Vorwürfe gegen T-Mobile USA:Gestörte Verbindung zur Gewerkschaft

Bei der US-Tochter der Deutschen Telekom werden kaum Mitarbeiter von der Gewerkschaft vertreten. Verdi wirft dem Konzern eine unfaire Kampagne vor, es ist die Rede von anrüchigen Methoden. Die Bonner reagieren kühl auf einen Anstandsappell der Aufsichtsräte.

Björn Finke

Jetzt auch noch Amerika. Die Deutsche Telekom und die Gewerkschaft Verdi steuern bei den laufenden Tarifverhandlungen munter auf Streiks zu. Als böte der Konflikt in Deutschland nicht genug Zunder, werfen Arbeitnehmervertreter dem Management nun zusätzlich "anrüchige Methoden" und unanständiges Verhalten in den Vereinigten Staaten vor. Mehr als 40 Vertreter der Beschäftigten in den Aufsichtsräten des verschachtelten Dax-Mitglieds haben einen sogenannten Anstandsappell an die Führung geschickt: Die Telekom solle bei der Tochter T-Mobile USA nicht länger die Gewerkschaft behindern. Der Konzern weist die Vorwürfe zurück.

T-Mobile USA schließt Call-Center

Eine Filiale von T-Mobile USA in Evanston/Illinois: Die Telekom hat bei der Tochter Ärger mit der Gewerkschaft.

(Foto: dpa)

Es geht dabei um keine kleine Sparte. Die Vereinigten Staaten sind der wichtigste Auslandsmarkt, mit 34.500 Mitarbeitern ist dort mehr als jeder siebte Telekom-Beschäftigte tätig. Die Zahl der Stellen sinkt allerdings nun um 1900. Nur 15 Angestellte einer IT-Abteilung - also weniger als ein Promille der Belegschaft - werden von der Branchengewerkschaft Communications Workers of America (CWA) vertreten. Anders als in Deutschland, müssen dort Beschäftigte einer Abteilung abstimmen, ob eine Gewerkschaft für sie Verträge aushandeln soll. Und bei T-Mobile USA, jener ungeliebten Tochter, deren Verkauf an AT&T im Dezember wegen Bedenken der Wettbewerbshüter scheiterte, gibt es anscheinend lediglich 15 Gewerkschafts-Enthusiasten.

Für Verdi ist dies Ergebnis einer gezielten Blockadetaktik. Für die Telekom ist dies Ergebnis der "Start-up-Atmosphäre" bei der Tochter, wie es ein Sprecher formuliert. T-Mobile USA ging aus Voicestream hervor, einem Mobilfunkanbieter, der 2001 übernommen wurde.

Die Aufsichtsräte überzeugt das nicht: "Die Unterzeichner dieses Appells fordern die T-Mobile USA auf, ihre Bemühungen einzustellen, die darauf gerichtet sind, die Repräsentanz von Gewerkschaften im Betrieb zu verhindern", heißt es in dem Schreiben, das der Süddeutschen Zeitung vorliegt. Zu den Unterstützern gehört auch Lothar Schröder, der stellvertretende Aufsichtsratschef und Verdi-Verhandlungsführer im Tarifkonflikt mit der Deutschen Telekom.

Im Anhang sind Fälle aus dem vergangenen Jahr aufgelistet, in denen der Konzern die CWA behindert haben soll und bei denen Anzeige erstattet wurde bei der zuständigen Bundesbehörde für Arbeitsbeziehungen. Da geht es etwa darum, dass Manager Mitarbeitern untersagt haben, in ihre dienstlichen E-Mail-Signaturen Ergänzungen aufzunehmen wie "Stolzes Mitglied der CWA". Oder Vorgesetzte sollen Infomaterial der Gewerkschaft aus dem Pausenraum entfernt und Beschäftigte, die Broschüren verteilten, verhört haben. Zugleich soll die US-Geschäftsleitung eine CWA-feindliche Infokampagne gestartet haben, unterstützt von Beratern, die darauf spezialisiert sind, Gewerkschaften aus Betrieben herauszuhalten.

Wie sich Verdi, CWA und die Telekom beharken

Ein Telekom-Sprecher widersprach vehement der Darstellung, der Konzern bekämpfe die CWA: Die externen Fachleute würden das Management vielmehr beraten, wie man rechtskonform mit Gewerkschaften umgehe. Und was Infomaterial und E-Mail-Signaturen betreffe, sei es nun einmal so, dass in den USA politische oder weltanschauliche Werbung in Betrieben oft verboten sei, das richte sich nicht gezielt gegen Gewerkschaften. In Deutschland werde das vielleicht anders gehandhabt, aber dieser Streit spiele in den Vereinigten Staaten: "Wir respektieren überall die örtlichen Arbeitnehmerrechte", sagte der Sprecher. Der Appell stelle daher nur einen Baustein in einer unfairen Kampagne dar.

Tatsächlich werfen Verdi und CWA der Deutschen Telekom schon seit Jahren immer wieder vor, die Gewerkschaftsarbeit zu behindern. US-Politiker schickten besorgte Briefe nach Bonn, vergangenen Sommer reichten die Arbeitnehmervertreter Beschwerde bei der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) ein. Die Telekom beruft sich stets darauf, geltendes Recht einzuhalten.

Wobei das geltende Recht in den USA nicht gerade als gewerkschaftsfreundlich durchgeht: Die Internationale Arbeitsorganisation ILO kritisiert etwa, dass Firmen Kampagnen gegen Gewerkschaften starten können und zugleich deren Werbung auf ihrem Gelände verbieten dürfen. Das ist ein ziemlicher Gegensatz zum deutschen Modell der Sozialpartnerschaft - hierzulande betonen Manager ja gerne, wie wichtig ihnen die vertrauensvolle Zusammenarbeit mit den Betriebsräten ist.

Dabei haben auch in Amerika Telekom und Gewerkschaft erst kürzlich an einem Strang gezogen: als es darum ging, Widerstände der Behörden gegen den Verkauf von T-Mobile USA an AT&T zu überwinden. CWA-Chef Larry Cohen legte sich schwer dafür ins Zeug, dass das 39-Milliarden-Dollar-Geschäft zustande kommt. Kein Wunder, denn bei AT&T sind mehr als die Hälfte der Mitarbeiter in der Gewerkschaft. Ein deutlich netteres Umfeld für die CWA als bei T-Mobile. Doch das Engagement des freundlichen Herrn Cohen blieb folgenlos.

Ob der Anstandsappell Folgen hat, ist ebenfalls mehr als fraglich. Eine Antwort wird der Bonner Dax-Konzern den Unterzeichnern zumindest nicht schicken. "Sie haben keine verlangt in dem Schreiben", sagte der Sprecher. Außerdem habe man den Aufsichtsräten bereits früher die Position des Unternehmens geschildert.

Der Appell wird also mit aller gebotenen Sorgfalt abgeheftet. Und der Streit geht weiter.

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