahnder gingen nur ihrer Pflicht nach.

Bernd Dörries und Claus Hulverscheidt

Die Steuerfahndung Wuppertal hat trotz aller Proteste der Bundesregierung erneut eine CD mit den Daten mutmaßlicher deutscher Steuerhinterzieher mit Schweizer Bankkonto gekauft. Das bestätigten Regierungskreise am Mittwoch in Düsseldorf.

Trotz aller Proteste hat die Steuerfahndung Wuppertal eine weitere Steuer-CD gekauft. Der Streit zwischen Deutschland und Schweiz verschärft sich dadurch. (Foto: dpa)

Nordrhein-Westfalen verschärft damit den Streit mit dem Bund und der Schweiz, die der Ansicht sind, dass das beschlossene, vom deutschen Bundesrat aber noch nicht ratifizierte Steuerabkommen zwischen beiden Ländern den Ankauf weiterer Daten verbietet. Anfang der Woche war bereits der Kauf von Daten der Schweizer Coutts-Bank bekannt geworden, betroffen sind etwa 1000 Kunden.

"Unsere Steuerfahnder sind schon Amts wegen dazu verpflichtet, alle Anhaltspunkte auf Steuerstraftaten zu überprüfen - auch die auf Daten-CDs", sagte der Staatssekretär im Düsseldorfer Finanzministerium, Rüdiger Messal. "Daran würde selbst ein Inkrafttreten des Steuerabkommens mit der Schweiz nichts ändern."

Dieses verbiete lediglich die aktive Beschaffung von Kundendaten, der Steuerfahndung würden aber ständig Sätze angeboten. Von einem Affront gegen die Schweiz könne keine Rede sein. Das Vorgehen der Steuerfahnder richtet sich nicht gegen die Schweiz, sondern gegen deutsche Schwarzgeldbesitzer und ihre Helfer in Banken.

Durch den erneuten Ankauf von CDs sei auch die Zahl der Selbstanzeigen wieder gestiegen, nachdem sie in Erwartung des Abkommens mit der Schweiz stark zurück gegangen war. Von Anfang Juni bis Anfang Juli seien 93 solcher Anzeigen eingegangen, erklärte das Landesfinanzministerium. In den Vormonaten hätten sich lediglich etwa 20 Steuersünder selbst gemeldet. Insgesamt haben sich 6370 Bürger seit Frühjahr 2010 selbst angezeigt und dem Land damit etwa 300 Millionen Euro mehr an Steuereinnahmen beschert.

Dennoch verschärfte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble (CDU) seine Kritik an Nordrhein-Westfalen. Statt dauernd Datensätze zu kaufen, solle das Land lieber seinen Widerstand gegen das Steuerabkommen aufgeben. "Wenn das Abkommen nicht zustande kommt, ändert sich an dem aktuellen, überaus unbefriedigenden Gesetzeszustand nichts", sagte er der Rheinischen Post. Auch verlöre die öffentliche Hand in Deutschland viel Geld, weil immer mehr Steuerdelikte verjährten.

Schäuble verteidigte auch sein Vorhaben, deutschen Steuerhinterziehern mit Schweizer Bankkonto lediglich eine nachträgliche Pauschalzahlung abzuverlangen und auf die Offenlegung ihrer Identitäten zu verzichten. "Die Schweiz will nicht rückwirkend Informationen ihrer Kunden weitergeben, weil dies für die Schweiz ein Rechtsbruch wäre", sagte er. "Wenn wir in Deutschland das Steuerrecht rückwirkend verändern würden, bekämen wir auch Probleme mit dem Verfassungsgericht. Das müssen wir akzeptieren."

Kritik an Schäuble

Aber auch gegen den Minister wurden erneut harsche Vorwürfe laut: "Man kann sich über die erneute Kritik Schäubles am Ankauf einer weiteren Steuer-CD nur wundern: Deutsche Finanzbeamte versuchen geltendes Steuerrecht durchzusetzen und ernten dafür Kritik des Bundesfinanzministers", sagte der finanzpolitische Sprecher der SPD-Bundestagsfraktion, Joachim Poß.

Dass Schäuble mit der Schweiz einen Passus vereinbart habe, der angeblich den Ankauf von Steuerdaten verbietet, lasse nur zwei Schlüsse zu: Entweder wolle die Schweiz Kriminelle schützen, oder aber die Bundesregierung habe auch in diesem Punkt einfach schlecht verhandelt.

"Generell gehört das Abkommen wegen seiner zahlreichen Schwachpunkte in die Tonne: Das Steuerabkommen stellt einen starken Verstoß gegen die Steuergerechtigkeit und ein unvertretbares Entgegenkommen gegenüber Steuerkriminellen dar. Schlimmer noch: Es ermöglicht Steuerkriminellen nach wie vor, ihr Geld unerkannt aus der Schweiz in andere Steueroasen zu schaffen", kritisierte Poß.

© SZ vom 19.07.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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