Volkswagen:Elektrischer Kontakt

Volkswagen: Sieht von oben zwar ganz interessant aus, sorgt aber für reichlich Luftverschmutzung: Straßendschungel in Shanghai.

Sieht von oben zwar ganz interessant aus, sorgt aber für reichlich Luftverschmutzung: Straßendschungel in Shanghai.

(Foto: Johannes Eisele/AFP)

VW findet in China einen Partner für Elektroautos. Für die Wolfsburger ist das ein großer Sprung nach vorne: Ohne einen heimischen Konzern können sie im Zukunftsgeschäft nicht weiterkommen.

Von Thomas Fromm und Christoph Giesen, Peking/München

Es gab Zeiten - und die sind noch gar nicht so lange her - da interessierte man sich in Wolfsburg nur mäßig für Elektroautos. Als vor zwei Jahren Stromer des kalifornischen Autobauers Tesla Feuer fingen, ätzte der damalige VW-Chefkontrolleur Ferdinand Piëch, man brauche "keine Autos, die brennen".

Nun, Autos, die brennen, wohl nicht. Aber dass auch VW langfristig nicht ohne Elektroautos auskommen kann, mussten die VW-Manager dann doch irgendwann eingestehen. Gut möglich, dass einer der wichtigsten VW-Märkte das Umdenken beschleunigt hat: Schon seit Jahren ist China für die Niedersachsen eines der lukrativsten Länder überhaupt; jahrelang fuhren Chinas Bürokraten und Potentaten Audis "Made in China". Allerdings müssen die Chinesen VWs mit Benzinmotor fahren, denn beim Thema Elektroautos waren die Deutschen bislang ziemlich blank.

Aber das soll sich nun ändern.

Volkswagen hat auf dem weltweit wichtigsten Automarkt China einen wichtigen Partner zum Bau von Elektroautos gefunden. Mit dem chinesischen Hersteller Anhui Jianghuai Automobile sei eine Absichtserklärung unterzeichnet worden, um eine künftige Kooperation zu entwickeln, teilte VW mit.

Wirklich überraschen kann der Schritt nicht: Will der Konzern auch in Zukunft noch eine wichtige Rolle in China spielen, muss er jetzt handeln. Denn wer in Chinas Metropolen Autos verkaufen will, wird um Stromautos irgendwann nicht mehr herumkommen. Die Luft in den Städten ist schlecht und wird immer schlechter - das treibt den Markt für Elektroautos an.

Jianghuai ist keine zufällige Wahl; das Unternehmen zählt zu den größten Herstellern von E-Autos in China. Bisher ist es nur ein Memorandum of Understanding, also eine Absichtserklärung, die die beiden Unternehmen unterzeichnet haben. Wie genau eine künftige Kooperation dann aussehen wird, sei derzeit noch offen, heißt es.

Wichtig für VW ist erst einmal, einen chinesische Freund gefunden zu haben. Denn wer an Chinas staatliche Elektroauto-Fördertöpfe will, braucht dafür Automodelle, die vor Ort gebaut werden - und damit einen heimischen Partner. Normalerweise gründen westliche Hersteller in China Gemeinschaftsunternehmen mit chinesischen Konzernen. Daimler arbeitet mit BYD zusammen, BMW mit Brilliance. Nur VW stand bei E-Autos noch alleine da.

Allerdings sind pro Hersteller nur maximal zwei Partner vorgesehen. Die aber hat VW bereits. Auch mit deren Hilfe konnte VW vor Jahren Marktführer bei den klassischen Verbrennungsmotoren in China werden. Derzeit fertigt der Konzern in Kooperation mit zwei staatlichen Unternehmen in der Volksrepublik. Da ist zum einen die Shanghai Automotive Industry Cooperation (SAIC), zum anderen die First Automotive Works (FAW) aus dem nordchinesischen Changchun. Nirgendwo auf der Welt setzt Volkswagen so viele Autos ab wie in China und nirgendwo ist die Marge so hoch wie hier. Allerdings: Keiner der beiden Staatskonzerne stellt bisher E-Autos her. Daher also die Alternativlösung. Aus Nordchina, so hört man, habe es leises Murren gegeben, denn just in diesem Jahr feiert VW das 25-jährige Bestehen des Joint Ventures mit FAW. Doch die Prioritäten sind klar geregelt: In den kommenden zehn Jahren sollen bei VW mindestens 30 neue E-Fahrzeuge entwickelt werden; man wolle hier "eine führende Position einnehmen", sagte VW-Chef Matthias Müller jüngst. Das ehrgeizige Ziel: In knapp zehn Jahren will der Konzern bis zu drei Millionen E-Autos im Jahr absetzen - nach heutigem Stand wäre das fast ein Drittel.

China soll nachhelfen. Im vergangenen Jahr wurden hier nach offizieller Zählung 331 092 Elektrofahrzeuge verkauft. In diesem Jahr sollen nach staatlicher Planung sogar 700 000 Stück abgesetzt werden - Peking hat große E-Auto-Pläne.

Derzeit zahlt Peking für ein E-Auto aus chinesischer Produktion einen Zuschuss von 8000 Euro, bei Elektrobussen sind es bis zu 80 000 Euro. Und je nach Stadt können noch weitere Subventionen dazukommen. Im Idealfall kommen so bei einem Pkw bis zu 15 000 Euro staatliche Prämie zusammen. Haben oder nicht haben. Dennoch ist man in Peking mit den Subventionen nicht sonderlich zufrieden, denn eigentlich sollten die staatlichen Verkaufsanreize dazu führen, dass chinesische Unternehmen die Technologieführerschaft übernehmen.

Zugleich haben die Beamten in Peking eingesehen, dass trotz Dutzender staatlich verordneter Joint Ventures chinesische Firmen beim Verbrennungsmotor technisch nicht aufgeschlossen haben. Audi, BMW und Daimler liegen hier vorne und eben nicht Geely, Chery oder Brilliance.

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