VW-Konzern:Winterkorn will 85 Milliarden Euro investieren

The 43rd Tokyo Motor Show Day

Für neue Modelle und Varianten wie Elektroautos will VW trotz Sparkurs weiterhin Milliarden ausgeben.

(Foto: Bloomberg)

Mit Sparen allein kommt man nicht an die Spitze: Konzernchef Martin Winterkorn will in den kommenden fünf Jahren knapp 85 Milliarden Euro investieren - die Hälfte davon in neue Modelle.

Von Kristina Läsker

Im Kampf um die Weltmarktspitze hält der Volkswagen-Konzern sein Investitionstempo hoch. Trotz Absatzflaute in Europa will er in den kommenden fünf Jahren insgesamt 84,2 Milliarden Euro in Standorte und Technologien investieren. Allerdings sollen nur noch 63,4 Milliarden Euro in Sachinvestitionen gesteckt werden. Das ist im Schnitt etwa eine halbe Milliarde Euro weniger als zuletzt angekündigt.

In "Zeiten wie diesen" seien Kostendisziplin und Einsparungen unvermeidlich, sagte Vorstandschef Martin Winterkorn im Anschluss an die Aufsichtsratssitzung. Der Autohersteller kündigte an, Bauvorhaben zurückzustellen. Die Investitionen in neue Produkte sollen aber nicht gekürzt werden.

So will der Konzern von 2014 bis 2018 insgesamt 41,2 Milliarden Euro allein in neue Automobile und Varianten stecken. Weitere 18,2 Milliarden Euro sollen in Gemeinschaftsunternehmen in China fließen, wo VW ein Werk nach dem anderen aus dem Boden stampft. Im vergangenen Jahr hatte der Aufsichtsrat für den Drei-Jahres-Zeitraum von 2013 bis 2015 Ausgaben in Höhe von 50,2 Milliarden Euro beschlossen. Auf das Jahr gerechnet waren dies etwa 16,7 Milliarden Euro. Diesmal liegen die Investitionen auf das Jahr heruntergebrochen leicht höher bei 16,8 Milliarden Euro.

Kostensparen als "Mentalitätsmerkmal"

Dass die Kontrolleure die Sachinvestitionen gekürzt haben, zeigt vor allem eines: Volkswagen steht unter gehörigem Spardruck. Anders als andere Autobauer, hat sich Europas Nummer eins zwar keinen generellen Sparkurs verordnet, doch es geht längst um bessere Kostendisziplin. Jedes Jahr entscheiden die Kontrolleure im November über die Investitionen des Konzerns. Mit der diesjährigen Sitzung sollte aber auch ein klares Signal an die weltweit 570 000 Beschäftigten gesendet werden. Kostensparen solle endlich als "Mentalitätsmerkmal in die Köpfe", gebracht werden, sagte ein Spitzenmanager kürzlich.

Konzernchef Winterkorn weiß, dass man mit Sparen allein nicht an die Spitze der Auto-Industrie gelangen kann - und dort will VW bis zum Jahr 2018 hin. Investitionen in neue Fahrzeuge sind deshalb vom Sparen ausgenommen. Sparen ist aber nötig. Zwischen Juli und Ende September ist der Quartalsumsatz von VW sogar leicht auf 47 Milliarden Euro gesunken - was auch an ungünstigen Wechselkursen lag. Das operative Ergebnis ist zwar gestiegen, trotzdem muss sich VW jetzt kräftig strecken, um die selbst gesetzten Ziele für dieses Jahr noch zu erreichen.

In den ersten neun Monaten hat der Konzern 8,56 Milliarden Euro vor Zinsen und Steuern (Ebit) verdient. Klingt gigantisch viel, ist aber für das Zwölf-Marken-Imperium weniger als geplant: Im Gesamtjahr 2013 will der Autobauer 11,5 Milliarden Euro Profit machen. Bis Weihnachten muss der Hersteller weitere 300 Millionen Euro Gewinn hereinholen. Um so schwerer wiegen da die Worte von Winterkorn. Wegen des "überaus harten wirtschaftlichen Umfelds" seien diese Ziele "sehr ambitioniert", warnte er kürzlich. Kann sein, dass es nicht langt, könnte das auch heißen.

Profitabel sind Audi, Porsche und der chinesische Markt

Vor allem die Absatzkrise in Europa macht dem Massenhersteller zu schaffen. Und dann häufen sich die kleineren Probleme im Konzern: Die Geschäfte im Wachstumsmarkt Indien sind weit unter Plan, Russland dümpelt vor sich hin, in den USA stiegen die Verkäufe nicht wie geplant, die Konzerntochter Seat schreibt noch immer Verluste, bei Audi wurden zuletzt häufiger die Top-Manager ausgetauscht.

Das sind nur einige Baustellen. Gelindert werden all diese Schwächen durch den profitablen Sportwagenbauer Porsche, den VW 2012 übernommen hat, und die hohen Profite von Audi. Außerdem gleichen die Verkäufe in China weitere Probleme aus. Von Januar bis Oktober haben die Wolfsburger dort 7,85 Millionen Pkw und leichte Nutzfahrzeuge abgesetzt, ein Plus von 4,7 Prozent. Volkswagen verkauft dort so viele Fahrzeuge wie in sonst keinem anderen Land und hat dort in diesem Jahr bisher 34 Prozent des globalen Absatzes getätigt.

Sparen helfen soll das Baukastensystem in der Produktion. Schrittweise führt der Hersteller gerade den Modularen Querbaukasten ein. Auf dieser Plattform werden bereits verschiedene Modelle gefertigt, wie der Audi A3, der VW Golf, der Seat Leon und der Skoda Octavia. Passat, Tiguan und Touran sollen folgen. In diesem Jahr sollen schon 900 000 Wagen auf dem Modularen Querbaukasten gefertigt werden, bis 2016 sollen es vier Millionen sein.

Viele gleiche Teile sind günstig, aber risikoreich

Durch die hohe Zahl von Gleichteilen sinken die Stückkosten: Darauf baut Volkswagen. So sollen die Gesamtkosten um ein Fünftel sinken. Mittelfristig. Noch kostet der Modulare Querbaukasten vor allem viel Geld, seitdem er 2012 eingeführt wurde. Worüber sie bei VW nicht so gerne reden: Mit der Zahl der Gleichteile und dem Einsatz weniger Baukästen steigt auch das Risiko, dass ein kleiner Fehler eine große Wirkung zeigt. Wenn einzelne Lieferanten fehlerhafte Teile liefern oder sich Fehler in die Baukasten einschleichen, könnte die Zahl der Rückrufe drastisch steigen.

Auch VW ist davor nicht gefeit. Mitte November musste der Konzern einen der größten Rückrufe seiner Geschichte starten. Betroffen sind 2,6 Millionen Fahrzeuge, fast ein Viertel der Jahresproduktion. Das kratzt am Image. Trotzdem hat Vertriebschef Christian Klingler die Prognose bestätigt, 2013 einen Auslieferungsrekord von 9,5 Millionen Fahrzeugen zu erreichen.

Damit bliebe VW weltweit die Nummer drei. Nach Berechnungen des Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach dürfte Toyota das Kopf-an-Kopf-Rennen in diesem Jahr mit 9,75 Millionen Autos knapp vor General Motors mit 9,70 Millionen Wagen für sich entscheiden.

Zur SZ-Startseite

Lesen Sie mehr zum Thema

Jetzt entdecken

Gutscheine: