Vorstoß aus Paris:Krisenpolitiker Sarkozy

Berauscht vom eigenen Handeln: Als EU-Ratsvorsitzender läuft Nicolas Sarkozy zur Höchstform auf - und will am liebsten die ganze Welt retten.

Michael Kläsgen

Kaum ein Tag vergeht in diesen Wochen, an dem Nicolas Sarkozy nicht irgendwo vor ein Mikrofon tritt, um eine neue Idee zu verkünden, mit der er die Welt, Europa oder wenigstens Frankreich retten möchte. Am Dienstag forderte der französische Präsident in Straßburg, Europa solle seine Schlüsselindustrien in der Krise verstaatlichen und sie später wieder privatisieren, wenn alles vorbei ist. Wieder einmal zeigt sich: Sarkozy ist schwer einzuordnen. Er ist nicht der Wirtschaftsliberale, für den ihn anfangs manche im Ausland hielten. Aber links ist er auch nicht.

In erster Linie vertritt er die eigenen Interessen und das auf ziemlich rabiate Weise. Weil er noch bis Ende des Jahres den EU-Ratsvorsitz innehat, meint er, mit seinen Ideen, die bisher nur den Franzosen vorbehalten waren, nun die Europäer beglücken zu müssen. Damit kann er hie und da Überraschungseffekte verbuchen, weil sein Repertoire außerhalb Frankreichs noch nicht hinlänglich bekannt ist. Tatsächlich ist es aber sehr beschränkt. Sarkozy schlägt jetzt Europa dasselbe vor, was er vor ein paar Jahren, damals noch als Wirtschaftsminister, mit dem Konzern Alstom machte. Er rettete ihn (und Siemens) vor der Pleite, indem er ihn teilweise verstaatlichte. Heute ist Alstom ein Vorzeigeunternehmen - dank Sarkozy. So stellt es jedenfalls der Präsident selber unablässig dar.

Schon zu Alstom-Zeiten zeigte sich eine wichtige Eigenschaft Sarkozys: Er ist ein Krisenpolitiker, er berauscht sich gleichsam am Handeln in der Krise. Das wird man in Europa noch bis Ende Dezember ertragen müssen. Danach wird der EU-Ratsvorsitzende a.D. in ein tiefes Loch fallen, wenn er keine andere Spielwiese findet.

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