Volkswagen:VW-Chef tritt zurück

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Volkswagen: Martin Winterkorn auf einer Aufnahme aus dem Jahr 2011 (Foto: AP)
  • Martin Winterkorn will den Weg für einen Neuanfang bei VW freimachen.
  • Der VW-Chef sagt, er sei sich keines Fehlverhaltens bewusst.
  • Namen möglicher Nachfolger kursieren bereits.

Am Dienstag gab es noch eine wortreiche Entschuldigung per Video vom VW-Chef - genau 24 Stunden später um 17 Uhr am Mittwoch ist klar: VW-Chef Martin Winterkorn tritt zurück.

Er übernehme die Verantwortung für die bekannt gewordenen Unregelmäßigkeiten bei Dieselmotoren und habe daher den Aufsichtsrat gebeten, "eine Vereinbarung zur Beendigung meiner Funktion als Vorstandsvorsitzender des Volkswagen Konzerns zu treffen", lässt der 68-Jährige mitteilen.

"Volkswagen braucht einen Neuanfang - auch personell. Mit meinem Rücktritt mache ich den Weg dafür frei." Mit diesen Worten endet die achtjährige Amtszeit des Managers an der VW-Spitze, die bislang nur eine Richtung kannte: steil nach oben.

"Gedanken und Überlegungen"

Für die VW-Aufsichtsratssitzung am Freitag kündigte das Präsidium des Aufsichtsrats Vorschläge für die Nachfolge an. "Um irgendwelchen Spekulationen vorzubeugen oder vorzugreifen, möchte ich festhalten, dass Vorschläge zur personellen Neubesetzung erst am Freitag in dieser Woche im Aufsichtsrat beraten werden", sagt Berthold Huber, der Interims-Präsidiumschef. Danach werde die Öffentlichkeit über die "Gedanken und Überlegungen" informiert.

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Längst aber werden natürlich Kandidaten für die Nachfolge genannt: Porsche-Chef Matthias Müller etwa, VW-Markenchef Herbert Diess, Lkw-Chef Andreas Renschler und auch Finanzvorstand Hans Dieter Pötsch, der eigentlich den IG Metaller Berthold Huber an der Aufsichtsratsspitze ablösen soll.

Müller war Wunschkandidat des längst geschassten VW-Patriarchen Ferdinand Piëch, der Winterkorn ersetzt sehen wollte.

Winterkorn soll nach Angaben der Nachrichtenagentur dpa in der Präsidiumssitzung bis zuletzt um seinen Chefsessel gekämpf haben. Doch für den "glaubhaften Neuanfang", wie Huber es nennt, muss er nun seinen Platz räumen. Daran ändert selbst die geäußerte Unschuldsvermutung für den Schwaben nichts. "Wir wollen dabei ausdrücklich festhalten, dass Herr Dr. Winterkorn keine Kenntnis hatte von der Manipulation von Abgaswerten", betont Huber. Winterkorn selbst sagt in seiner Erklärung, dass er sich "keines Fehlverhaltens bewusst" sei.

151 Tage nach dem spektakulären Rücktritt von Ex-VW-Patriarch Piëch ist nun also auch Winterkorn als Verlierer aus einer schweren Krise in die Volkswagen-Historie eingegangen. Anders als im hektischen Frühjahr hatte der VW-Chef diesmal aber zu keinem Zeitpunkt einen öffentlichen Unterstützer. Und anders als bei Piëch ist das Präsidium bemüht, Winterkorns Rauswurf mit lobenden Worten zu erleichtern.

"Seine Bereitschaft, Verantwortung zu übernehmen in dieser schwierigen Situation für Volkswagen und damit ein deutliches Signal zu setzen, haben wir mit größter Hochachtung zur Kenntnis genommen", sagt Huber und verweist auf die herausragende Leistung. Auch Niedersachsens Ministerpräsident und VW-Aufseher Stephan Weil ist dies wichtig: Unter Winterkorn sei VW zum Weltkonzern aufgestiegen.

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"Unermesslicher Schaden"

Mit dem Rücktritt von Winterkorn ist allerdings die Aufklärung des Falles noch nicht nennenswert vorangekommen. Das Präsidium des Aufsichtsrats, in dem neben Huber und Weil auch Betriebsratschef Bernd Osterloh und Wolfgang Porsche als Sprecher der Familien Porsche und Piech vertreten sind, erklärten denn auch, es sei in den nächsten Tagen mit weiteren personellen Konsequenzen zu rechnen. Die internen Untersuchungen liefen auf Hochtouren.

"Alle Beteiligten an diesen Vorgängen, die einen unermesslichen Schaden für Volkswagen angerichtet haben, werden mit aller Konsequenz belangt", hieß es.

Zudem soll ein Sonderausschuss eingerichtet werden, um die weitere Aufklärung voranzutreiben. Der Konzern stellte darüber hinaus Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft Braunschweig. Damit will der Konzern das durch die Abgasmanipulationen verlorene Vertrauen zurückgewinnen.

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