Warnung der Bundesregierung:"Bahnstreik schadet Wirtschaft und Ansehen Deutschlands"

Chaos zur Urlaubszeit: Im Tarifkonflikt bei der Bahn wird ein groß angelegter Streik immer wahrscheinlicher. Nicht nur Wirtschaftsminister Glos befürchtet schwerwiegende Folgen.

Bundeswirtschaftsminister Michael Glos (CSU) hat vor einem Streik bei der Deutschen Bahn gewarnt. "Kommt es zu Bahn-Streiks, so schadet das der Wirtschaft und dem Ansehen Deutschlands. So macht man sich keine Freunde", sagte Glos der Bild am Sonntag.

Wie das Blatt weiter unter Berufung auf Bahn-Kreise berichtete, rechnet die Bahn inzwischen von Mittwoch an mit einem langen bundesweiten Streik. Betroffen wären bis zu 28.000 Personen- und 4780 Güterzüge am Tag sowie etwa fünf Millionen Bahn-Kunden - 4,7 Millionen im Nahverkehr, 330.000 bei den Fernzügen IC und ICE. Dazu kommen demnach 170 internationale Züge mit 35.000 Fernreisenden, meist Urlauber.

Um einen Teil des Zugverkehrs aufrechtzuerhalten, hat die Bahn einen Notfallplan aufgestellt. Sie will bei einem Streik die 8000 beamteten Lokführer einsetzen. Sogar Verwaltungsmitarbeiter mit Lokführerschein sollen nach Informationen der Bild am Sonntag auf wichtigen Strecken aushelfen. Außerdem sollen Busse eingesetzt werden, vor allem im Nahverkehr, aber auch, um Urlauber an deutschen Grenzbahnhöfen abzuholen.

Aufruf zum Kompromiss

Unterdessen hat der Fahrgastverband Pro Bahn einen Kompromiss angemahnt, um den kommende Woche drohenden Lokführer-Streik noch abzuwenden. Nötig seien Zugeständnisse der Deutschen Bahn und ein Runder Tisch der drei Bahn-Gewerkschaften, sagte der Verbandsvorsitzende Karl-Peter Naumann am Sonntag in einem Interview mit der Nachrichtenagentur AP.

Den Bund forderte er auf, mit der Senkung der Mehrwertsteuer auf Bahntickets zur Lösung des Konflikts beizutragen. "Damit hätte man dann auch genügend Masse, um eine strukturelle Verbesserung bei den Gehältern zu finanzieren", sagte Naumann.

Ein Arbeitskampf hätte aus seiner Sicht schlimme Folgen für Passagiere und Bahn. "Zu befürchten wären massive finanzielle Einbußen", warnte der Verbandschef. Zudem gehe es "um einen großen Vertrauensverlust". Gerade erst habe die Bahn es geschafft, mehr Geschäft zu akquirieren. "Es wäre wirklich auch unter ökologischen Gesichtspunkten nicht sinnvoll, wenn das wieder zurück auf die Straße verlagert würde" sagte Naumann.

An die Bahn appellierte er, die Bezahlung der Lokführer zu verbessern. "Sie muss sicher strukturell etwas bei den Gehältern tun", sagte Naumann. "Aber mein Appell richtet sich auch an die drei Bahn-Gewerkschaften, sich zusammenzusetzen und die Struktur der Gehälter zu verhandeln."

Den Fahrgästen riet Naumann, trotz der Streikdrohung optimistisch zu bleiben. Die Gewerkschaft habe versprochen, die Aktionen rechtzeitig anzukündigen, so dass man sich über Radio oder Fernsehen informieren sollte. An den Streiktagen selbst gebe die Bahn-Internetseite Auskunft über Verspätungen.

"Schön ist es natürlich auf keinen Fall", sagte Naumann. "Und wenn es länger dauert, geht das Verständnis der Fahrgäste sicher auch komplett verloren." Die Gewerkschaft sollte eher auf die Solidarität der Kunden setzen und Unterschriften sammeln, die man dann täglich bei Bahnchef Hartmut Mehdorn abliefern solle. "Das würde zeigen: Auch die Fahrgäste setzen sich dafür ein, dass das Fahrpersonal vernünftig bezahlt werden sollte", sagte Naumann.

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