Volkswagen:Es geht auch ohne Porsche

Massiv unter Zeitdruck: Porsche-Chef Wiedeking und sein Finanzmanager Härter müssen eine eigene Lösung für die Finanzierungslücke entwerfen - denn VW braucht Porsche nicht, aber Porsche VW.

Michael Kuntz

Es geht auch anders. Porsche muss nicht VW komplett übernehmen, oder umgekehrt: VW sich nicht Porsche zu hundert Prozent einverleiben. So lautet die Botschaft aus Wolfsburg. Das VW-Management, Aufsichtsratschef Ferdinand Piëch und Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff haben ein Konzept vorgelegt, das einen Kompromiss darstellt. Es sieht den Emir von Katar als dritten Großaktionär vor, erhält den Einfluss Niedersachsens, auch den der Arbeitnehmer. Die Familien Porsche und Piëch bleiben mit 40 Prozent an Bord, das wären elf Prozent weniger als sie heute haben. Mit diesem Modell erfüllen Management und Aufsichtsrat von VW den Wunsch beider Familien, dass die Autohersteller zusammengehen.

Porsche, AP

Porsche hat sich bei VW verzockt - nun wird die Zeit knapp.

(Foto: Foto: AP)

Gleichzeitig setzt VW damit Porsche unter Zugzwang. Das ist neu. Denn bisher bestimmten Porsche-Manager, jedenfalls so lange, bis die Wirtschaftskrise ihre VW-Übernahme zum finanziellen Abenteuer machte. Porsche wird entschuldet und schlüpft dann unter das Dach von VW, so die Idee aus Wolfsburg.

Doch es kann auch anders kommen. Denn der Porsche-Aufsichtsratsvorsitzende Wolfgang Porsche scheint seinem obersten Angestellten Wendelin Wiedeking und dem Finanzmanager Holger Härter nahezu grenzenlos zu vertrauen. Damit dies so bleibt, werden die beiden bald mit einer eigenen Lösung für die Finanzierungslücke bei Porsche rüberkommen müssen - falls sie eine haben. Die beiden sind für Überraschungen gut. Zumindest waren sie das einmal. Immerhin hatten sie 51 Prozent an VW eingesammelt und sich angeblich weitere 24 Prozent Anteil über Optionsgeschäfte gesichert.

Deutschlands bestbezahlter Manager und sein Spekulant agierten wie Schachspieler. Und sie schweigen sich weiterhin über ihre nächsten Züge aus. Während ihrer angeblich exklusiven Gespräche mit dem Emir von Katar über eine Tankfüllung Öldollars für Porsche sondierten sie offenbar trotzdem, ob der Stuttgarter Nachbar Daimler als Retter in der Not in Frage kommt. Wer so vorgeht, hat sicher auch seine Beziehungen zur Kreditwirtschaft nicht gekappt, auch wenn etliche Banker sauer sind wegen der Tricksereien, bei denen einige viel Geld verloren haben. Schließlich wären die fehlenden zwei Milliarden Euro für ein Unternehmen wie Porsche ein überschaubarer Betrag - wenn nicht gerade Finanzkrise wäre. Doch mit ihrer Heimlichtuerei zerstören Wiedeking und Härter Vertrauen.

Selbst wenn die beiden Männer hinbekommen, wofür sie von Porsche bezahlt werden, und die gegenwärtige Finanzlücke füllen können, dann bleiben zwei Probleme: Solange das VW-Gesetz gilt, braucht Porsche im Aufsichtsrat des Autokonzerns für Entscheidungen etwa über Werks-Standorte die Zustimmung des Landes Niedersachsen und der Arbeitnehmervertreter. Das ist die politische Seite, die der schwäbisch-westfälische Perfektionist Wiedeking zu lange ignoriert hat. Auf die endgültige Abschaffung des VW-Gesetzes kann er lange warten. Dafür sorgt eine starke Koalition aus Niedersachsens Ministerpräsident Christian Wulff (CDU) und dem IG-Metall-Vorsitzenden Berthold Huber.

Es gibt aber auch noch ein kleines betriebswirtschaftlich-physikalisches Problem. Es ist selbst für Schachspieler nicht leicht zu lösen. Wie sieht eigentlich die Zukunft von Porsche ohne VW aus? Nicht gut, denn ohne Unterstützung durch Volkswagen kann der Hersteller schneller, verbrauchsstarker Sportwagen mit den daher besonders schlechten Abgaswerten die Umwelt-Anforderungen der EU nie erfüllen. Schon heute steckt daher, wo Porsche draufsteht, manchmal ein Diesel der VW-Tochter Audi unter der Motorhaube. Man sollte sich nicht länger etwas vormachen: Volkswagen braucht nicht unbedingt Porsche. Porsche aber braucht VW.

Um im Bild des Schachspiels zu bleiben: Wolfgang Porsche sollte die Rochade wagen, das Gezerre um die Unternehmen mit fast 400.000 Arbeitnehmern beenden und nicht kleinlich ein Ultimatum beklagen, das es nach Angaben aus Wolfsburg ohnehin nie gegeben hat.

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