VW und Porsche:Entwicklungshilfe aus Wolfsburg

Der Europäische Gerichtshof hat das VW-Gesetz gekippt. Damit wäre der Weg frei für eine Übernahme von Volkswagen durch Porsche.

Betrachtet man die nackten Zahlen, hat sich der Einstieg des Sportwagenbauers Porsche bei Volkswagen auf jeden Fall gelohnt. Aus dem Vorsteuergewinn in Höhe von 2,11 Milliarden Euro des Geschäftsjahres 2005/06 stammt bei Porsche bereits ein großer Anteil aus Dividendenzahlungen aus Wolfsburg.

Für das am 31. Juli zu Ende gegangene Geschäftsjahr 2006/07 hat Porsche-Chef Wendelin Wiedeking erneut einen deutlichen Gewinnzuwachs angekündigt.

Experten rechnen mit einem Anstieg auf 3,5 Milliarden Euro. Zudem hat sich der Kurs der VW-Aktie seit dem Einstieg der Stuttgarter Sportwagenschmiede im September 2005 bis heute vervierfacht.

Schneller werden

Es sind vor allem aber auch strategische Überlegungen, die Wiedeking die Macht bei Volkswagen ergreifen lassen. Obwohl Porsche in Weissach bei Stuttgart eines der renommiertesten Forschungszentren weltweit besitzt, braucht der Sportwagenbauer künftig "Entwicklungshilfe" aus Wolfsburg.

Beim Porsche-Geländewagen Cayenne, der bei VW mit anderem Motor Touareg heißt, hat man sich bereits die Entwicklungskosten geteilt. Beim künftigen viersitzigen Porsche Panamera wird wie beim Cayenne die Karosserie von Volkswagen kommen.

Die große Herausforderung der Zukunft für die Automobilbauer, die Umwelttechnik, wollen Porsche und VW zusammen meistern. Den Hybrid-Motor entwickeln beide gemeinsam.

Natürlich versprechen sich beide Unternehmen, auch durch die Kooperation bei der Forschung die Konkurrenz in der Schnelligkeit zu überholen. Volkswagen und Porsche wollen künftig zudem elektronische Plattformen entwickeln, die immer komplizierter werden, weil die Autos mit noch mehr Elektronik vollgestopft werden.

Die Porsche-Manager wissen aber auch genau, dass sie aufpassen müssen, den "exklusiven Porsche-Charakter" nicht mit VW zu verwässern. Denn für den "Porsche-Mythos" und die Sportlichkeit seiner Wagen können die Stuttgarter bisher beim Preis ganz schön zulangen. Trotz aller Synergien muss die Marke Porsche erkennbar bleiben, heißt eine der wichtigsten Vorgaben beim Vereinigungsprozess.

Unter Zeitdruck steht Porsche bei der Aufstockung seines VW-Anteils nicht. Die Stuttgarter haben bereits eine Kreditlinie von zehn Milliarden Euro zur weiteren Aufstockung des VW-Anteils. Die bisherigen 31 Prozent haben rund fünf Milliarden Euro gekostet.

Dass sich Porsche bereits Optionen für weitere VW-Aktien gesichert hat, ist ein offenes Geheimnis. Der Aufsichtsrat von Porsche wird am 12. November tagen. Er könnte die weitere Aufstockung beschließen. Auch wenn bis jetzt beim VW-Gesetz für den Sportwagenbauer alles ideal gelaufen ist, der David Porsche wird mit der Belegschaft des Goliath Volkswagen noch manchen Kampf ausfechten müssen.

Zunächst will Wiedeking den größten europäischen Autohersteller VW auf das Niveau von Toyota heben. Und zwar bei der Profitabilität wie in der Produktion. Das wird nicht leicht sein - bei einem VW-Betriebsrat, der in der deutschen Automobilindustrie eine unvergleichbar starke Stellung hat.

Aber Wiedeking wird künftig der Herr im Hause sein. Erst jüngst hat der Porsche-Chef betont, es seien die Porsche-Mitarbeiter und die Porsche-Führungskräfte gewesen, die mit ihrem Engagement und Können die Grundlage für den 31-Prozent- Einstieg geschaffen hätten. Unüberhörbar schwingt da die Mahnung an die VW-Belegschaft mit, sich an die Situation im September 2005 zu erinnern.

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