Vorstandsvergütung:"Manager auch am Misserfolg beteiligen"

Es ist gut, Vorstände ins Risiko zu nehmen. Der gesamte Aufsichtsrat sollte aber nicht über Managergehälter entscheiden.

Klaus-Peter Müller

Klaus-Peter Müller ist Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance und ehemaliger Commerzbank-Chef.

Vorstandsvergütung: Klaus-Peter Müller,  Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance und ehemaliger Commerzbank-Chef.

Klaus-Peter Müller, Vorsitzender der Regierungskommission Deutscher Corporate Governance und ehemaliger Commerzbank-Chef.

(Foto: Foto: Reuters)

Die Bundesregierung hat im März einen Gesetzentwurf zur Angemessenheit der Vorstandsvergütungen in den Bundestag eingebracht. Der Entwurf sieht vor, dass Aufsichtsräte bei der Festsetzung der Gesamtbezüge der einzelnen Vorstandsmitglieder darauf achten, Verhaltensanreize zur nachhaltigen Unternehmensentwicklung zu setzen.

Vor dem Hintergrund der Lehren aus der jetzigen Krise geht dieser Gedanke in die richtige Richtung. Wenngleich gute Unternehmensführung nicht alleine an der Frage der Vergütungsstruktur von Vorständen festgemacht werden darf - dies wäre eindeutig zu kurz gesprungen - so ist der Handlungsbedarf unstrittig.

Dabei sollten wir uns nicht auf die absoluten Größen, sondern auf die angemessene Struktur der Vergütung konzentrieren. Auch in Zukunft muss es den Eigentümern und damit den Aufsichtsräten überlassen sein zu entscheiden, wie viel ihnen ein Vorstand wert oder auch nicht wert ist.

Anhaltspunkte für angemessenes Gehalt

Es ist daher zu begrüßen, dass der vorliegende Gesetzentwurf bewusst von jeglichen Grenzen, nach oben wie auch nach unten, absieht. Wenn nun die Entscheidung über eine angemessene Vergütung des Vorstands beim Aufsichtsrat liegt, dann muss dieser auch in die öffentliche Verantwortung genommen werden. Kein Vorstand kann sein Gehalt selbst festlegen.

Wie könnte die angemessene Bezahlung eines Vorstands aussehen? Der Deutsche Corporate Governance Kodex gibt bereits heute den Unternehmen eine Vielzahl von Anhaltspunkten an die Hand, mit deren Hilfe die Angemessenheit einer Vergütung überprüft werden kann. Auf ihrer Sitzung im Januar hat die Regierungskommission Deutscher Corporate Governance Kodex zudem über Anpassungen des Kodex' diskutiert, die dazu führen sollen, die Anreize für eine nachhaltige Unternehmensführung weiter zu verstärken.

Das Ziel ist, den Vorstand angemessen am längerfristigen Erfolg, aber auch an einem möglichen Misserfolg des Unternehmens zu beteiligen. Über ein Eigeninvestment zum Beispiel in einen Aktienplan kann das Vorstandsmitglied mit ins Risiko genommen werden.

Es ist in anderen Ländern üblich, dass man nur an Beteiligungsprogrammen teilnehmen kann, wenn zuvor eigenes Geld investiert wurde. Mit den richtigen Anreizen und Fristen versehen, ist eine variable Entlohnung durchaus sinnvoll. Sie muss jedoch auf transparente, nachvollziehbare und gerechte Weise gestaltet werden.

Beteiligungspläne ohne Hebelprobleme

Schließlich schlägt die Kommission auch vor, künftig neben dem direkten Marktumfeld auch die Vergütungsstruktur innerhalb des eigenen Unternehmens als Maßstab für eine angemessene Vergütung heranzuziehen. Gemeinsam mit der Bundesregierung ist die Kommission der Meinung, dass die Ausübungsanreize für Aktienoptionen im Sinne eines Anreizes für längerfristiges Handeln auf jeden Fall verlängert werden müssen.

