VW-Porsche-Mogul:Herr aller Autos

Ferdinand Piëch wird 70 - und setzt Stück für Stück seinen eigenen Fahrzeugkonzern zusammen.

Michael Kuntz

Der Mann liebt die Extreme. Im Herbst 1998 präsentierte Ferdinand Piëch bei der Autoshow in Paris zwei sehr verschiedene Autos. Erstens einen später als Drei-Liter-Lupo bekannt gewordenen Kleinwagen und zweitens den 1,2 Millionen Euro teuren Sportwagen Bugatti Veyron. Sein Tankinhalt reicht für eine Viertelstunde Vollgas.

VW-Porsche-Mogul: Herr aller Autos

Der gebürtige Wiener liebt Autos - ganz der Familientraditon entsprechend.

(Foto: Foto: dpa)

Das technisch Machbare ist es, was Ferdinand Piëch reizt, den viele schon im Ruhestand gesehen haben und der nun einer der mächtigsten Männer der Autoindustrie ist. Er wird an diesem Dienstag 70 Jahre alt und lässt sich dann zwei Tage später bei der Hauptversammlung von Volkswagen noch einmal zum Vorsitzenden des Aufsichtsrates von Volkswagen wählen.

Piëch ist agil wie immer. Wer ihn nicht auf dem Radar hat, wie der MAN-Abenteurer Håkan Samuelsson bei seinem feindlichen Übernahmeangebot für den schwedischen Lkw-Konzern Scania, der bekommt die Quittung - früher oder später.

Piëch wird MAN mit Scania zusammenfügen und dann mit Volkswagen und vielleicht auch noch Porsche zu einem global tätigen Fahrzeughersteller verschmelzen. Vergleichbares gibt es in der deutschen Industrie nur noch bei DaimlerChrysler.

Die großen Familienfirmen

Doch im Unterschied zur deutsch-amerikanischen Firma könnte der VW-Konzern in absehbarer Zeit als Familienunternehmen geführt werden. Das kommt im Autogeschäft häufiger vor, wie die Beispiele Fiat (Familie Agnelli), Ford, Peugeot und auch Toyota mit seiner einflussreichen Familie Toyoda zeigen.

Der Enkel des Käferkonstrukteurs Ferdinand Porsche fügt zusammen, was seiner Meinung nach schon immer zusammen gehörte. Schließlich hatte der Großvater den Käfer zum Sportwagen weiterentwickelt und nach dem Krieg seine eigene Firma gegründet.

Dieser von den Familien Piëch und Porsche dominierte Sportwagenhersteller zog drei Milliarden Euro aus seiner gut gefüllten Kasse und kaufte sich damit im September 2005 bei Volkswagen ein.

Das war der Beginn einer raffinierten Strategie, die inzwischen zu einem Anteil von mehr als 30 Prozent führte und der faktischen Machtübernahme bei VW durch Clanchef Ferdinand Piëch.

Das wurde spätestens deutlich, als der Aufsichtsrat im November Bernd Pischetsrieder an der Konzernspitze durch den Audi-Manager Martin Winterkorn ablösen ließ.

War es der harmoniebetonte Führungsstil des früheren BMW-Managers Pischetsrieder? Ging die Sanierung der Kernmarke VW zu langsam voran? War es riskant, die in der Zeit seines Vorgängers Piëch entwickelte Luxuslimousine Phaeton wegen Erfolglosigkeit vom amerikanischen Markt zu nehmen?

Wurde Pischetsrieder zum Verhängnis, dass er die VW-Affäre um Tarnfirmen und Lustreisen des Betriebsrates aufklären ließ - obwohl sie in die Amtszeit von Piëch fiel?

Rekorde bei den Kosten

Mit der Beantwortung solcher in die Vergangenheit gerichteten Fragen hält sich der steif auftretende und oft sibyllinisch lächelnde Piëch gar nicht erst auf. Wie ein Schachspieler setzt er sein Spiel um VW Zug für Zug fort.

Ein Widersacher war dabei für längere Zeit Niedersachsen Ministerpräsident Christian Wulff (CDU), der im Aufsichtsrat aufgrund des VW-Gesetzes mehr Einfluss hat, als es dem 20-Prozent-Anteil des Landes entspricht. Doch der Europäische Gerichtshof wird die Vorschrift aus der Zeit von Privatisierung und Volksaktie wohl noch diesen Sommer kippen.

Dann schwindet der Einfluss von Niedersachsen, aber Wulff wäre kein guter Politiker, wenn er sich nicht umgehend an der Seite von Porsche in die Abwehrfront gegen ausländische Finanzinvestoren eingeordnet hätte. Piëch hat nun einen Gegner weniger, auch wenn der Beginn dieser wunderbaren Männerfreundschaft ihm und Wulff noch nicht so deutlich anzusehen ist.

Inzwischen begrüßen selbst die VW-Arbeitnehmer Porsche, immerhin betreiben die Zuffenhausener ja das profitabelste Autounternehmen der Welt. Zum ersten Mal hat VW einen industriellen Großaktionär, der sowohl etwas von Autos als auch vom Geldverdienen versteht.

Anders als andere Milliardäre beschränkte sich Ferdinand Piëch, der Vater von zwölf Kindern, nicht aufs diskrete Kassieren. Der Technik-Freak mischte stets im Getümmel mit. Den ersten Ärger seines Berufslebens handelte er sich als junger Ingenieur bei Porsche für einen Sportwagen ein, der vor allem Rekorde bei den Kosten einfuhr.

Später entwickelte er für Audi und VW nicht nur schnelle Autos, sondern auch den Allradantrieb, den starken Direkteinspritzer-Dieselmotor, die rostfreie Karosserie.

Im Jahr 2002, beim Abschied als Konzernchef, fuhr Piëch mit einem Ein-Liter-Zweisitzer von Wolfsburg zur Hauptversammlung nach Hamburg. Das war damals ein teurer Prototyp aus Karbon, Magnesium, Aluminium - wie ein Rennwagen der Formel 1.

Jetzt habe er einen Hersteller gesprochen, der sich zutraut, eine Leichtbaukarosserie statt für 35.000 Euro in großer Stückzahl für nur noch 5.000 Euro zu produzieren, vertraute Piëch einem alten Weggefährten an. In zwei Jahren könnte es so weit sein. Der Ingenieur kurz vor seinem 70.Geburtstag: "Dann kommt so ein Auto in Bereiche, wo es auch ein normaler Kunde kaufen kann."

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