VW-Konzern:Das spricht für eine Volkswagen-Akkufabrik

Production Of Electric And Hybrid Golf Automobiles At The Volkswagen AG Wolfsburg Plant

Volkswagen und die Elektromobilität: Szene aus dem VW-Werk in Wolfsburg

(Foto: Krisztian Bocsi/Bloomberg)
  • Volkswagen erwägt offenbar, eine eigene Fabrik für Akkus von Elektroautos zu bauen.
  • Damit würde sich der Konzern unabhängiger von asiatischen Zulieferern machen - müsste allerdings riesige Summen investieren.

Von Angelika Slavik

Matthias Müller ist ein Mann, den man um seinen Job nicht beneiden kann, und das sieht man ihm auch an. Seit Monaten schon. Müller, 62, sieht müde aus und abgekämpft, zum Beispiel bei der Vorstellung der Jahresbilanz von Volkswagen vor gut vier Wochen in Wolfsburg. Der Konzernchef versuchte sich dort an einer Melange aus Demut und vorsichtiger Aufbruchsstimmung: Zwischen die vielen Entschuldigungen und Betroffenheitsgesten mischte er die Ansage, dass die E-Mobilität künftig ein "neues Markenzeichen" des Konzerns werden solle. VW als Vorreiter bei modernen Antriebstechnologien, das ist die Vision. Die Krise als Chance zur Neuerfindung. Ob damit in der öffentlichen Wahrnehmung aus VW, dem Schummelkonzern, wieder VW, das stolze deutsche Vorzeigeunternehmen werden kann?

Bei Volkswagen scheint man die neue Fokussierung auf Elektro-Autos jedenfalls mit vollem Einsatz angehen zu wollen: Das Unternehmen kokettiert mit dem Bau einer eigenen Batteriefabrik. Einen entsprechenden Bericht des Handelsblatts bestätigt VW offiziell nicht, in Konzernkreisen hört man allerdings, dass sich in den vergangenen Wochen immer mehr einflussreiche Manager für den Bau einer solchen Produktionsanlage ausgesprochen haben.

Der VW-Markenchef Herbert Diess hatte schon Ende des vergangenen Jahres etwas allgemeiner für eine Batteriefertigung in Deutschland plädiert: Schließlich seien leistungsstarke Batterien die "Schlüsseltechnologie" für die Elektro-Mobilität, da sollten sich die deutschen Autohersteller nicht von Zulieferern aus dem Ausland, etwa aus Asien, abhängig machen. Auch die Betriebsratsvorsitzenden der großen deutschen Hersteller hatten sich öffentlich für eine Batterieproduktion in Deutschland stark gemacht. Sie fürchten um Arbeitsplätze vor allem in jenen Werken, die Komponenten herstellen, welche für die Elektro-Mobilität nicht mehr gebraucht würden.

Wenn sich nun Volkswagen tatsächlich für eine eigene Batteriefabrik entscheiden sollte, wäre das ein wichtiger strategischer Schritt - allerdings auch ein riskanter. Zum einen, weil so ein Investment nicht billig ist: Zehn Milliarden Euro, das ist die Summe, die durch Wolfsburg geistert. Das ist keine Kleinigkeit, schon gar nicht für einen Konzern, der immer noch nicht weiß, was ihn die Abgasaffäre durch Entschädigungs- und Strafzahlungen am Ende kosten wird. Dazu kommt, dass sich diese Ausgaben nur lohnen, wenn es VW gelingt, bei der Batterietechnologie ganz vorne dran zu sein, sprich: besser zu sein als die Konkurrenz. Würde VW bei der Batterieentwicklung versagen oder auch nur hinterherhinken, hätten die konzerneigenen E-Autos am Markt langfristig keine Chance und die neue Strategie des Konzernchefs Müller wäre gescheitert.

Tesla treibt die Branche vor sich her. Der Sportwagen-Hersteller zielt jetzt auf den Massenmarkt

Allerdings gibt es auch starke Argumente für solch einen Schritt - zum Beispiel die Aktivitäten der Wettbewerber. So baut der Elektroauto-Hersteller Tesla in Kooperation mit Panasonic gerade in den USA eine riesige Batteriefabrik. Sie soll 2017 den Betrieb aufnehmen und jährlich eine halbe Million Autos mit Batterien versorgen. Tesla, bislang Hersteller von superteuren Sportwagen, schielt neuerdings auf den Massenmarkt: Erst vor kurzem präsentierte das Unternehmen seine Pläne für ein Einsteigermodell, zu haben für 35 000 Dollar. Neben Tesla mischen auch IT-Unternehmen wie Google auf dem Markt mit. Die Elektro-Mobilität könnte die Position etablierter Autohersteller wie VW nachhaltig erschüttern.

Bevor die Abgasmanipulationen bei VW aufgeflogen sind, war das Verhältnis der Wolfsburger zur Elektro-Mobilität weniger enthusiastisch. Das Unternehmen hat mit dem E-Golf und dem E-Up zwei reine Elektrofahrzeuge und darüber hinaus einige Modelle mit Hybridmotor im Angebot. Große Anstrengungen, diese Autos in großer Stückzahl zu verkaufen, waren aber, etwa in Hinblick auf die Preispolitik, nicht zu erkennen. Das soll sich nun ändern: In den nächsten Jahren will VW gut ein Dutzend neuer Elektro- oder Hybridautos auf den Markt bringen.

Der Fokus auf die E-Mobilität ist zudem einer der zentralen Punkte der "Strategie 2025", wie Matthias Müller sie nennt. Die will Müller im Juni präsentieren, erste Punkte sind aber schon bekannt - etwa das Ziel, bis 2025 eine Million Elektro-Autos im Jahr abzusetzen. Wie ambitioniert das ist, zeigt der Blick auf die Zahlen: Im Jahr 2015 konnte VW gerade 67 000 Fahrzeuge mit Elektro-Antrieb verkaufen. Der Großteil davon waren allerdings Hybrid-Fahrzeuge, Autos, die zusätzlich über einen Verbrennungsmotor verfügen. Viel Arbeit für Matthias Müller also. Man wird sie ihm ansehen.

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