Volocopter:Überflieger unter Senkrechtstartern

Elektromobilität Elektro-Flugtaxi Volocopter

Der Volocopter wird von 18 pizzagroßen Rotoren angetrieben, die über der Passagierkabine in einem ringförmigen Gestell angebracht sind.

(Foto: Volocopter)

Alexander Zosels Volocopter fliegt der Konkurrenz davon - elektrisch und autonom. Da gratuliert sogar Airbus.

Von Stefan Mayr, Berlin

Alexander Zosel steht bestens gelaunt im Ballsaal des Hotel Adlon. "Es macht sehr viel Spaß zur Zeit", sagt der Mitgründer der Firma Volocopter aus dem badischen Bruchsal. Zuletzt hatte der 52-jährige Flugpionier beim Web Summit in Lissabon auf der Hauptbühne erstmals vor 10 000 Zuhörern gesprochen, "da hatte ich ganz schön Lampenfieber". Noch nervöser war er nur Ende September, als sein Fluggerät seinen Jungfernflug über Dubai absolvierte. Der Kronprinz Scheich Hamdan bin Mohammed bin Rashid al-Maktoum höchstpersönlich war erschienen, um auf das Knöpfchen zu drücken. Dann erhob sich Zosels Fluggerät vor Dubais Skyline senkrecht in die Luft und schrieb ein neues Kapitel der zivilen Luftfahrt.

Der Volocopter, eine Mischung aus Hubschrauber und Ufo, kreiste über den Häusern der Millionenstadt und landete nach acht Minuten wieder sanft. Das Besondere an diesem Flug: In dem elektrisch angetriebenen Zweisitzer saß kein Mensch, gesteuert wurde das Gerät vom: Computer. Es war der erste vollautomatische Flug eines Lufttaxis über bewohntem Gebiet. Für Zosel ein Meilenstein.

Der kräftige Tüftler und der schlanke Prinz könnten verschiedener kaum sein, doch sie arbeiten an einem gemeinsamen Ziel: Sie wollen schnellstmöglich elektrisch betriebene, autonom fliegende Lufttaxis als innerstädtisches Verkehrsmittel etablieren. Dafür kommen vor allem Mega-Städte in Frage mit vielen Staus und zahlreichen Millionären, die sich einen Hoppser über die Blechlawinen hinweg ins Büro oder zum Flughafen leisten können.

Dubai zum Beispiel. Zosel und sein Volocopter haben dort im Sommer im Auftrag des Herrscherhauses ihr Pilotprojekt gestartet: Bis 2021 soll der Shuttle-Service über Dubai den Regel-Betrieb aufnehmen. Voll autonom. Zosel spricht von einer Gondelbahn ohne Seil. Die Zukunft der Mobilität. "Gratulation", sagt Airbus-Vorstand Fabrice Brégier. "Volocopter ist einer der Pioniere." Er, Brégier, glaube ebenfalls an "leise, einfache, autonome und sichere Fluggeräte" für die Kurzstrecke. Deshalb ist der große Airbus-Konzern dem kleinen Bruchsaler Start-up auch auf den Fersen. Die Tochter A³ will demnächst in den USA ihr Projekt "Vahana" abheben lassen. Zugleich arbeitet Airbus an Großflugzeugen mit Hybrid-Antrieb, sie sollen Brégier zufolge ab 2030 auf den Markt kommen. Im Geschäft mit den Lufttaxis wollen auch andere namhafte Firmen mitmischen. Seit dem Jungfernflug von Dubai hat der Volocopter - bis auf Weiteres - aber die Nase vorn. Weltweit. Angetrieben wird das Gerät von 18 pizzagroßen Rotoren, die über der Kabine in einem ringförmigen Gestell angebracht sind. Seit Juli hält Daimler elf Prozent an Zosels 40-Mann-Betrieb. Auch Intel und Lukasz Gadowski, Mitgründer von Delivery Hero, sind eingestiegen. 30 Millionen Euro brachte diese Finanzierungs-Runde ein. Und Zosel bastelt bereits an der nächsten. Die könnte dann über 100 Millionen Euro gehen. In Dubai, Lissabon und auch in Berlin, immer wieder wird Zosel gefragt, ob man bei ihm noch einsteigen kann. Seine gute Laune kommt also nicht von ungefähr.

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