Wall Street wehrt sich:Kunden und Konkurrenten verteidigen Goldman Sachs

Seitdem ein Investmentbanker öffentlich bei der Wall-Street-Firma kündigte, muss Goldman Sachs viel Kritik einstecken. Doch nicht jeder will einstimmen: Der Chef des Konkurrenten JP Morgan ermahnt seine Mitarbeiter, nicht über Goldman zu lästern. Und Kunden der Bank, intern gern als Dödel bezeichnet, nennen das Haus nun "kompetent".

Oliver Klasen

Es war eine bitterböse Abrechnung. Ein hämisches Kundigungsschreiben, verbreitet via New York Times. Greg Smith, Investmentbanker bei Goldman Sachs, keilte am Mittwoch öffentlich gegen seinen nun Ex-Arbeitgeber: Goldman Sachs ginge es nur um Geldmacherei, die Kunden seien der Bank egal. Die Firmenkultur sei "moralisch verrottet" und "destruktiv".

Goldman Sachs Executive's Editorial Casts Wall Street In Critical Light

Die New York Stock Exchange.

(Foto: AFP)

Smiths Brandbrief hat ein großes Goldman Sachs-Bashing in Gang gesetzt. Der ehemalige Chef des Versicherers American International Group (AIG), Hank Greenberg, sagte auf Bloomberg: "Da führten keine Investmentbanker die Firma, sondern Händler. Und ein Händler hat einen kurzfristigen Blick auf die Dinge". Das habe sich negativ auf die Firmenkultur von Goldman Sachs ausgewirkt.

Rückdeckung bekommt Goldman Sachs ausgerechnet von der Konkurrenz. Der Chef von JP Morgan, Jamie Dimon, ruft seine seine Kollegen in der Führungsetage mit einem internen Schreiben zur Mäßigung auf, wie die Financial Times berichtet. Die Kollegen sollten den Brief nicht zum großen Angriff auf den Konkurrenten nutzen: "Wir respektieren unsere Mitbewerber." Klar ist aber: JP Morgan hat kein Interesse daran, dass die Welle der Kritik an Goldman Sachs wächst und dann die ganze Branche in den Fokus gerät.

Kunden von Goldman Sachs, die laut Smiths Brief intern gerne als Dödel bezeichnet werden, zeigten sich über die Kritik ebenfallls irritiert. Die Financial Times zitiert anonym einen Manager eines großen europäischen Industriekonzernes: "Sie sind tatsächlich sehr aggressiv, aber sind sie auch sehr kompetent." Es sei naiv zu glauben, dass nicht jeder Banker auf der Wall Street in allererster Linie seine eigenen Interesse verfolge.

Smith hatte seinen Abgang auch damit begründet, dass er es nicht länger ertragen könne, Studenten in die Augen zu blicken und ihnen zu erzählen, was für ein großartiger Arbeitsplatz Goldman Sachs sei. Die New York Times berichtet, dass die Wall Street es im Moment sowieso schon nicht mehr so leicht habe, an den Elite-Universitäten in den USA Absolventen für einen Job in der Finanzbranche zu rekrutieren. Das Image-Problem wird nun noch größer werden.

Linktipp: Wer die Welt der Wall Street für böse hält, hält ihn für ultraböse - lesen Sie hier ein Porträt des Goldman-Sachs-Chef Lloyd Blankfein.

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