Volkswagen:Zulieferer-Streit bei VW: Pokern bis nach Mitternacht

Der Automobilkonzern ist auf eine schnelle Einigung mit den Lieferanten der Prevent-Gruppe angewiesen. Aber die Zulieferer lassen sich nicht in die Rolle des kleineren Partners drängen.

Von Klaus Ott

Es war bereits kurz vor Mitternacht, als es aus dem Kreise der Unterhändler und ihrer Helfer hieß, man stehe kurz vor dem Ziel. Ein Detail, in das man sich verhakt habe, müsse allerdings noch geklärt werden. Man hoffe aber, in ein bis zwei Stunden durch zu sein. Die Sprecher beider Seiten würden sich bereithalten, um eine gemeinsame Pressemitteilung zu formulieren.

Diese Mitteilung lässt aber noch auf sich warten. Volkswagen und die beiden Firmen der Zuliefergruppe Prevent, die den Autokonzern bestreiken, haben ihren Streit immer noch nicht beigelegt. Irgendwann nach Mitternacht wurden die Verhandlungen unterbrochen. Aber nicht abgebrochen. Dienstagmittag geht es weiter.

Beide Seiten sind offenbar gewillt, den ungewöhnlichsten Konflikt seit langem in der deutschen Autobranche beizulegen. Einen Konflikt, der fast 30 000 Beschäftigte von VW zum Nichtstun verdammt. Der den Konzern nach Schätzungen von Autoexperten und Bankanalysten weit über 100 Millionen Euro kostet.

Jetzt fehlen VW die Getriebeteile

Das hätte VW billiger haben können, hätte der Autokonzern es erst gar nicht auf einen Streik ankommen lassen. Hätte Volkswagen einfach nur rechtzeitig und ernsthaft mit den beiden Prevent-Firmen über deren Forderungen in Höhe von erst 55 und jetzt 58 Millionen Euro geredet. Forderungen aus gekündigten Verträgen von VW und der Konzerntochter Porsche.

So aber entschieden sich die beiden in Sachsen ansässigen Prevent-Firmen Car Trim und ES Automobilguss, Volkswagen keine Sitzbezüge und Getriebeteile mehr zu liefern, um klar zu machen: So gehe es nicht. Vor allem die Getriebeteile fehlen VW jetzt. Deshalb laufen in gleich mehreren Werken die Modelle Golf und Passat nicht mehr vom Band.

In den Verhandlungen, die vergangene Woche begannen, übers Wochenende unterbrochen wurden, und jetzt weiter laufen, geht es um einige Eckpunkte und viele Details. Die beiden Prevent-Firmen wollen von den von ihnen geforderten 58 Millionen Euro einiges bekommen. Und sie wollen keinen Schadenersatz an VW zahlen. Volkswagen will schnell wieder beliefert werden. Das gehört zu den wichtigsten Punkten.

Möglicherweise werden die Zulieferer jetzt selbstbewusster

Daneben sind diverse Details zu klären, weil mit dem Streit befasste Juristen mehr oder weniger entsetzt festgestellt haben, dass in den Beziehungen zwischen Autoherstellern und Zulieferern vieles vertraglich nicht oder kaum geregelt ist. Das schafft Raum für Missverständnisse und Streit. Es ist gut möglich, dass wegen des Lieferstreiks bei VW das Verhältnis zwischen Herstellern und Lieferanten in weiten Teilen neu geregelt werden muss.

Das wäre wohl nicht die einzige Folge dieses seltsamen Konflikts. Möglicherweise werden die kleinen und mittleren Zulieferer, zu denen auch die Prevent-Gruppe zählt, jetzt selbstbewusster. Aus Prevent-Kreisen heißt es jedenfalls, man habe viele Solidaritäts-Bekundungen bekommen. Nach dem Motto: Endlich mal ein Zulieferer, der sich von den Konzernen nichts mehr gefallen lasse.

Für Prevent könnte es allerdings ein Pyrrhussieg werden. Welcher Autohersteller will schon dauerhaft und umfangreich mit jemandem zusammenarbeiten, der streikt.

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