Verstorbener Schuhhändler Deichmann:Der Mann mit den großen Schuhen

Hein-Horst Deichmann

Vom Schusterladen zu Europas Marktführer: Das war das Verdienst von Heinz-Horst Deichmann, der nun in Essen gestorben ist.

(Foto: dpa)

Eigentlich wollte er gar nicht ins Schuhgeschäft, dann hat Horst-Heinz Deichmanns christliche Überzeugung sein Unternehmertum geprägt. Nun ist er im Alter von 88 Jahren in Essen gestorben.

Von Karl-Heinz Büschemann

In Deutschland gilt es als ungewöhnlich, wenn ein Unternehmer erfolgreich und auch noch religiös ist. Heinz-Horst Deichmann war beides. Er lebte nach strengen christlichen Prinzipien und seinen Aufstieg zu einem der reichsten Deutschen verdankte er billigen Schuhen. Der Unternehmer aus Essen, der zu den wichtigen Familienunternehmern der Republik zählt, ist am vergangenen Donnerstag im Alter von 88 Jahren gestorben.

Heinz-Horst Deichmann hatte gar nicht vor, ins Geschäft mit Schuhen zu gehen. Er war zwar der Sohn des Essener Schuhhändlers, der seinen Handelsbetrieb schon 1913 gegründet hatte. Deichmann zog es nach dem Krieg aber vor, das Abitur zu machen und Medizin zu studieren. Der junge Mann wurde Orthopäde und praktizierte ein paar Jahre als Arzt.

Die Firma des schon 1940 verstorbenen Vaters führte zunächst eine Erbengemeinschaft. Doch die Familientradition holte Deichmann ein. Er übernahm Anfang 1956 das elterliche Geschäft und mit dem neuen Chef begann eine nicht alltägliche Erfolgsgeschichte. Deichmann, wurde zum größten deutschen Schuhhändler und zum Marktführer in Europa, der im vergangenen Jahr rund 4,6 Milliarden Euro Umsatz machte und 35000 Mitarbeiter hat. Das Deichmann-Imperium reicht inzwischen bis nach Amerika. In den 3500 Filialen arbeiten rund 35 000 Mitarbeiter. Das Manager Magazin schätze das Vermögen der Familie Deichmann im Jahr 2013 auf rund 3,6 Milliarden Euro.

Gute Schuhe zu günstigen Preisen

Das Deichmann-Motto klingt ganz einfach, aber Deichmann hat es auch geschafft, das simpel erscheinende Prinzip zum Erfolg zu bringen. "Gute Schuhe für einen breiten Bevölkerungsanteil zu sehr günstigen Preisen". Das brachte dem rührigen Essener Unternehmer schnell den Namen "Schuh-Aldi" ein - ein in auch im engeren Wortsinn naheliegender Vergleich. Denn auch die erfolgreichen Aldi-Gründer Karl und Theo Albrecht stammten aus Essen. Deichmann erreichte seinen Erfolg, indem er seine Schuhe in Asien fertigen ließ, wo die Löhne niedrig sind. Aber dieses Geschäftsprinzip brachte ausgerechnet diesem Unternehmer heftige Kritik ein. Er soll Menschen in Asien zu unmenschlichen Bedingungen beschäftigt haben, wurde ihm vorgeworden. Der Angriff habe ihn getroffen, sagte er und er tat alles, um ihn zu widerlegen. Denn für ihn war immer klar. "Das Unternehmen muss den Menschen dienen."

Jeder Form der Ausbeutung würde nicht zu den christlichen Lebensprinzipien dieses Mannes passen, der sich wie auch sein Vater zum strengen evangelikalen Glauben bekennt und der seinen Überzeugungen auch an Sohn Heinrich weitergeben hat, der die Firma seit 1999 führt. Der Mann mit dem schlohweißen Haar hat gelegentlich auch einen Einblick in seine Seele erlaubt. So erzählte er der Bunten, eines seiner Ziele, so hat er es ausgedrückt, daran mitzuwirken, "dass Deutschland nicht in Gottlosigkeit versinkt". Ähnlich wie die Albrecht Brüder handelt auch die Deichmann-Sippe nach dem Grundsatz der Schweigsamkeit, wenn es um die Zahlen der Firma geht. Über die Geschäfte wird nur das nötigste verraten. Die meisten Zahlen bleiben geheim.

Aus sozialem Engagement machte Deichmann nie ein Geheimnis

Aber es gilt als gesichert, dass die Firma extrem profitabel ist und dass sie ohne nennenswerte Bankkredite arbeitet. Anders als die Aldi-Gründer machte der Milliardär Heinz-Horst Deichmann aus seinem sozialen Engagement jedoch nie ein Geheimnis. Neben dem Unternehmen baute er mit Millionenaufwand auch das Hilfswerk "Wortundtat" auf, das heute in Indien, Tansania, Moldawien, Griechenland und auch in Deutschland etwa 200 000 Menschen betreut. "Er vermarktet seine Frömmigkeit und ist erfolgreich damit", schrieb eine Zeitung über den Essener Unternehmer, der zur Darstellung seiner sozialen Taten selbst einen Bildband herausgegeben und an einem Buch mitgewirkt hat.

Von Deichmann stammt der schöne Satz: "Gott wird mich am Ende nicht fragen, wie viele Schuhe ich verkauft habe, sondern ob ich als wahrer Christ gelebt habe." Wohl auch deshalb hat er seine Mitarbeiter mit umfangreichen Sozialleistungen ausgestattet. Von Deichmann wird berichtet, er habe nie einen Beschäftigten betriebsbedingt gekündigt.

Sein soziales Engagement hat Deichmann nicht daran gehindert, auch einen gewissen Luxus zu pflegen. Ein Wohnsitz in der Schweiz gehörte zum Leben des Heinz-Horst Deichmann ebenso wie die Liebe zu handgenähten Schuhen, wie es sie in seinen Läden nicht gibt. Deichmann begründete diese Extravaganz mit seiner ungewöhnlichen Schuhgröße, die es ihm verwehre auf Waren aus dem eigenen Hause zurückzugreifen.

Der Tod traf den Unternehmer wohl nicht unvorbereitet. Wenige Tage vor seinem Tod antwortete er dem Christlichen Medienmagazin pro auf die Frage "Welchen Traum wollen Sie sich noch erfüllen?" nur mit diesem lakonischen Satz: "Meine Träume sind erfüllt."

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