Vorsichtige Entwarnung:Anleger kehren in die Türkei zurück

Nach der panikartigen Flucht Mitte Mai locken Banken die Investoren mit bis zu 17 Prozent Zinsen - doch vor allem das Wechselkursrisiko ist noch immer beträchtlich.

Gerd Zitzelsberger

Nachdem die türkischen Finanzmärkte sich in den jüngsten Wochen wieder stabilisiert haben, hat Merrill Lynch jetzt als eine der ersten großen Investmentbanken und Fondsgesellschaften ein vorsichtiges Entwarnungssignal gegeben: "Die politische Antwort auf die Marktturbulenzen ist positiv, sie wird die wirtschaftlichen und politischen Auswirkungen der Krise begrenzen", heißt es in einer Kurz-Analyse. Gleichzeitig hat Merrill Lynch in ihrem Modell-Portfolio den Anteil der türkischen Euro-Anleihen wieder etwas angehoben.

Vorsichtige Entwarnung: Blick auf die Börse in Istanbul.

Blick auf die Börse in Istanbul.

(Foto: Foto: dpa)

Auch bei der DWS, der Fonds-Tochter der Deutschen Bank, ist man zuversichtlich für die türkischen Finanzmärkte. Die DWS gehört zu den wenigen mit einem speziellen Fonds für türkische Aktien. "Mittlerweile schaut der Markt wieder mehr auf die fundamentalen Daten", hieß es dort.

Wechselkurs erholt

Ein DWS-Sprecher verwies auch darauf, dass sich der Wechselkurs der (neuen) türkischen Lira in jüngster Zeit wieder erholt hat. Vor Ausbruch der Krise war die Währung bis auf 0,64 Euro pro Lira geklettert. Mitte Mai stürzte sie dann um 27 Prozent bis auf 0,47 Euro ab. Inzwischen aber steht die türkische Währung wieder bei 0,52 Euro.

Die großen türkischen Aktien gehörten von 2003 bis zum Ausbruch der Krise aufgrund des Zustroms von Auslandskapital zu den Stars weltweit. Im Zuge der Marktturbulenzen hatten die Papiere fast ein Drittel ihres Wertes eingebüßt; in jüngster Zeit hat sich die Börse Istanbul auf niedrigerem Niveau stabilisiert.

Gemessen an den Verhältnissen der Jahre 2002 bis 2004 sind sie aber hoch. Die großen türkischen Aktien weisen oft nur 20 bis 30 Prozent Streubesitz auf, und der lag zeitweise überwiegend bei ausländischen Fondsgesellschaften.

Krise durch Zinserhöhungen

Zur Krise der türkischen Finanzmärkte war es gekommen, als internationale Anleger im Zuge der amerikanischen Zinserhöhungen Geld aus Schwellenländern abzogen. Im Fall der Türkei kam hinzu, dass Verhandlungen über einen türkischen EU-Beitritt stockten.

Für die britische Fondsgesellschaft F&C Investments mahnen die Fundamentaldaten auch weiter zur Vorsicht: "Das Leistungsbilanzdefizit der Türkei ist mit sieben Prozent des Sozialprodukts sehr hoch", sagt Helene Williamson, die bei F&C den Bereich Schwellenländer-Anleihen leitet.

Währung im Sommer stabil

Zumindest den Sommer über, wenn die Tourismus-Einnahmen hoch sind, werde die Währung stabil bleiben. Wenn weltweit die Zinsen weiter steigen sollten, werde es Ankara aber schwer fallen, das Defizit zu finanzieren, zumal die Importnachfrage - vor allem Öl und Ölprodukte - kaum auf die in türkischer Lira gerechnet deutlich höheren Preise reagiere. "Die Anleihen anderer Märkte bieten bessere Chancen", urteilt die Expertin.

Um den Wechselkurs zu stabilisieren und den Kapitalabfluss zu stoppen, hat die türkische Zentralbank ihre Leitzinsen um 4,25 bis 6,25 Prozentpunkte angehoben. Sie liegen jetzt bei 17,25 bis 20,25 Prozent. Allerdings liegt auch die Inflationsrate in der Größenordnung von zehn Prozent; sie könnte wegen der Währungsabwertung noch steigen. Erhofft hatte die Zentralbank fünf Prozent.

Deutsche Anleger können zwar über Muttergesellschaften von türkischen Banken Zinssätze von mehr als 17 Prozent bekommen - allerdings ohne Einlagenschutz wie in Deutschland.

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