VW-Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch:Volkswagen-Patriarch gerät in Bedrängnis

Im VW-Prozess um Sex und Millionengagen wird die Luft für Ferdinand Piëch dünner. Was wusste der Ex-Konzernchef wirklich?

Im Prozess um die VW-Affäre gegen den früheren Betriebsratschef Klaus Volkert und Ex-Personalmanager Klaus-Joachim Gebauer deutet sich nach einem NDR-Bericht eine überraschende Wende an.

VW Piech Prozess

VW-Patriarch: Ferdinand Piëch.

(Foto: Foto: dpa)

Nach einem Radiobericht des NDR vor dem zweiten Prozesstag an diesem Montag gibt es bei der Braunschweiger Staatsanwaltschaft weiteren Ermittlungsbedarf. Das gelte vor allem für die Rolle des früheren VW-Vorstands- und jetzigen Aufsichtsratschefs Ferdinand Piëch.

Danach wollten die Ermittler weitere Zeugen aus dem Arbeitsumfeld Piëchs hören. Einzelheiten zum weiteren Vorgehen sollten im Laufe des zweiten Prozesstages vor dem Landgericht Braunschweig mitgeteilt werden. Die Staatsanwaltschaft war am Sonntagabend für eine Stellungnahme nicht zu erreichen.

Anlass für die weiteren Ermittlungen sind laut NDR Zweifel der Staatsanwaltschaft, dass Piëch von den Unregelmäßigkeiten bei Volkswagen nichts gewusst habe. So soll es bei VW keine relevanten Vorgänge gegeben haben, von denen Piëch nichts gewusst habe.

Der Sprecher der Staatsanwaltschaft Braunschweig, Klaus Ziehe, sprach nach Angaben des Radiosenders von neuen Informationen, die so relevant seien, dass die Staatsanwaltschaft weiteren Ermittlungsbedarf sehe.

Piëch hat bisher jede Verwicklung in den Skandal um Schmiergelder und Lustreisen auf Firmenkosten zurückgewiesen und etwa betont, über den genauen Umfang der an Volkert gezahlten Sonderbonuszahlungen nichts gewusst zu haben.

Ein aufsehenerregender Brief

Für Aufsehen aber hatte zum Auftakt des Prozesses gegen Volkert und Gebauer Mitte November ein Brief gesorgt, in dem Piëch und der frühere VW-Personalvorstand Peter Hartz Volkert eine höhere Betriebsrente zugesagt haben sollen. Der Brief war nach Darstellung von Volkerts Verteidiger nicht in dessen Personalakte.

Piëch soll im Verlauf des Prozesses als Zeuge aussagen. Laut NDR sollen nun zudem auch der ehemalige Finanzvorstand des VW-Konzerns, Bruno Adelt, sowie der heutige Audi-Chef Rupert Stadler als Zeugen gehört werden. Stadler leitete von 1997 bis Ende 2002 das Generalsekretariat des VW-Chefs Piëch.

Nach dem Bericht des NDR könnte die Verteidigung der Angeklagten Gebauer und Volkert aufgrund des weiteren Ermittlungsbedarfs der Staatsanwaltschaft eine Unterbrechung des Prozesses verlangen. Im schlimmsten Fall könnte die Verhandlung auch platzen. Ursprünglich wollte die Kammer am 24. Januar die Urteile gegen Volkert und Gebauer verkünden.

Wie der NDR weiter berichtete, haben im Vorstand von VW mehr Mitglieder als bisher bekannt von Unregelmäßigkeiten gewusst. So sei der zwischen VW und Adriana Barros, der brasilianischen Ex-Geliebten von Volkert, zustande gekommene "Agentur"-Vertrag nicht nur von Hartz, sondern auch von einem weiteren Vorstandsmitglied bewilligt worden.

Barros hatte von VW über einen längeren Zeitraum insgesamt knapp 400.000 Euro erhalten, laut Anklage ohne Gegenleistung. Volkert muss sich in dem Prozess wegen Anstiftung zur Untreue verantworten.

Er soll Hartz dazu angestiftet haben, ihm Sonderboni in Höhe von insgesamt fast zwei Millionen Euro zu zahlen. Volkert weist dies zurück. Gebauer, der im Auftrag von Hartz Lustreisen von Betriebsräten auf Firmenkosten organisiert hatte, ist wegen Untreue angeklagt.

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