Vorschlag der Kommission:EU fordert Pflichtversicherung gegen AKW-Unfälle

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Energiekommissar Günther Oettinger will eine Pflichtversicherung gegen Unfälle in Atomkraftwerken einführen. Das könnte den Strom erheblich verteuern. Es sei nicht seine Aufgabe, "durch Sicherheitsdumping den Kernkraftstrom billig zu machen", sagte Oettinger.

Javier Cáceres, Brüssel

In Europa muss kein Kernkraftwerk aus Sicherheitsgründen stillgelegt werden. Dies erklärte EU-Kommissar Günther Oettinger am Donnerstag bei der Vorstellung der Ergebnisse von Stresstests, die in der Folge des Fukushima-Unfalls europaweit durchgeführt worden waren. Es gebe zwar überall Nachbesserungspotenzial, die Sicherheit sei aber insgesamt "auf gutem Niveau" und mithin "zufriedenstellend", sagte Oettinger in Brüssel. Widerspruch kam von den Grünen und Umweltschutzorganisationen. Sie bemängelten unter anderem, dass der Test wichtige Sicherheitsfragen außer Acht gelassen habe.

Der Bericht legt nahe, dass Atomstrom teurer werden könnte. So summiert sich der Nachrüstungsbedarf auf zehn bis 25 Milliarden Euro. Auf die begutachteten Kernkraftwerke umgerechnet würde dies Kosten von 180 Millionen Euro pro Anlage bedeuten. Moniert wird unter anderem, dass die Standards für die Risikoeinschätzung für Erdbeben nur bei 54 der 145 Reaktoren eingehalten werden. Sollten sich Modernisierungsmaßnahmen als unwirtschaftlich herausstellen, solle vor Schließungen nicht zurückgeschreckt werden, sagte Oettinger.

Pflichtversicherungen für AKWs

Er kündigte außerdem an, im Frühjahr einen Vorschlag für die Einführung einer Versicherungspflicht für AKWs vorlegen zu wollen - was angesichts absehbar hoher Police-Kosten zu höheren Strompreisen führen könnte. Es sei nicht seine Aufgabe, "durch Sicherheitsdumping den Kernkraftstrom billig zu machen", sagte Oettinger.

Bezüglich möglicher Nachrüstungskosten für Atomanlagen äußerte sich Sylvia Kotting-Uhl, die atompolitische Sprecherin der Grünen im Bundestag, skeptisch. Ein oberflächlicher Blick entlarve die genannten Zahlen als zu niedrig veranschlagt. So habe die Bundesregierung 2010 "alleine für 17 deutsche Anlagen einen Bedarf von zehn bis 20 Milliarden Euro für Sicherheitsnachrüstungen gesehen". Die grüne Europaparlamentarierin Rebecca Harms wunderte sich, dass die Anlagen in den belgischen Orten Doel und Tihange im Test gut weggekommen seien. Dort mussten vor wenigen Wochen Reaktorblöcke stillgelegt werden.

Die Stresstests waren nach dem Unfall im Atomkraftwerk in Fukushima (Japan) in Auftrag gegeben worden. Die Ergebnisse sollen beim EU-Gipfel am 18. und 19. Oktober erörtert werden. 2014 soll geprüft werden, welche Konsequenzen aus dem Bericht gezogen werden.

© SZ vom 05.10.2012 - Rechte am Artikel können Sie hier erwerben.
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