Vorwurf: Insiderhandel:Aktionäre verklagen EADS

Der Vorwurf ist gewaltig: Mehrere Investoren werfen dem Luftfahrtkonzern EADS Insiderhandel vor. Nun droht eine Sammelklage von Kleinaktionären - und auch die französische Bank Crédit Mutuel will vor Gericht ziehen.

Michael Kläsgen

In der Affäre um möglichen Insiderhandel muss sich der europäische Luftfahrt- und Rüstungskonzern EADS nun auch vor der US-Justiz verantworten. Zwei US-Kanzleien teilten am Montag mit, sie hätten im Auftrag von Investoren Klage eingereicht. EADS und den privaten Großaktionären werde vorgeworfen, 2005 und 2006 Lieferprobleme bei der EADS-Tochter Airbus verschwiegen zu haben, um Aktien mit Gewinn verkaufen zu können, teilte die New Yorker Kanzlei Dreier LLP mit.

Vorwurf: Insiderhandel: Mehrere Investoren werfen dem Luftfahrtkonzern EADS Insiderhandel vor.

Mehrere Investoren werfen dem Luftfahrtkonzern EADS Insiderhandel vor.

(Foto: Foto: dpa)

Die Kleinaktionäre seien absichtlich mit positiven Nachrichten in die Irre geführt worden. Eine weitere Kanzlei aus San Diego gab bekannt, sie habe eine ähnliche Beschwerde eingereicht. Die New Yorker Kanzlei handelt im Auftrag der französischen Einzelaktionärin Danielle Bobin, die Anwälte aus San Diego im Auftrag eines institutionellen Investors und eines Kleinaktionärs.

Ein New Yorker Gericht müsste die Klagen zunächst annehmen. Wenn dies der Fall sein sollte, könnte dies zusätzliche juristische Querelen für EADS mit sich bringen, da sich die Verfahren in Frankreich und den USA unterscheiden. Auch für die damaligen und heute zum Teil noch amtierenden Manager könnte das neue Anhörungen nach sich ziehen. In Paris sind bereits einige EADS-Manager vernommen worden. Als Ersten hatten die Ermittler den ehemaligen EADS-Co-Chef Noël Forgeard Ende Mai verhört und anschließend gegen ihn ein Ermittlungsverfahren eingeleitet. Das gleiche Schicksal könnte weitere EADS-Manager treffen.

Streit um US-Auftrag

Mit den Vorwürfen des Insiderhandels beschäftigt sich die französische Justiz seit April. Zuvor hatte die französische Börsenaufsicht AMF der Staatsanwaltschaft einen Bericht über möglichen Insiderhandel übergeben. EADS, die Manager und die Anteilseigner Daimler und Lagardère wiesen die Anschuldigungen zurück. Sie seien über Lieferprobleme beim neuen Langstreckenflieger A380 nicht informiert gewesen, als sie große Aktienpakete verkauften.

Sammelklagen möglich

Erst im Juni 2006 hatte EADS gravierende Verzögerungen beim Bau des Großflugzeugs eingeräumt. Der Aktienkurs war daraufhin an nur einem Tag um 26 Prozent abgestürzt. Sowohl Lagardère als auch Daimler gaben im April 2006 an, große Aktienpakete abgestoßen zu haben.

Von Lagardère übernahm die Genossenschaftsbank Crédit Mutuel 2,5 Millionen in EADS-Aktien wandelbare Anleihen. Wegen des Verlustgeschäfts droht die Bank nun ihrerseits dem Medienkonzern mit einer Klage.

In den USA könnten die Beschwerden den Status von Sammelklagen annehmen. Dies ist zumindest die Absicht der beiden Kanzleien. EADS sei in den USA zwar nicht börsennotiert, doch der Konzern habe hier genügend Aktivitäten und Aktionäre, um eine Sammelklage zu rechtfertigen, hieß es. Ein EADS-Sprecher sagte, er sei zuversichtlich. Die Unternehmenskommunikation im Frühjahr 2006 sei "kristallklar" gewesen. Die Klagen richten sich zudem gegen zwei EADS-Manager, die US-Staatsbürger sind. Einer von ihnen ist Airbus-Verkaufschef John Leahy, gegen den auch die französische Justiz ermittelt.

Ausschreibung nicht genutzt

EADS bemüht sich derzeit, sein Geschäft in den USA auszubauen. So will der Konzern in Mobile/Alabama eine Endmontagelinie für Tankflugzeuge und zivile Frachtmaschinen des Typs Airbus A 330 F errichten. Doch der vor wenigen Monaten erteilte Milliardenauftrag der US-Luftwaffe für die Tankflugzeuge ist nun plötzlich wieder in Frage gestellt.

Mit Spannung erwartet der Konzern die Entscheidung des US-Rechnungshofes GAO, der voraussichtlich am Donnerstag über die Beschwerde des amerikanischen EADS-Konkurrenten Boeing befinden wird. Boeing macht EADS den von der US-Luftwaffe erteilten Zuschlag für den Bau von 179 Tankflugzeugen für 35 Milliarden Dollar streitig. Beim Vergleich der Angebote seien der Luftwaffe Rechenfehler unterlaufen, erklärten Boeing und der EADS-Partner Northrop Grumman vorige Woche.

Darüber hinaus soll EADS eine Ausschreibung des US-Verteidigungsministeriums in Höhe von sechs Milliarden Euro nicht genutzt haben, weil das Unternehmen die 68 Transportmaschinen nicht rechtzeitig hätte liefern können. Die Auslieferung des A 400 M musste EADS mehrfach hinausschieben. Inzwischen verzögert sich die Auslieferung des Militärflugzeuges um gut ein Jahr.

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