Volkswagen:Abgang des Patriarchen

Jahresrückblick 2017
(Foto: Marijan Murat/dpa)

Ferdinand Piëch kappt seine Verbindungen zu VW. Er verlässt den Aufsichtsrat, seine Anteile hat er schon verkauft.

Von Max Hägler, Wolfsburg

Es ist ein stiller Ausklang, so als ob immer alles friedlich gewesen wäre: In dieser Woche endet das Kapitel Ferdinand Piëch bei Volkswagen. Am Freitag wird sein bereits erklärter Austritt aus dem Aufsichtsrat der Porsche SE, der VW-Eigentümerfirma wirksam. Einfach so, keine Feier. Ein paar Abschiedsworte hat er bei der vergangenen Gremiensitzung gesagt, nüchtern soll es gewesen sein. Das war's dann. Damit ist einer der herausragenden Automobilmanager aus beruflicher Perspektive Geschichte.

Ferdinand Piëch scheidet aus dem Aufsichtsrat aus. Seine Anteile hat er bereits verkauft

Ein erstaunlich leiser Abtritt angesichts seiner früheren Wirkungskraft. Der Enkel von Ferdinand Porsche, der einen anderen Nachnamen trägt und auch deswegen einen besonderen Ehrgeiz entwickelt hat, arbeitete sich nach oben: über Porsche zu Audi bis zu VW. Ab 1993 hat er den Konzern als Vorstandschef geführt und ab dem Jahr 2002 als Aufsichtsratschef. Piëch machte Volkswagen in dieser Zeit - bald auch im Zusammenspiel mit seinem mächtigen Angestellten Martin Winterkorn - zu einem der größten Fahrzeugbauer der Welt. Mit Akribie kümmerte sich der studierte Maschinenbauer selbst um jedes neue Modell - ein Erfolgsrezept. Und ein Grund, wieso es VW-Topmanager gibt, die sagen: "Wir könnten ihn als Sparingspartner brauchen, sein tiefes Autowissen fehlt im Aufsichtsrat." Andererseits war der Stil des Patriarchen auch Grundlage für die Probleme, die der Konzern durchläuft - weswegen die meisten Manager froh sind, dass er nun im Ruhestand ist. Der Dieselskandal konnte wohl auch geschehen, weil Macht und PS im System Piëch mehr zählten als die richtige Lösung. Der Rückstand bei Elektroautos und bei digitalen Geschäftsideen? Eine Folge dessen, dass Piëch gering schätzte, was nicht in Wolfsburg erdacht worden war. "Es ist ein Manager, der wahnsinnig viel für VW geleistet hat", sagt einer aus dem Konzern, der ihn lange begleitet hat. "Aber nun ist der Schalter umgestellt, gerade noch rechtzeitig." Seine Nachfolger versuchen VW anders zu machen. Dass er dabei nicht mal mehr ein bisschen mitgestaltet, hat Piëch übrigens selbst verschuldet: Vor zweieinhalb Jahren versuchte er seinen Ziehsohn Winterkorn aus dem Konzern zu mobben, aus nicht völlig nachvollziehbaren Gründen. Er scheiterte - stattdessen wurde er seinerseits aus dem VW-Aufsichtsrat gedrängt. Seine Rache, so sieht es zumindest aus: Er bezichtigte die Verwandtschaft und andere mächtige VW-Leute wohl gegenüber Staatsanwälten der Mitwisserschaft im Dieselskandal. Damit war der seit Jahrzehnten schwelende Streit innerhalb der mächtigen Piëch-Porsche-Eigentümerdynastie heftig zu Tage getreten. Er bekriegte, was er geschaffen hatte, seine Familie, seine Mitstreiter. Ein merkwürdiger Zustand, den Piëch in diesem Frühjahr beendete, als er seine 14,7 Prozent der Porsche-Stammaktien an seinen Bruder Hans Michel erkaufte. Nun erlischt dieses Aufsichtsratsmandat. Wer ihm dort nachfolgt, ob ihm überhaupt einer nachfolgt, ist noch unklar. Ganz beendet ist das Kapitel Piëch in der VW-Sage übrigens noch nicht: Sollte es zu einem Prozess wegen Dieselbetrugs kommen, ist es gut möglich, dass der 80-Jährige als Zeuge aussagen muss.

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