Grundsätzlich stellt sich allerdings die Frage, inwieweit dieses Vergütungsinstrument überhaupt noch angemessen ist. Eine Vielzahl von Unternehmen ist heute schon bewusst dazu übergangen, ihren Mitarbeitern im Rahmen von langfristigen Beteiligungsplänen echte Aktien oder Äquivalente anzubieten, bei denen die Hebelprobleme von vornherein ausgeschlossen sind.

Als problematisch könnte sich insbesondere mit Blick auf die Rekrutierung von neuen Vorstandmitgliedern die von der Bundesregierung vorgeschlagene Regelung erweisen, wonach die Festsetzung der Vergütung für jedes einzelne Vorstandstandmitglied künftig dem Aufsichtsratsplenum vorbehalten sein soll.

Bislang wird das Aushandeln individueller Vorstandverträge von einem Personalausschuss des Aufsichtsrates wahrgenommen, in dem die Arbeitnehmerseite immer vertreten ist. Die konsequente Anwendung des vorliegenden Gesetzentwurfes würde bedeuten, dass der Vertragsentwurf für einen neuen Vorstandskandidaten einem oftmals 20-köpfigen Aufsichtsrat zur Verfügung gestellt werden müsste.

Stäbe von 60 Personen und mehr

Dieser Kreis kann sich über die Stäbe der einzelnen Mitglieder auf 60 Personen und mehr ausweiten und zwar in einem Stadium, in dem höchste Vertraulichkeit zum Schutze der Kandidaten angebracht wäre. Ein solches Verfahren würde die Rekrutierung von hochqualifizierten Vorstandsmitgliedern mehr als erschweren, da die Vertraulichkeit, auf die jeder Bewerber Anspruch hat, nicht mehr garantiert werden kann.

Das Aufsichtsratsplenum hat heute schon die Aufgabe, die Vergütungsstrukturen zu bestimmen und für den Vorstand regelmäßig zu überprüfen. Sollte ein Vorstandsmitglied zu Konditionen eingestellt worden sein, die sich im Rahmen der jährlichen Überprüfung als unangemessen herausstellen, bleibt es dem Aufsichtsrat unbelassen, auf eine Änderung des Vertrages zu drängen.

Sollte der jedoch der vorliegende Änderungsvorschlag beschlossen werden, würden Aufsichtsräte letztlich vor das Dilemma gestellt, auf gute Kandidatinnen und Kandidaten verzichten zu müssen, wollten sie der Intention des Gesetzes voll entsprechen.

Nicht zielführend

Der Intention des Gesetzgebers steht aus Sicht der Praxis auch der Vorschlag entgegen, dass ehemalige Vorstandsmitglieder erst nach einer Frist von drei Jahren Mitglied des Prüfungsausschusses des Aufsichtsrats werden können, also dem Ausschuss, der die Bilanzen und Quartalsabschlüsse prüft. Angesichts der durch die Komplexität erforderlichen Sachkenntnis ist dieser dreijährige Ausschluss von Fachwissen nicht zielführend. Es ist richtig, dass sichergestellt werden muss, dass dieser wichtige Ausschuss unabhängig und ohne Zielkonflikte arbeiten kann.

Dieses könnte aber ebenso dadurch erreicht werden, dass die Mehrheit der Mitglieder des Prüfungsausschusses Unabhängige sein müssen. Der Vorschlag, wonach ein ehemaliges Vorstandsmitglied des Unternehmens in keinem Fall den Vorsitz dieses Gremiums übernehmen kann, ist nicht zwingend, solange die unabhängigen Mitglieder die Mehrheit in diesem Ausschuss stellen.

Grundsätzlich darf bei der Diskussion neuer Regeln nicht vergessen werden, dass jedes Unternehmen anders ist. Das System muss Flexibilität bieten, um erfolgreich zu sein. Daher war es seinerzeit die richtige Entscheidung der Bundesregierung, auf das flexible Instrument Kodex zu setzen, dem sich aufgrund seiner gesetzlichen Grundlage kein börsennotiertes Unternehmen in Deutschland entziehen kann.

Zur SZ-Startseite
Jetzt entdecken

Gutscheine: