Wein:Spanische Weinbauern wollen weg vom Billig-Image

Weinanbau in Frankreich

Spanische Weinbauern setzten vor allem auf Menge, und zu selten auf Qualität. Nun versuchen einige, das Image ihres Produkts aufzupolieren.

(Foto: dpa)
  • Spanien ist zwischenzeitlich zum größten Weinexporteur der Welt aufgestiegen. Darunter litt allerdings die Qualität.
  • Nun versuchen einige Weinbauern, hochwertigere Produkte herzustellen. Doch die Umorientierung ist mühsam.

Von Thomas Urban, Madrid

Das Wirtschaftsministerium in Madrid sieht ein weiteres Zeichen, dass Spanien die Krise hinter sich lässt. Nachdem die Tourismusbranche gerade einen neuen Besucherrekord meldete, gab nun der spanische Weinhandel bekannt, dass die Erlöse aus dem Export im ersten Halbjahr 2017 mit 1,32 Milliarden Euro so hoch gewesen seien wie nie zuvor, ein Plus von sechs Prozent gegenüber dem Vorjahr. Zwar ist das Volumen in Hektolitern gemessen um rund 0,7 Prozent gesunken, doch der durchschnittliche Preis pro Liter stieg von 1,11 auf 1,18 Euro. Nach den Worten von Rafael del Rey, dem Generaldirektor der Spanischen Beobachtungsstelle für den Weinmarkt (OeMv), belegen diese Zahlen den Trend zu mehr Qualität.

Vor drei Jahren hatte sich Spanien erstmals an die Spitze der Weinexporteure gesetzt, bis dahin hatten stets Frankreich und Italien abwechselnd geführt. Die größten Abnehmer blieben die Deutschen (188 Millionen Euro). Für den Rekord aber sorgten vor allem die US-Amerikaner, die größten Weinkonsumenten weltweit, nicht zuletzt wegen der Dürre in Kalifornien; sie kauften für 161 Millionen Euro, überwiegend Markenweine. Immer wichtiger wird zudem China; dorthin verkaufen die Spanier mit steil steigender Tendenz nicht nur Qualitäts-, sondern auch Massenweine in riesigen Tanks zur Weiterverarbeitung.

Nach Volumen steht allerdings unter den Abnehmern spanischen Weins Frankreich mit 314,5 Millionen Liter einsam an der Spitze, wiewohl das Land selbst nach wie vor größter Weinproduzent weltweit ist. Es folgen Deutschland (207 Millionen) und Portugal (99,5 Millionen). Das Gros des Exportes machen jedoch gewöhnliche Weine vor allem aus der rauen Region Kastilien-La Mancha aus, die in Tankwagen über die Pyrenäen gehen. In den Abnehmerländern werden sie meist mit Wein aus anderen Ländern vermengt, ohne dass dies auf den Etiketten klar ausgewiesen ist. Das ist legal, die EU-Vorschriften erlauben das Zusammenschütten von Wein verschiedener Reben und aus verschiedenen Regionen; nur wenn bestimmte Prozentsätze überschritten werden, ist dies kennzeichnungspflichtig.

Die Spanische Wein-Beobachtungsstelle OeMv wurde vor neun Jahren von der Branche gegründet. Sie soll vor allem das Hauptproblem der spanischen Winzer lösen: Im Gegensatz zu französischem und italienischem Wein steht der spanische international im Ruf, überwiegend ordinär zu sein. Nur die nordspanische Region Rioja bildet hier eine Ausnahme, weil sie schon vor zwei Jahrzehnten Qualitätsstandards und ein verständliches Auszeichnungssystem durchgesetzt hat, lange bevor das Wirtschaftsministerium in Madrid sich des Problems annahm. So wurde auch verboten, Rioja-Wein in Tankwagen zu exportieren, die Region verlassen nur bereits etikettierte Flaschen.

Viele spanische Winzer sind zu Beginn des 21. Jahrhunderts der allgemeinen Stimmung im Lande gefolgt, immer mehr zu produzieren, auch auf Kosten der Qualität. Die Anbauflächen wurden kräftig ausgeweitet, heute ist Spanien mit mehr als einer Million Hektar weltweit die Nummer 1, den zweiten Platz nimmt mittlerweile mit gut 800 000 Hektar China ein. Ergebnis dieser mit Krediten finanzierten Expansion war nicht nur eine gewaltige Überproduktion, sondern auch eine Beschädigung der Marken - eine ähnlich verheerende Entwicklung gab es in dieser Zeit übrigens auch bei der Qualitätsmarke Ibérico-Schinken.

Wegen des Überangebots versuchten die spanischen Produzenten, mit Billigangeboten die Exportquote zu erhöhen, und gerieten damit in Konflikt mit Winzern in Frankreich und Italien. Nördlich der Pyrenäen gab es im vergangenen Jahr immer wieder Überfälle auf Tankwagen mit spanischem Billigwein, deren Inhalt auf die Straße geschüttet wurde. Auch in Italien wurden Weintransporte aus Spanien blockiert. Die Behörden in Rom argumentieren mit der Statistik: Im Jahr 2000 kostete der Liter Wein aus Spanien genauso viel wie der aus Italien: 1,41 Euro. Doch dann starteten die Italiener eine Qualitätsoffensive, der Preis stieg auf 2,50 Euro, während der für spanischen Wein auf 1,11 Euro sank. Italienische und französische Großproduzenten, die die Supermarktketten beliefern, importierten nun massiv aus Spanien, vermischten die Massenweine mit Weinen aus einheimischer Produktion und verkauften sie - ganz legal - auch als solche.

Der Ribera del Duero konkurriert bereits mit den besten Rioja-Weinen

Die Kehrseite für die Spanier: Die Ausweitung der Anbauflächen und das damit verbundene Mehr an Arbeit zahlen sich wegen des Preisverfalls kaum aus. Rafael del Rey von der OeMv sagt: "Wir haben unseren Export zu schnell ausgeweitet." Profitiert haben von der Expansion nicht die Spanier, sondern vor allem die französischen Massenproduzenten, die spanischen Wein in großen Mengen mit ihren eigenen Billigweinen mischten und sie zum doppelten Einkaufspreis als französisches Erzeugnis in Übersee verkauften.

Nun setzen auch in Spanien immer mehr Winzer auf Qualität. Als Marke hat sich in den letzten Jahren das kleine Anbaugebiet Ribera del Duero nördlich von Madrid etabliert. Es konkurriert im Hochpreissegment längst mit den besten Rioja-Weinen. Doch die Umorientierung ist mühsam. Immerhin konnte die OeMv nun auch vermelden: In der ersten Jahreshälfte 2017 entfiel fast die Hälfte des Zugewinns gegenüber dem Vorjahr auf Qualitätsweine.

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