Weiterbildung:Wer passt zu mir?

Paris France, Inside National French Library Oval Reading Room 'Bibliotheque National de France' Richelieu Site / Credit Architect 'J L Pascal'

Immerhin: Der Eintritt in die Bibliothek ist vielerorts kostenlos. Die Nationalbibliothek Frankreichs in Paris.

(Foto: mauritius images/Directphoto Collection/Alamy)

Eine berufsbegleitende Weiterbildung im Ausland bringt international gute Kontakte, aber man muss die richtige Business School finden.

Von Marcel Grzanna

Lino Jahnke musste nicht lange überlegen. Er war damals erst Mitte 20, noch ohne Kinder, und die Firma, für die er arbeitete, ermutigte ihn, sich berufsbegleitend in der Betriebswirtschaftslehre fortzubilden. Noch dazu gegen Übernahme aller Kosten durch den Arbeitgeber. Der Berliner nahm die Chance dankbar an. Vier Jahre lang bereitete er sich auf die Bachelor-Prüfung vor. Er paukte daheim, nach dem Tag im Büro, wählte sich dienstags und donnerstags abends in die Telefonkonferenzen mit den Professoren ein und reiste einmal im Monat für ein verlängertes Wochenende aus der Hauptstadt zu den Präsenzseminaren nach Bonn.

"Der Aufwand hat sich auf jeden Fall gelohnt", sagt Jahnke, inzwischen Vater von zwei Kindern. Dabei wechselte er schon zwei Jahre nach seinem Abschluss die Branche. Statt Versicherungen verkauft er nun Nutzfahrzeuge. Das war ärgerlich für seinen damaligen Arbeitgeber, weil von der Investition in den Mitarbeiter nun ein anderes Unternehmen profitiert. Für Jahnke aber macht sich der große Praxisbezug des Studiengangs, der neben der theoretischen Lehre auch Menschenführung, Ethik oder Verkaufsstrategien vermittelte, auch beim Vertrieb von Reisebussen bezahlt. Deshalb sein Fazit: "Ich würde es noch einmal machen, wenn sich eine Chance auf Weiterbildung ergibt. Ich glaube, man muss heutzutage mit der Zeit gehen."

Tatsächlich sind berufsbegleitende Studiengänge inzwischen ein fester Bestandteil von Business Schools und Fachhochschulen in ganz Deutschland. Das Angebot ist so groß, dass es schwerfallen kann, sich das Geeignete herauszusuchen. Zumal die Weiterbildung bares Geld kostet. Lino Jahnke hatte es vergleichsweise leicht. Sein Arbeitgeber hatte ihm das passende Angebot gemacht. Doch andere suchen auch ohne Unterstützung der eigenen Vorgesetzten eine neue Herausforderung. Manche sehen sich auch gezwungen, akademische Bildung nachzuholen, um im Gerangel um gute Jobs auf dem Arbeitsmarkt nicht zu kurz zu kommen.

Experten empfehlen bei der Suche nach dem richtigen Programm zuallererst die eigene Zielsetzung als Maßstab zu nehmen. Was soll die Weiterbildung konkret bewirken? Will ich mehr Geld verdienen, ein bisschen mehr Verantwortung übernehmen, vielleicht sogar die Branche wechseln, oder will ich mir selbst einfach nur etwas beweisen? Und welchen Aufwand kann ich mir getrost sparen, wenn ich mir klar geworden bin, was ich eigentlich genau möchte? Viele Business Schools stellen sich und ihr Angebot online bereits detailliert vor. Wem das nicht ausreicht, der sollte unbedingt seine präzisen Fragen an die Schule richten, egal ob sie inhaltlicher oder organisatorischer Natur sind. Bestenfalls trifft man Repräsentanten der Schulen persönlich, um ein Gefühl zu bekommen, ob man zueinander passt. Im Internet gibt es zudem Portale, die spezifisches Fachwissen bei den Interessenten abfragen und auswerten, um ihnen basierend auf den Resultaten bei der Suche nach einer passenden Einrichtung zu helfen.

Anhand von Gütesiegeln können die Suchenden zudem gewisse Standards erkennen, die von den Anbietern erfüllt werden. Als höchste Ebene gilt die Dreifach-Krone, die für die Akkreditierung durch die drei international wichtigsten Zertifizierer steht. Von den weltweit knapp 13 700 Business Schools können aktuell nur 89 diese Auszeichnung vorweisen, darunter aus Deutschland die Business School der Mannheimer BWL-Fakultät, die School of Management der TU München sowie die ESMT und die ESCP Europe in Berlin. Doch die Suche nach der idealen Einrichtung ist auch eine Frage des Geldbeutels und der eigenen Ziele, und dazulernen kann man auch dort, wo weniger Gütesiegel bürgen. Wer darüberhinaus seine Kontakte oder sogar sein Geschäft internationalisieren will, dem bieten sich gute Möglichkeiten im Ausland.

Ramón Sánchez aus Andalusien im Süden Spaniens hat sich für ein MBA-Programm an der renommierten Cass-Business School an der City, University of London eingeschrieben. Er ist bereits Inhaber eines Doktortitels in Rechnungsprüfung und betreibt eine eigene Buchhaltungsfirma. Unter den zwölf Absolventen seiner Klasse befinden sich neben wenigen Briten auch einige Amerikanerinnen, ein Inder, ein Ägypter, eine Chinesin und eine Malaysierin. Um der Globalisierung ihrer Branche Rechnung zu tragen, organisierte die Cass mehrtägige Studienreisen nach Vietnam und Kuba. Die Idee dahinter: Die MBA-Kandidaten sollen Kultur, Mentalität und Herausforderungen in schnell wachsenden und sich verändernden Volkswirtschaften kennenlernen, um bei der Expansion ihres Geschäfts oder dem Ausbau der eigenen Karriere auf einen größeren Erfahrungsschatz auch in Schwellen- oder Entwicklungsländern zurückgreifen zu können. "Ich bringe mein Fachwissen auf den neuesten Stand der Dinge, lerne viele Firmenchefs aus aller Welt kennen und erweitere so mein Netzwerk", sagt Sánchez.

Der MBA an der Cass hat allerdings seinen Preis. Finanziell und zeitlich. 50 000 Britische Pfund kostet die zweijährige Ausbildung. Nicht enthalten darin sind die Kosten für die Trips nach Vietnam und Kuba oder die Dutzenden Anreisen aus Spanien nach London für die Präsenzseminare, die ein- bis zweimal im Monat über vier Tage in Englands Metropole stattfinden. Etwa 15 Stunden kommen pro Woche für Lernen und Hausarbeiten hinzu, rechnet Sánchez. Wer all das stemmen will, benötigt viel Energie, besonders wenn auch der Arbeitsalltag und das Familienleben ihren Tribut fordern.

"Wenn ich aus London zurück nach Hause komme und wieder im eigenen Büro sitze, dann fühlt sich das fast an wie Urlaub", sagt Sánchez. Während andere Teilnehmer sich während der Seminare ausschließlich auf den Stoff konzentrieren können, klingelt bei dem Spanier ständig das Telefon, und er muss sich zusätzlich um zahlreiche Angelegenheiten in seiner Firma kümmern. Zurück zu Hause verlangen zwei kleine Töchter die Aufmerksamkeit vom Papa, zumal der häufiger verreist ist. Zeit zum Durchatmen bleibt in dieser Phase wenig. Immerhin ist Sánchez nicht allein. Sein innerer Schweinehund sitzt immer mit über den Büchern.

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