VW und die EU:Ein Brief und seine Folgen

Abgasuntersuchung Dieselmotor VW Golf

Die Sonde eines Geräts zur Abgasuntersuchung für Dieselmotoren.

(Foto: Patrick Pleul/dpa)

So schnell geben Europas Verbraucherschützer nicht auf. VW soll auch europäische Kunden entschädigen.

Von Markus Balser, Berlin

Die Beschwerde war deutlich: Vor drei Wochen schickte VW-Chef Matthias Müller ein Schreiben ziemlich eindeutigen Inhalts nach Brüssel: Nach Auffassung des Konzerns liege die Durchsetzung europäischer Verbraucherschutzrechte nicht in der Kompetenz der EU-Kommission, heißt es in dem Papier an Kommissionschef Jean-Claude Juncker. Adressiert war die Beschwerde wohl auch an Verbraucherschutzkommissarin Vera Jourova, die VW schon seit Bekanntwerden der Affäre auffordert, den Kunden endlich entgegenzukommen. VW lehnt in Europa eine Entschädigung - anders als in den USA - jedoch bislang ab.

Nun aber wächst der Druck, denn der eigene Vorstoß scheint sich gegen VW zu wenden. Nicht nur Juncker lässt VW abblitzen. Am Karfreitag schickte er seine Antwort an die Wolfsburger Chefetage. Sie ist eine einzige Enttäuschung für VW. Juncker bestärkt die zuständigen Kommissare. "Es ist in jedermanns Interesse, das Vertrauen der Verbraucher wieder herzustellen", sagt eine Sprecherin dazu. Auch Kommissarin Jourova will offenbar nicht klein beigeben: Aus Kreisen der Kommission verlautet, man sehe Volkswagen natürlich weiterhin in der Pflicht, Kunden in irgendeiner Form Wiedergutmachung für die Unannehmlichkeiten anzubieten. Sei es mit Gutscheinen oder einer verlängerten Garantie. Für VW besonders bedrohlich: Unterstützung bekommt die Kommissarin aus Tschechien von nationalen Verbraucherschutzbehörden. In den Niederlanden etwa hat die Verbraucherschutzbehörde ACM Ermittlungen gegen Volkswagen aufgenommen und prüft, ob VW mit Software-Manipulationen gegen Verbraucherrechte verstoßen hat. Allein in den Niederlanden sind nach Angaben des ACM und Daten von Volkswagen 160 000 verkaufte Fahrzeuge betroffen. Sollte die Behörde in den nächsten Wochen einen Rechtsverstoß feststellen, könnten Kunden leichter gegen den Konzern klagen.

"VW sollte Kunden pauschal entschädigen und ein Zeichen setzen."

Mehrere nationale Verbraucherbehörden wollen ihr Vorgehen gegen Volkswagen in den nächsten Wochen nun koordinieren. Bis Ende des Monats soll feststehen, welche Länder sich an der Aktion beteiligen wollen. Ein solcher Zusammenschluss gilt in Brüssel als weiteres Druckmittel, um VW doch noch zum "freiwilligen" Einlenken zu bewegen. Auch deutsche Verbraucherschützer fordern den Konzern zu Wiedergutmachung auf. "VW sollte Kunden pauschal entschädigen und ein Zeichen setzen, sagt Ottmar Lell, Teamleiter Recht und Handel beim Verbraucherzentrale Bundesverband. Während in Europa noch um eine Entschädigung für die vom Diesel-Skandal betroffenen Kunden gestritten wird, macht das Entschädigungsprogramm in den USA Fortschritte. Volkswagen hat dort nach Angaben von US-Vertriebschef Mark McNabb Rückkäufe und Leasing-Stopps bei 238 000 Dieselwagen abgewickelt. Der Konzern zahlt seinen Kunden Prämien zwischen 5100 und 10 000 Dollar. Am Freitag wurde bekannt, dass VW in einem Vergleich weitere 2,8 Milliarden Dollar zahlt, und so ein drohendes Urteil wegen Behinderung der Justiz und Verschwörung zum Verstoß gegen Umweltgesetze abwendet.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: