Jürgen Fitschen, einer der beiden Vorstandschefs der Deutschen Bank, ist derzeit schwer gefordert. Er wird von vielen Gesprächspartnern nach seiner Meinung zu Wirtschaftssanktionen gegen Russland gefragt. Daneben muss sich der Banker auch um eigene Angelegenheiten kümmern, die für die Weltlage nicht von Bedeutung, für ihn selbst und das Geldinstitut aber sehr wichtig sind.
Die Münchner Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Fitschen wegen versuchtem Prozessbetrug im Fall Kirch. Gegen eine Bußgeldzahlung würden die Ermittler das Verfahren einstellen, es gäbe also keine Anklage und keinen Prozess gegen den Co-Chef der Deutschen Bank. Doch Fitschen, so ist es aus Kreisen der Verfahrens-Beteiligten zu hören, will nicht zahlen. Hintergrund sei, dass die Bankenaufsichtsbehörde Bafin nach einem Bußgeldbescheid gegen den Banker dessen Eignung als Vorstand anzweifeln könnte. Die Bafin beobachtet das Verfahren in München genau, sie hat sich schon vor längerer Zeit nach dem Stand der Dinge erkundigt.
Die Staatsanwaltschaft bereitet eine Anklage gegen den früheren Deutsche-Bank-Chef Rolf Breuer und weitere Ex-Manager vor. Sie sollen versucht haben, in dem vom inzwischen verstorbenen Medienmagnaten Leo Kirch angestrengten Schadensersatzprozess gegen das Geldinstitut die Justiz zu täuschen. Die Deutsche Bank lenkte kürzlich ein, nachdem immer mehr peinliche Details über den einstigen Umgang des Instituts mit dem Kreditkunden Kirch bekannt geworden waren, und zahlte 925 Millionen Euro Schadensersatz an die Familie und die Gläubiger des einstigen Medienunternehmers.
Bei Fitschen sind die Strafverfolger zu dem vorläufigen Ergebnis gekommen, dass er den Kirch-Prozess nicht habe manipulieren wollen, dass er aber seine Kontrollpflichten in der Bank vernachlässigt und so zu dem fragwürdigen Umgang mit der Justiz indirekt beigetragen habe. Mangels Vorsatz hätte das keine Anklage zur Folge.
Sollte Fitschen bei seiner Linie bleiben, dann gibt es mehrere Möglichkeiten. Die Ermittler klagen den Banker doch noch an, sie stellen das Verfahren ein, oder sie erlassen eben einen Bußgeldbescheid. Gegen den könnte Fitschen dann gerichtlich vorgehen, in einer öffentlichen Verhandlung. Die Deutsche Bank und die Staatsanwaltschaft äußerten sich wegen des noch laufenden Verfahrens nicht.