Vorgehen während Militärdiktatur:Zivilklage gegen VW in Brasilien eingereicht

Volkswagen Werk Wolfsburg

In Brasilien wird die düstere Vergangenheit von VW zur Zeit der Militärdiktatur aufgerollt.

(Foto: Julian Stratenschulte/dpa)
  • VW habe während der Militärdiktatur in Brasilien die Existenz einer Staatspolizei im Inneren des Unternehmens sowie Festnahmen am Arbeitsplatz zugelassen - das behauptet eine Arbeiterorganisation und hat geklagt.
  • Die Kläger fordern eine kollektive Entschädigung.

Unternehmen soll Führungsrolle eingenommen haben

Inmitten des Skandals um manipulierte Abgaswerte bei Volkswagen droht dem Autokonzern in Brasilien eine weitere Auseinandersetzung: Gegen das deutsche Unternehmen wurde dort eine Zivilklage wegen seines Verhaltens während der Militärdiktatur in den Jahren 1964 bis 1985 eingereicht. VW habe damals in Brasilien die Folter und illegale Festnahme von Mitarbeitern hingenommen, begründete das Arbeiterforum für Wahrheit, Gerechtigkeit und Reparation seine Klage in São Paulo. Während der Militärdiktatur habe VW "die Existenz einer Staatspolizei im Inneren des Unternehmens" sowie Festnahmen am Arbeitsplatz zugelassen, sagte Sebastião Neto vom Arbeiterforum der Nachrichtenagentur Afp.

Zwölf ehemalige Mitarbeiter des VW-Werks in São Bernardo do Campo, einem Vorort von São Paulo, waren laut Klageschrift festgenommen und gefoltert worden. Dutzende Mitarbeiter seien auf schwarzen Listen geführt worden. Das Unternehmen soll daher nun eine kollektive Entschädigung zahlen, forderten die Kläger. "Volkswagen war nicht das einzige beteiligte Unternehmen, aber es hatte in São Paulo eine Führungsrolle", sagte Neto.

"VW-Mitarbeiter als Opfer von Folter"

"Mitarbeiter von Volkswagen waren Opfer von Folter und illegaler Festnahme, andere wurden entlassen und auf schwarze Listen gesetzt, illegal überwacht", erklärte die Anwältin Rosa Cardoso, die an der Koordinierung der Untersuchung beteiligt war und nun mehrere mutmaßliche Opfer vertritt.

"Das Arbeiterforum für Wahrheit, Gerechtigkeit und Reparation" war 2012 von Brasiliens linksgerichteter Staatschefin Dilma Rousseff eingesetzt worden, um die Verbrechen während der Militärdiktatur zu untersuchen. Die Klage gegen VW wird von Gewerkschaften, Menschenrechtsaktivisten und Anwälten unterstützt.

Auch in Deutschland Unterstützung für Klage

Der Dachverband "Kritische Aktionäre" erklärte vorab in Köln, dass er die Klage gegen VW unterstütze. Der Verband habe Volkswagen bereits bei den Hauptversammlungen in diesem und im vergangenen Jahr mit dem Vorwurf der Verstrickung in die brasilianische Militärdiktatur konfrontiert. "Volkswagen muss sich seiner historischen Verantwortung stellen und sich dazu bekennen", erklärte Christian Russau vom Verbandsvorstand. Dazu gehöre "aber neben einer Aufarbeitung der eigenen Vergangenheit auch die Bitte bei den Betroffenen um Entschuldigung sowie eine deutliche Entschädigung der Opfer".

Die Zivilklage in Brasilien trifft den Wolfsburger Konzern inmitten eines Skandals um manipulierte Abgaswerte bei seinen Diesel-Modellen. Nach Angaben der US-Umweltbehörde Epa entwickelte Volkswagen eine Software, mit der Vorgaben zur Luftreinhaltung zwar bei Tests, nicht aber beim normalen Betrieb der Autos erfüllt wurden. Die Dieselfahrzeuge stießen folglich im regulären Straßenverkehr mehr gesundheitsschädliche Stickoxide aus als erlaubt. Das US-Justizministerium leitete strafrechtliche Ermittlungen ein. Am Dienstag erklärte der Konzern in Wolfsburg, dass sich die Software zur Manipulation von Abgaswerten weltweit in elf Millionen Dieselfahrzeugen befinde.

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