Vorschlag des Bundesrates:Regierung lehnt Steuervereinfachung ab

Dem letzten großen Steuervorhaben dieser Legislaturperiode droht das Aus. Anhebung des Arbeitnehmer-Pauschbetrags, vereinfachter Nachweis von Pflegekosten? Viele Vorschläge der Länder lehnt die Bundesregierung nun ab.

Von Guido Bohsem

Die Bundesregierung machte keinen großen Wind um die Entscheidung: keine Aussprache im Kabinett, keine Pressemitteilung. Bei Nachfragen sollte der Regierungssprecher hervorheben, dass es sich bei der Vereinfachung des deutschen Steuerrechts um ein wichtiges politisches Anliegen handle. Die konkreten Vorschläge der Bundesländer müsse man aber ablehnen. Das Kabinett halte sie weder für geeignet noch für finanzierbar.

Mit dem Beschluss von Mitte Januar dürfte das letzte größere Steuervorhaben dieser Legislaturperiode vor dem Aus stehen. Zwar lehnt die Regierung auf Geheiß des Bundesfinanzministeriums nicht alle elf Punkte des "Gesetzes zur weiteren Vereinfachung des Steuerrechts" ab. Die entscheidenden Vorschläge jedoch ließ das Ressort von Minister Wolfgang Schäuble (CDU) durchfallen. Das heißt im Klartext: keine Anhebung des Arbeitnehmer-Freibetrages, keine pauschale Erleichterung bei der Abrechnung eines Arbeitszimmers, kein vereinfachter Nachweis von Pflegekosten und keine Steuerpflicht auf die Renditen von Investoren, die Firmen Wagniskapital zur Verfügung stellen.

Dabei wäre es für viele Arbeitnehmer zu einer Steuererleichterung gekommen. Sie wäre nicht besonders hoch ausgefallen, aber immerhin. 630 Millionen Euro hätte der Staat weniger kassiert, indem er den Arbeitnehmer-Pauschbetrag angehoben hätte. Derzeit kann man in seiner Steuererklärung Werbungskosten von bis zu 1130 Euro geltend machen, ohne dafür Quittungen einzureichen. Nach dem Willen der Länder sollte er 2014 um weitere 130 Euro ansteigen. Dadurch würden sich etwa eine Million Arbeitnehmer sparen, bei der Einkommensteuererklärung mühsam ihre Belege zu sortieren und abzugeben.

Krieg' ich meine Steuererleichterung nicht, kriegst du deine auch nicht

So kurz vor der Bundestagswahl könnte man hinter der ablehnenden Stellungnahme ein parteipolitisches Manöver vermuten. Doch waren die elf Vorschläge für die Steuererleichterung von den Ländern Hessen, Schleswig-Holstein, Rheinland-Pfalz und Bremen erarbeitet worden, womit eigentlich alle wesentlichen Parteien mit Ausnahme der Linken eingebunden sind. Wenn man so will, ist der Gesetzesvorschlag des Bundesrates also von einer ganz großen Koalition erarbeitet worden.

Im Koalitionsvertrag hatte das schwarz-gelbe Bündnis Steuervereinfachung noch zum wichtigsten Thema erklärt. Direkt hinter der einleitenden Präambel folgt ein mehrseitiges Kapitel über die steuerpolitischen Vorhaben des neuen Bündnisses. Unter anderem auch die Ankündigung: "Das Steuersystem werden wir deutlich vereinfachen und für die Anwender freundlicher gestalten."

Nach gut drei Jahren an der Regierung scheint diese Idee nicht mehr hoch im Kurs zu sein. So lehnt die Bundesregierung den höheren Arbeitnehmer-Pauschbetrag mit der Begründung ab: "Der Vorschlag führt zu Steuerausfällen, die in keinem Verhältnis zu der angestrebten Vereinfachungswirkung stünden." Das gelte insbesondere, weil die meisten Länder sonstige Steuererleichterungen (der schwarz-gelben Koalition) mit dem Verweis auf ihre knappen Kassen abgelehnt hätten.

Nun könnte man auf den Gedanken kommen, dass hier ein gewisses Beleidigtsein eine Rolle spielt, nach dem Motto: Krieg' ich meine Steuererleichterung nicht, kriegst du deine auch nicht. Diesen Gedanken jedenfalls hat man auf der SPD-Seite im Bundesrat. Doch es gibt gewichtigere Gründe, die für eine Blockade des Bundesrats-Vorhabens sprechen.

Im Endeffekt hätten die Vorschläge sogar zu Mehreinnahmen geführt

Finanzminister Schäuble hat derzeit ein anderes dringliches Ziel. Bis Ende März muss er für den Haushaltsplan des Jahres 2014 noch gut 4,5 Milliarden Euro einsparen. Ziel der Koalition ist es nämlich, einen "strukturell ausgeglichenen Etat" vorzulegen. Das heißt, die konjunkturbedingten Einnahme- und Ausgabeschwankungen zählen nicht. Da passen Steuerausfälle für das Jahr 2014 nicht ins Konzept.

Zwar hatten die Länder auch Vorschläge gemacht, wie man die Steuerausfälle hätte begrenzen können. Im Endeffekt, so rechnen sie es im Gesetzentwurf vor, hätten die elf Vereinfachungsvorschläge sogar zu Mehreinnahmen des Staates geführt. Knapp 170 Millionen Euro sollten für Bund (82), Länder (63) und Gemeinden (25) zusätzlich rausspringen.

Doch kamen auch diese Überlegungen beim Regierungsbündnis aus Union und FDP nicht gut an. So zum Beispiel die Idee, den sogenannten Carried Interest zu besteuern. Darunter versteht man die Vergütung, die an Geber von Wagniskapital ausgezahlt wird. Sie ist - eine große Ausnahme im Einkommensteuergesetz - völlig steuerfrei. Diese Ausnahmestellung räumt auch die Bundesregierung ein. Eine Steuer widerspreche jedoch internationalem Standard, weshalb sie zur Abwanderung der Investoren in andere Länder führe.

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